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Ausgabe: 02. Juni 2022

Florian Madl

Sierra Madre war einmal

Der Aufschrei hielt sich gestern in Grenzen, als der Vorstand des FC Wacker Innsbruck den Insolvenzantrag einreichte. 3 Millionen Euro Außenstände, das ließ sich trotz der nahezu täglich versprochenen Investorengelder nicht mehr rechtfertigen.

Zu viel hatten jene, die sich in den vergangenen Jahren jeden Ausrutscher des Vereins zu Herzen genommen haben, bereits mitgemacht. Und irgendwann bleibt nach Wut, Enttäuschung und Kopfschütteln nur noch die Leere. Lange Zeit hatte man beim FC Wacker mit einem Teleskop in die Ferne geblickt, um nach einer glorreichen Zukunft Ausschau zu halten. Dabei hätte man sich besser mit einer Lesebrille den Hausaufgaben gewidmet.

In Wahrheit erwies sich die hoffnungsvolle Öffnung der Statuten für einen Investor als erster Schritt ins Desaster. Die Verantwortlichen verfielen in Goldgräber-Stimmung, malten sich am Reißbrett ein Trainingszentrum und neue Stadion-Infrastruktur aus, sahen sich im Zuge eines Mehr-Jahres-Plans bereits im Europacup, anstatt sich der bestehenden Basis zu besinnen. Der hoch gehandelte Nachwuchstrainer Thomas Grumser wurde 2020 kurzerhand freigestellt, die von ihm aus einer Finanznot aufgebaute Nachwuchs-Mannschaft zerstreute sich in alle Windrichtungen oder versauerte hinter alternden Stars auf der Ersatzbank.

Plötzlich waren sie wieder da, die Nummer-eins-Ansprüche, die Leuchtturm-Ambitionen, die Sierra-Madre-Tagträume, die Wir-sind-schon-zehnmal-Meister-und-werden-es-bald-wieder-sein-Rufer. All jene, die von Gold- zu Totengräbern mutierten, all die floskelbehafteten Geschäftsführer der vergangenen Monate haben das zu verantworten, wofür nun neben dem Steuerzahler (Insolvenz) auch der Amateurbetrieb (Talente, Damen, Nachwuchs) und das Tiroler Fußball-Herz zu bluten haben. All jene, die die Schuld bei anderen suchen, bei Politik, Medien, Olympiaworld, Fußballverband, heimischen Unternehmen: Sie sollten sich nach dem gestrigen Offenbarungseid an der Nase nehmen und den Eigenanteil an diesem Niedergang hinterfragen.

Das Investormodell hat auf Basis der bisherigen Erfahrungen ausgedient. Warum also nicht kleine Brötchen backen, von unten anfangen und sich dort einordnen, wo es alle tun? Im Amateurbetrieb. Wer zahlt, schafft an, und zahlen kann der FC Wacker derzeit offensichtlich nicht. Die Tradition reicht nicht als Rechtfertigung aus, um der Öffentlichkeit über Jahre hinaus auf der Tasche zu liegen und die Träume von Visionären zu finanzieren.