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RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 01:32
von AlexR
Wäre eine Frechheit sondergleichen, auch wenn gewisse Spruchbänder letzte Saison in meinen Augen etwas zu derb formuliert waren...Stichwort Rapid Heimspiel. Geht es von der Exekutive aus, dann zeigt das aber nur deren "kritische Reflexion" ganz genau.

Man kann sicherlich am Freitag auch etwas dazu fragen ;)

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 08:58
von Quokka
Auch wenn ich nicht alle Spruchbänder goutiere, ich sehe das auch als ganz klare Beschneidung der Meinungsfreiheit. Wie weit soll die Beschneidung der Fankultur eigentlich noch gehen?

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 09:55
von admin
Grundrechte mit formellem Gesetzesvorbehalt
In diese Grundrechte darf der Gesetzgeber formell und ohne Schranken eingreifen (z.B. Genehmigung für Rundfunksender im Hinblick auf das Grundrecht der Meinungsäußerung)

https://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd ... 91129.html

Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten

Artikel 10 – Freiheit der Meinungsäußerung
1.
Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Radio-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.
2.
Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.


Also rein juristisch ist die freie Meinungsäußerung bereits per se eingeschränkt. Die Frage hierbei ist, ob sich ein Staatsorgan bei der Durchführung eines privaten Sicherheitsdienstes (Ordner) bedienen darf.

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 10:43
von robinklettern
wir sind in österreich nicht mehr weit von einem kontrolierenden polizeistaat entfernt.
ganz egal was unternommen wird,die herrn in montur sind meistens present,nur wenn man sie mal wirklich braucht,dann gute nacht,mein lieber schurli,dann ist besser ,man unternimmt selbst etwas,denn wenn diese herrn kommen sollten ist es meistens schon zu spät.

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 12:35
von 1913
Völliger Blödsinn, bitte setze Dich einmal mit wirklichen Polizeistaaten auseinander bevor Du so etwas schreibst.
Fakt ist, dass aufgrund diverser Vorfälle in der Vergangenheit offensichtlich die organisierten und zufällig dazukommenden Fans einer strengeren Beobachtung und Kontrolle unterzogen werden. Vereine wie Wacker oder Sturm dürften im Fokus stehen.
Dass es bei der Polizei Leute gibt, die Massenevents wie Fußballspiele zum Teil selbst dazu nutzen, ihr Aggressionspotential ausleben zu wollen, liegt sicher nicht im Interesse der Polizei im allgemeinen als vielmehr in den gleichen sozialen Problemen und Phänomenen einzelner Beamten, wie sie unter Fußballfans fallweise vorzufinden sind. Das war vor 20 Jahren aber nicht anders. Befehle von oben werden zum Teil subjektiv interpretiert.
Wenn wir es schaffen sollten, Blödsinnigkeiten wie Böllerwerfen oder Sachbeschädigungen zu unterlassen, wird es auch wieder eine vernünftige Annäherung zur Polizei geben. Betreffend der Spruchbänder würde ich jetzt einmal abwarten; das ganze könnte einen negativen Dominoeffekt auf andere Stadien und Sportarten haben, wenn hier unsensibel vorgegangen wird. Wobei ich auch nicht in der Haut der Ordner stecken will zu entscheiden, welcher Spruch präsentiert werden darf und welcher nicht.

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 12:57
von slad
Absatz 2 lässt bewusst viel Spielraum, damit jeder Fall besonders beurteilt werden kann. In der Praxis übernehmen die Gerichte das Ausfüllen dieses Graubereichs und VfGH und der europäischer Gerichtshof für Menschenrechte machen das mMn ganz gut:
Ein Eingriff in das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung muss 1. gesetzlich vorgeschrieben sein und 2. ein legitimes Ziel verfolgen. Sogar wenn diese beiden Punkte erfüllt sind, muss immer noch geprüft werden, ob der Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.

Es gibt daher viele Urteile, insbes. gegen Politiker, die Persönlichkeitsrechte zugunsten der Meinungsäußerung massiv einschränken (Presse, Satire, andere Politiker, ...).

In der Regel müssen schon Persönlichkeitsrechte massiv verletzt werden (Beleidigungen, Verleumdung) oder zu Straftaten aufgerufen werden oder es muss die nationale Sicherheit auf dem Spiel stehen (Antiterror, Verbot nationalsozialistischer Betätigung), dass die Einschränkung von so einem hohen Grundrecht gerechtfertigt ist.
Der Spruch "Soldaten sind Mörder" ist zB. erlaubt, weil er zu vage ist, um eine bestimtme Person zu beleidigen oder verleumden. Es ist daher ein Werturteil, eine Meinung und für Werturteile ist kein Wahrheitsbeweis möglich.
Kritik an Leistungen, Entscheidungen und Erklärungen anderer, wie beispielsweise an wissenschaftlichen Arbeiten, Gerichtsurteilen, künstlerischen oder literarischen Werken bedeutet freie Meinungsäußerung, auf die gemäß Art 10 Abs 1 MRK jedermann - grundsätzlich (vgl Abs 2 dieser Konventionsbestimmung) - Anspruch hat. Ob sich der sachlich Kritisierte irritiert oder verletzt fühlt, ist unmaßgeblich.
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 300000_008
Art 10 MRK garantiert nicht nur die freie Meinungsäußerung und Wiedergabe von Informationen durch die Medien, sondern schützt auch gegen eine Behinderung durch (aktives) Eingreifen von Staatsorganen in der Beschaffung und der Ermittlung öffentlich zugänglicher Informationen (hier: Vorgehen gegen fotografische Aufnahmen eines Pressemitarbeiters im Zuge der Besetzung der Stopfenreuther Au - Demonstation gegen des Kraftwerk Hainburg).
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 900000_004
Das Recht der freien Meinungsäußerung umfaßt auch, jene Ideen auszusprechen, die verletzen, schockieren oder beunruhigen; dies verlangen Pluralismus, Toleranz und Weitsichtigkeit, ohne die es keine demokratische Gemeinschaft geben kann. Eingriffe in verfassungsrechtlich geschützte Rechte sind besonders sorgfältig abzuwägen; die Verletzung dieser Pflicht kann Amtshaftungsansprüche zur Folge haben.
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 900000_002

Einen Blick auf das bedenkliche Vorgehen unserer Polizei werfen auch diese Vorfälle:
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 3061_00_00
https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe? ... 3052_00_00

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 13:04
von robinklettern
ich gebe dir in einigen punkten recht,doch vor 20-30 jahren war das gewaltpotetial noch nicht so ausgeprägt wie in der heutigen zeit.
es ist nicht nur der sport,sondern in vielen belangen des öffenlichen lebens,dass du als normalbürger nur mehr eine nummer im ganzen system bist und das wird von oben gesteuert.
auslöser dieser exesse sind oft kleinigkeiten und dann kommt die hilflosigkeit dieser organisation zu tage,um diese probleme in den griff zu bekommen.
denn gewalt hat bis heute immer nur gegengewalt erzeugt,denn oft werden die interventionen schlichtender gruppen völlig ignoriert und dies finde ich äusserst zweiflhaft.
in der heutigen zeit und mit dem alter sagt man immer so lapidar,früher war alles besser,das stimmt nur zum teil,weil es eine ganz andere erlebenswelt war,in der wir auf wuchsen,war alles viel langsamer und ohne grosse hektik.
heute wird alles von gesetzen und regeln beherrscht,ist vieles medialer,öffendlicher.

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 13:23
von Fanarbeit Innsbruck
Die österreichische Rechtsanwaltskammer in einer Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des SPG 2012:

"Mit diesem Bundesgesetz würden die Befugnisse der Sicherheitsbehörden in rechtsstaatlich bedenklicher Weise erweitert, ohne das auch nur im Ansatz ausreichende Schutz- und Kontrollmechanismen vorgesehen wären."

http://www.oerak.or.at/downloads/13_1_1 ... rhpoli.pdf

Ein paar Monate später betonte die Rechtsanwaltskammer in einem offenen Brief an den Innenausschuss des Nationalrates:

"Sehr geehrte Mitglieder des Ausschusses für innere Angelegenheiten!

Der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) erlaubt sich noch einmal, auf seine grundsätzlichen Bedenken bezüglich der geplanten Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) hinzuweisen, die trotz mancher Abänderungen nach wie vor aufrecht sind. Die Novelle stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grund- und Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger dar."

http://www.oerak.or.at/www/getFile.php?id=1306

Ende Februar wurden die SPG-Novellen dann beschlossen.

Zum Thema Spruchbänder besagen die Sicherheitsrichtlinien der Bundesliga in §6 (3):

Der veranstaltende Klub muss verhindern, dass es innerhalb oder in unmittelbarer Nähe des Stadions zu provokativen Aktionen durch Anhänger kommt. Hierbei sind auch provokative Spruchbänder angeführt. "Aus diesem Grund sind bei der Einlasskontrolle sämtliche Transparente, Spruchbänder, Banner usw. auf deren Inhalt zu kontrollieren".

http://www.bundesliga.at/assets/documen ... 122013.pdf

Wer nun was als "provokativ" empfindet oder interpretiert bleibt natürlich reine Ermessenssache.

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 13:39
von slad
Fanarbeit Innsbruck hat geschrieben: Der veranstaltende Klub muss verhindern, dass es innerhalb oder in unmittelbarer Nähe des Stadions zu provokativen Aktionen durch Anhänger kommt. Hierbei sind auch provokative Spruchbänder angeführt. "Aus diesem Grund sind bei der Einlasskontrolle sämtliche Transparente, Spruchbänder, Banner usw. auf deren Inhalt zu kontrollieren".

http://www.bundesliga.at/assets/documen ... 122013.pdf

Wer nun was als "provokativ" empfindet oder interpretiert bleibt natürlich reine Ermessenssache.
Da kommts mMn auch darauf an, wie ein Fußballstadion interpretiert wird. Auf meinem Privatbesitz kann ich bestimmt jedes unerwünschte Transparent verhindern, aber im öffentlichen Raum (und das Stadion gehört ja der Stadt) kann/darf die freie Meinungsäußerung eigentlich nicht verhindert werden.
Auch wenn die Buli ein privater Verein ist, geht das nicht. Dazu gibt es schon viele Urteile gegen Standesvertretungen oder Vereine die unliebsame Äußerungen sanktioniert haben.

RE: Fußball und Gewalt

Verfasst: 9. Aug 2012, 15:00
von Fanarbeit Innsbruck
slad hat geschrieben: Da kommts mMn auch darauf an, wie ein Fußballstadion interpretiert wird. Auf meinem Privatbesitz kann ich bestimmt jedes unerwünschte Transparent verhindern, aber im öffentlichen Raum (und das Stadion gehört ja der Stadt) kann/darf die freie Meinungsäußerung eigentlich nicht verhindert werden.
Auch wenn die Buli ein privater Verein ist, geht das nicht. Dazu gibt es schon viele Urteile gegen Standesvertretungen oder Vereine die unliebsame Äußerungen sanktioniert haben.
Im Umfeld von Fußballspielen gibt es so einige "Graubereiche". Das Problem ist, dass der Fan vor Ort wenig bis gar nichts machen kann. Im Nachhinein kann man dann um teures Geld solche Dinge rechtlich ausstreiten.