„Achtung, Achtung, hier ist der Tivoli!“
Jeder Tiroler Fußballfan kennt sie, diese magischen Worte von dieser magischen Stimme. Seit über 30 Jahren verkündet diese Stimme, gute und schlechte Ergebnisse vom heiligsten aller Tiroler Fußballplätze, dem Innsbrucker Tivoli. Und jeder weiß, wem sie gehört: Rainer Dierkes. Im Gespräch mit der Online Redaktion erzählt der Starmoderator über seine Anfänge beim Radio und plaudert über besonders eindrucksvolle Momente rund um den Innsbrucker Fußball. Rainer Dierkes über…
…sein „erstes Mal“ im Radio
Für den ORF Radio Tirol arbeite ich schon sehr, sehr lange, manche sagen ich bin ein Urgestein, aber ich bin noch nicht erstarrt. Anfang der 70iger Jahre hat das begonnen und wobei Livegeschichten damals noch kein Thema waren. Erst Mitte der 70iger Jahre bin ich dann drangekommen. Es war die Partie Wattens gegen Rapid. Wattens spielte damals in der ersten Liga. Ich musste für Radio Ö3 live berichten und ich machte mir jede Menge Notizen, Freistoß in der 17. Minute, Gelbe Karte in der 19. und pipapo und dann hieß es jetzt schalten wir von Graz nach Wattens. Das Fenster der damaligen Reporterkabine war nach vorne offen und plötzlich macht einer hinter mir jemand die Türe zur Kabine auf. Ein Windstoß ging durch Kabine und zehn Sekunden vor meinem ersten Liveeinstieg flattern meine Unterlagen in der ganzen Kabine herum. Dann war der erste Einstieg – Adrenalin pur. Gott sei Dank ist alles gut gegangen und ich habe mir in den folgenden Jahren abgewöhnt, mir viele Notizen zu machen – einfach aus der Emotion heraus zu kommentieren.
…seine Eindrücke der Europacuppartie 1987 in Lüttich
Es war ein unglaubliches Spiel. Wir haben 2:1 zu Hause gewonnen und als wir zwei Wochen später nach Lüttich fuhren und in dieses Stadion kamen, sahen wir an die 30000 Standard Lüttich Fans. Es war sowas von laut, wie ich es aus österreichischen Stadien nicht kannte. Wir Reporter hatten keine Radiokabinen, wir mussten im Freien sitzen. Ich hatte kaum Platz. Neben mir waren belgische Journalisten, die in Wallonisch, Belgisch und Französisch übertragen haben. Man hat mit angelegten Armen moderieren müssen und ich musste auf einer Holzkiste sitzen. Wir haben zur Halbzeit 2:0 geführt und es war klar, dass dieses Spiel mehr als gelaufen war. Dann sind die Lütticher gekommen, angetrieben durch ihre Fans mit ihren „Standard, Standard“ Anfeuerungsrufen. Es war ein Spektakel und plötzlich hieß es 1:2, 2:2, dann sogar 3:2 und wenn die Belgier das vierte Tor geschossen hätten, wären sie aufgestiegen. Doch wir hatten damals einen Torhüter, den Ivkovic. Der war ein Übermensch, ein Krake. Der hat Chancen zunichte gemacht, Bälle gehalten. In den letzten Minuten der Übertragung hieß es nur noch Ivko, Iv, Ivkovic. Mir haben nach dieser Übertragung Leute erzählt, wie sie auf den Autobahnen stehengeblieben sind, weil es so spannend war. Aber wir haben es geschafft und konnten uns danach über die legendären Spiele gegen Moskau und Torino freuen. Leider war im Halbfinale gegen Göteborg Schluss.
…seinen „Einsatz“ in Bregenz
Es war damals extrem spannend. Wir haben uns mit Sturm Graz um die Meisterschaft duelliert und von Runde zu Runde spitzte sich der Meisterschaftskampf zu. Jedes Spiel gegen Ende der Saison war ein Finale und alle haben mit gefiebert. Unsere Fans sind toll aber manchmal auch ein wenig träge in der breiten Masse, nicht die Nordtribüne, die sind agil. Ich habe mir gedacht, das ist ein entscheidendes Spiel, das müssen wir gewinnen und dann haben wir den finalen Meisterschaftskrimi gegen die Austria. Als ich zwei Stunden vor Spielbeginn zum Stadion gekommen bin, sah ich fünf oder sechs Tausend Innsbruck Fans. Da habe ich so ein prickeln bekommen und wollte meine Vorfreude auf die Fans übertragen. Wobei ich mir nicht sicher war, ob ich das in einem fremden Stadion so einfach machen kann, sprich mir das Mikrofon „schnappen“ und zu den eigenen Fans sprechen. Ich habe einige Leute gefragt und alle meinten, Rainer mach das! Ich bin also zum Stadionsprecher hingegangen, der kannte mich und gab mir das Mikrofon. Ich bin mit dem Mikrofon auf das Spielfeld gegangen, habe mich vorgestellt. Plötzlich haben die ganzen Fans meinen Namen skandiert und da habe ich es ihnen „reingesagt“. Liebe Freunde, jetzt seid ihr da, aber jetzt heißt arbeiten, nicht nur die Fußballer, sondern auch ihr. Der Rest der Geschichte ist bekannt.
… die aktuelle Situation aus beruflicher und persönlicher Sicht
Sicherlich ist es schöner, wenn man ein schönes Spiel kommentieren darf, wenn es hin und her geht, wenn man viele Torszenen sieht. Und wenn dann am Ende der Wacker auch noch das entscheidende Tor schießt, ist das ganze umso schöner. Aktuell ist es schon ein wenig mühsam, aber irgendwo bekommt man eine Spannung aus der Situation. Liegt man zum Beispiel zurück ist es auch spannend, ob man den Ausgleich oder gar die Führung noch schafft. Trotzdem habe ich, wenn ich auf die aktuelle Tabelle schaue ein wenig Sorge in Sachen Klassenerhalt. Viele werden sagen natürlich schaffen wir das, wir müssen daran glauben. Das sage ich auch, aber im Moment ist die Hoffnung fast größer als der Glaube.