Über schier unglaubliche 16,5 Mio. Euro an Insolvenzforderungen an den FC Wacker wurde gestern befunden, bis zu 4 Mio. könnten bleiben.
Innsbruck – Über 120 Gläubiger brachten gestern 16,5 Mio. Euro an Insolvenzforderungen zur Anmeldung, 2,5 Mio. wurden davon schließlich anerkannt. Die im Anschluss an die Tagsatzung zur Bewertung der Wacker-Forderung veröffentlichte Mitteilung des Kreditschutzverbands (KSV) ließ wenig Interpretationsspielraum. Einige Antworten auf die dringlichsten Fragen:
Wie fiel das KSV-Urteil aus? Von „chaotischer wirtschaftlicher Gebarung“, von „Management by Kontostand“ war die Rede. Es habe kein internes Kontrollsystem gegeben, Liquiditätsplanung oder Fortbestandsprognosen seien ein Fremdwort gewesen. Die Zukunft des Vereins, dessen erste Kampfmannschaft am Samstag den Spielbetrieb in der vierten Leistungsstufe aufnimmt, sei demnach alles andere als gesichert.
Wie hoch sind die Verbindlichkeiten die Kapitalgesellschaft (Profibetrieb) betreffend? Forderungen in Höhe von 2,5 Mio. Euro wurden gestern anerkannt. Allerdings hätten öffentlich-rechtliche Gläubiger ihre Prüfungen noch nicht abgeschlossen – das könnte die Verbindlichkeiten auf 3,5 bis 4 Mio. Euro erhöhen.
Droht seitens der Ex-Geldgeber Ungemach? Allein der Hamburger Matthias Siems brachte gestern 12,8 Mio. Euro ein, insgesamt könnten 14 Mio. Euro auf einem „separaten Rechtsweg“ eingefordert werden. Die Aussicht darauf ist allerdings gering, Siems selbst hatte im jüngsten TT-Gespräch keine großen Erwartungen geäußert.
War die Negativ-Entwicklung erst in den vergangenen Monaten absehbar? Klaus Schaller, Leiter des KSV1870-Standorts Innsbruck, brachte es auf den Punkt: „Bereits im ersten Halbjahr 2021 erwirtschaftete man eine Unterdeckung von über 400.000 Euro. In der Spielzeit 2021/2022 stellt sich die Situation mit 1 Mio. Euro noch dramatischer dar.“ Insolvenzverwalter Herbert Matzunski, der schon den FC-Tirol-Konkurs (ab 2002) abgewickelt hatte, sah die Insolvenzvoraussetzungen bei der GmbH „spätestens mit 1. Juli 2021“ gegeben.
Was verkompliziert die Aufarbeitung der Finanzsituation? Eine „strikte wirtschaftliche Trennung“ zwischen der GmbH (Profibetrieb) und dem Verein FC Wacker Tirol sei nicht gelebt worden. „Management by Kontostand“ hat laut Insolvenzverwalter die Devise gelautet. „Gab es freie Mittel im Verein oder in der GmbH, wurden damit die dringlichsten Verbindlichkeiten abgedeckt“, heißt es in der Aussendung.
Wer haftet? Demnächst wird vom Gericht ein Ausschuss zur Wahrung der Gläubigerinteressen bestellt, um eine einvernehmliche Lösung zu bekommen. Dabei geht es nicht zuletzt um eine Abschlagszahlung an die Insolvenzmasse. Und auch die Geschäftsführer der Wacker-GmbH, ehemalige Vorstandsmitglieder wie Alfred Hörtnagl oder Thomas Kerle, würden aus Gläubigersicht „einen nennenswerten Betrag“ zu leisten haben.
Kann der Amateurbetrieb noch gerettet werden? Der seit Anfang Juli um die Vereinsrettung bemühte Präsident Hannes Rauch übt sich in Zweckoptimismus: „100 Prozent Sicherheit hast du nie im Leben, aber ich bin zuversichtlich, dass wir den Verein retten.“ Nachsatz des Kufsteiners: „Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern.“ In der KSV-Aussendung heißt es: „Aufgrund der Vermischung der wirtschaftlichen Tätigkeit der FC Wacker Innsbruck GmbH mit jener des Vereins FC Wacker Innsbruck ist auch der Fortbestand des Vereins weiter nicht gesichert.“
Was passiert mit Damen und Nachwuchs? Das hängt maßgeblich mit der Vereinszukunft zusammen. Die Damen verfügen derzeit für zwei Teams (Bundesliga, Tiroler Liga) über 23, 24 Spielerinnen und kämen auch ohne Vereinsgeld über die Runden: „Wenn wir die Fördergelder von Stadt und Land bekommen, haben wir mit unseren eigenen Sponsoren 130.000 Euro. Dann kosten wir den Verein keinen Cent“, erklärt dazu Bernhard Flatscher, Sektionsleiter Damen beim FC Wacker Innsbruck.