Der Tiroler Keegan
Auf der Release-Party zur ballesterer-Ausgabe Nr. 31 konnten die Gäste über ein Artikelthema abstimmen, das wir verpflichtend behandeln würden. Der Vorschlag des Exiltirolers Holger Hörtnagl, Manfred Linzmaier zu interviewen, erhielt eine qualifizierte Mehrheit. CLEMENS SCHOTOLA erreichte den Ex-Internationalen in Dänemark.
ballestererfm: Sie arbeiten derzeit als Scout für Red Bull Salzburg und haben letztes Jahr ein Trainerangebot von Wacker Innsbruck ausgeschlagen…
Manfred Linzmaier: Da muss ich etwas ausholen. Ich habe nie aktiv eine Trainerkarriere angestrebt. Nach 16 Jahren als Profi wollte ich nichts mehr mit Fußball zu tun haben. Über Umwege bin ich dann doch wieder ins Geschäft gekommen, doch in meiner Lebensplanung spielte das nie eine Rolle. Natürlich ist die Wertigkeit eines Trainerposten bei Wacker Innsbruck höher, als Scout bei Red Bull zu sein. Aber derzeit habe ich nicht das Bedürfnis, als Trainer zu arbeiten, das kann sich auch wieder ändern.
Dennoch verbrachten Sie einige Zeit als Trainer bei Austria Salzburg.
Ich war damals in Kaiserslautern als Co-Trainer engagiert. Kurt Jara und ich bekamen eine unterschriftsfertige Vertragsverlängerung vorgelegt, doch aufgrund von Konflikten mit den Fans hat er sie nicht unterschrieben. Daraufhin kam es zur einvernehmlichen Trennung, sieben Spiele vor Saisonschluss. Eigentlich wollte ich lieber in Deutschland bleiben, doch dann kam das Angebot von Didi Mateschitz (dem neuen Salzburger Eigentümer, Anm.). Kurt Jara hat sich als Sportdirektor um das Umfeld gesorgt und die Mannschaft zusammengestellt. Ich habe als Interimstrainer die Saison fertiggecoacht und bin dann in die zweite Reihe zurück.
Was machte für Sie die Zusammenarbeit mit Kurt Jara aus?
Wir haben harmoniert, und es hat auch zwischenmenschlich gepasst. Ich habe mich nie in den Vordergrund gedrängt, was sicherlich eine positive Eigenschaft als Co-Trainer ist. Es ist keine Basis, wenn du dauernd auf den Cheftrainerposten spitzt und hoffst. Ich hatte auch niemals im Sinn, diese Tätigkeit dauerhaft auszuüben. Als mich der Kurt zum FC Tirol geholt hat, habe ich auf einem Halbtagsjob bestanden.
Hansi Müller und Manfred Linzmaier galten als kongeniales Mittelfeldduo beim FC Tirol. Waren Sie froh darüber, dass der Druck eher auf Müller lastete?
Ich habe mich nie in die erste Reihe gedrängt und mich sicherlich unter meinem Wert verkauft. Durch die ganze Kommerzialisierung wendet sich ja das Augenmerk vom fußballerischen Können ab. Heute ist es wichtig, welche Frisur einer trägt und wie jemand lacht. Im Nachhinein gesehen hätte ich mehr erreichen können, aber ich bereue nichts.
Sie trugen früher den Spitznamen »Tiroler Keegan«. Wie kam es dazu?
(lacht) Dazu kam es aus dreierlei Gründen. Keegan war einer der besten Fußballspieler und immer mein Vorbild. Zusätzlich hatte ich auch so Wuschelhaare, wie sie in den Siebzigern üblich waren, und sah auch so aus wie er. Vom Spielstil her war ich ebenfalls ähnlich, ich würde aber nie behaupten, als Spieler ebenbürtig gewesen zu sein. In Hamburg konnte ich Keegan beim Spiel HSV gegen Manchester City kennenlernen. Er ist ein Super Typ. Wir haben länger geplaudert und ein Foto gemacht. Dabei haben wir festgestellt, dass er doch etwas größer ist.
Als Spieler konnten Sie auch den legendären Ernst Happel miterleben.
Damals war er natürlich ein Toptrainer, aber die Spieler von heute würden sich das autoritäre Gehabe nicht mehr gefallen lassen. Wenn er einmal in einem Trainingslager schlecht gelaunt war, hat er uns das Kabel für den Fernsehempfang herausgezogen. Das wäre heute nicht vorstellbar.
Sie sind zur WM 1990 gefahren, jetzt steht die Euro knapp bevor.
Die WM war ein überragendes Ereignis. Wir spielten eine tolle Qualifikation und Vorbereitung, schlugen Spanien und Holland. Zurückgekommen sind wir als die Trotteln der Nation. Was sich da die Medien, aber auch die Hektiker (Kabarettgruppe, die mit einem Toni-Polster-Sketch berühmt wurde, Anm.) leisteten war ärgerlich und beschämend. Immerhin haben wir in Italien auch gegen Topmannschaften verloren. Bei der jetzigen Nationalmannschaft reicht es halt teilweise nicht. Trotzdem sind Polen und Kroatien zu Hause durchaus zu schlagen.