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„5:99-Außenseiter“ und andere ewige Weisheiten: Cupspiel gegen Rapid Lienz

Rupert Marko, gegen Lienz dreifacher Torschütze, ist heute Trainer beim SV Horn

(von Stefan Weis) Als vor 20 Jahren der Verein, der einmal Wacker Innsbruck hieß und nun nur mehr als „die Millionentruppe“ betitelt wurde, in der dritten Runde des ÖFB-Cups einen Club des Kärntner Fußballverbandes zugelost bekam, da wurde wieder einmal in manch Nordtiroler Redaktion gekramt. Rapid Lienz, war das nicht…? Ja, der regierende Kärntner-Liga-Meister, der in den Relegationsspielen um den Aufstieg in die zweite Division dem Kapfenberger SV den Vortritt hatte lassen müssen, kam aus Osttirol. Und er war nicht ganz unbekannt beim Innsbrucker Bundesligisten, waren doch in den aktuellen Mannschaften unter anderem Robert Idl und Franz Oberacher tätig – der Lienzer unter der Nordkette, der Natterer bei den Dolomitenstädtern. Und noch manch einer erinnerte sich leidvoll an die Cupsaison 1975/76 – doch dazu ein anderes Mal…

Innsbruck klarer Favorit

Wie waren die Ausgangspositionen? Die Innsbrucker, nominell doch durchaus Mitfavoriten auf den Meistertitel, hatten schon rosigere Tabellenstände erlebt und lagen bloß auf dem fünften Rang, auch der Frühjahrsstart gegen die Admira (1:0), Vienna (0:3) und Rapid Wien (0:0) nährten nicht gerade Hoffnung auf einen Kantersieg. Die Unzufriedenheit des kritischen Tiroler Publikums besänftigen sollte der zu Saisonbeginn von Sturm Graz an den Inn gewechselte Rupert Marko. Nur, es wollten ihm keine Tore gelingen. Zwei Meisterschaftstreffer nach 25 Runden, Alfred Roschers Wechsel nach Mannheim – der Druck auf ihn war riesengroß. Dass die Presse nicht gerade sorgsam mit ihm umging, war klar, selbstkritisch äußerte er sich zu seinen Mängeln, ließ aber auch mit anderen Weisheiten aufhorchen: „Die Zuschauer denken zu oft an die Europacuperfolge. Die Mannschaft wurde umgebaut, jetzt spielt eine andere Generation.“ Ewig zitierfähig, dieser Satz.

Lienz nur „5:99-Außenseiter“

Und wie sah es beim SV Rapid Lienz aus? Das Ziel Meisterschaft und Aufstieg in die zweite Division vor Augen, die Körper allerdings noch in der Winterpause. Und wohl auch die Rechenkünste, wenn Trainer Mattersberger den Seinen gegenüber dem Osttiroler Boten eine „5:99-Außenseiter“ – Position zuspricht. Oder war es eine mathematisch-analytische Glanzleistung, dies zu beurteilen wage ich nicht. Zur fehlenden Spielpraxis kamen auch noch Verletzungen und Gelbsperren, die Osttiroler gaben sich keinen Illusionen über den Spielverlauf hin. Trotzdem ließ Startrainer „Aschyl“ Happel durch kleine Mätzchen im Vorfeld aufhorchen und bestand auf dem Wochentags-Spieltermin Dienstag, 16.00 Uhr, anstatt den vorhergehenden Ostersonntag zu wählen.

„Mit dem Ball per Sie“

Dass sich dann trotzdem rund 3.000 Zuschauer ins Dolomitenstadion drängten, kann man durchaus als Überraschung bezeichnen. Weniger überraschend verliefen die ersten Spielminuten. Schon in der 13. versenkte der in Vorfeld so viel gescholtene Rupert Marko einen Kopfball in den Lienzer Maschen, und das Publikum, unter ihnen auffallend viele blau-weiße Osttiroler, erwartete sich nun ein Sturmlauf der Tivoli-Elf. Doch weit gefehlt. Viele Fehlpasses, keine zündenden Ideen, „Hansi Müller fiel nur durch Kritisieren auf, Pacult kam kaum zur Geltung“. Nur die schlechte Ausbeute nach Stangl-Pässen durch Schmuck und Oberacher und sicherer Rückhalt durch Kalinic und Oberacher retteten den Bundesligisten in die Pause, begleitet von „Aufhören!“-Rufen der enttäuschten Zuschauer. Von der Kabinenpredigt, die durch den Lienzer Talboden schallte, erzählte man sich noch länger. Und so schaffte es der klare Favorit, nicht zuletzt durch seine bessere Kondition, doch noch als 3:0-Sieger vom Platz zu gehen, Torschützen der Treffer zwei und drei – Marko und Marko. Während man sich bei Lienz auf Pech und – wie so oft im Fußball – Schiedsrichter hinauszureden versuchte („Das erste Tor war auf einen schweren Deckungs- und Tormannfehler zurückzuführen, der zweite und dritte Gegentreffer waren für mich klar Abseits.“), blieb der Coach der Innsbrucker schonungslos ehrlich: “Manche Herren scheinen mit dem Ball per Sie zu sein.“ Zeiten mögen sich ändern, doch manches bleibt konstant…

Kleine Notiz am Rande: Im Finale des ÖFB-Cups 1988 wurde im Tivoli zwar ein 3:1-Sieg herausgespielt, auf Grund der vorhergehenden Auswärtsniederlage (0:2) kam der Cupsieger jedoch nicht aus Tirol, sonder hieß zum Erstaunen des ganzen österreichischen Fußballs – Kremser SC.

 

 

Spieldaten:

ÖFB-Cup: SV Rapid Sparkasse Lienz – FC Swarovski Tirol 0:3 (0:1)

Dolomitenstadion Lienz, 3.000, SR Loser (Unterberger, Michelag)

Tore: Marko (13., 76. 86.)

Gelbe Karten: Hartlieb; Strobl, Marko;

Rapid Lienz: Niederwieser, Steurer, Struger, Mariacher, Schmuck (68. Schwaiger), Micheler, Winkler, Hartlieb, Omerhodzic, Hanser, Oberacher (77. Waldner).

FC Tirol: Obwexer, Streiter, Kalinic, Eder, Peischl, Pacult (72. Hörtnagl), Linzmaier, Marko, Spielmann, Müller (46. Steinbauer), Strobl.

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Autor: Stefan Weis

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