Absatz 2 lässt bewusst viel Spielraum, damit jeder Fall besonders beurteilt werden kann. In der Praxis übernehmen die Gerichte das Ausfüllen dieses Graubereichs und VfGH und der europäischer Gerichtshof für Menschenrechte machen das mMn ganz gut:
Ein Eingriff in das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung muss 1. gesetzlich vorgeschrieben sein und 2. ein legitimes Ziel verfolgen. Sogar wenn diese beiden Punkte erfüllt sind, muss immer noch geprüft werden, ob der Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.
Es gibt daher viele Urteile, insbes. gegen Politiker, die Persönlichkeitsrechte zugunsten der Meinungsäußerung massiv einschränken (Presse, Satire, andere Politiker, ...).
In der Regel müssen schon Persönlichkeitsrechte massiv verletzt werden (Beleidigungen, Verleumdung) oder zu Straftaten aufgerufen werden oder es muss die nationale Sicherheit auf dem Spiel stehen (Antiterror, Verbot nationalsozialistischer Betätigung), dass die Einschränkung von so einem hohen Grundrecht gerechtfertigt ist.
Der Spruch "Soldaten sind Mörder" ist zB. erlaubt, weil er zu vage ist, um eine bestimtme Person zu beleidigen oder verleumden. Es ist daher ein Werturteil, eine Meinung und für Werturteile ist kein Wahrheitsbeweis möglich.
Kritik an Leistungen, Entscheidungen und Erklärungen anderer, wie beispielsweise an wissenschaftlichen Arbeiten, Gerichtsurteilen, künstlerischen oder literarischen Werken bedeutet freie Meinungsäußerung, auf die gemäß Art 10 Abs 1 MRK jedermann - grundsätzlich (vgl Abs 2 dieser Konventionsbestimmung) - Anspruch hat. Ob sich der sachlich Kritisierte irritiert oder verletzt fühlt, ist unmaßgeblich.
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 300000_008
Art 10 MRK garantiert nicht nur die freie Meinungsäußerung und Wiedergabe von Informationen durch die Medien, sondern schützt auch gegen eine Behinderung durch (aktives) Eingreifen von Staatsorganen in der Beschaffung und der Ermittlung öffentlich zugänglicher Informationen (hier: Vorgehen gegen fotografische Aufnahmen eines Pressemitarbeiters im Zuge der Besetzung der Stopfenreuther Au - Demonstation gegen des Kraftwerk Hainburg).
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 900000_004
Das Recht der freien Meinungsäußerung umfaßt auch, jene Ideen auszusprechen, die verletzen, schockieren oder beunruhigen; dies verlangen Pluralismus, Toleranz und Weitsichtigkeit, ohne die es keine demokratische Gemeinschaft geben kann. Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Rechte sind besonders sorgfältig abzuwägen; die Verletzung dieser Pflicht kann Amtshaftungsansprüche zur Folge haben.
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 900000_002
Einen Blick auf das bedenkliche Vorgehen unserer Polizei werfen auch diese Vorfälle:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 3061_00_00
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 3052_00_00