Christoph Strobl im Gespräch – Teil 3
Im letzten Teil des großen Interviews mit Vorstand Christoph Strobl dreht sich alles um den Nachwuchs des FC Wacker Innsbruck. Unser Vorstand gibt Auskunft über die künftige Ausrichtung der Nachwuchsabteilung, die Zusammenarbeit mit der Tiroler Fußballakademie und warum die Entscheidung für einen durchgehenden Nachwuchs innerhalb des Vereins die einzig richtige ist.
In der Vergangenheit endete der Nachwuchs des FC Wacker Innsbruck nach der U12. Wer den Sprung ins BNZ nicht schaffte, musste auch den Verein verlassen, da es keine weiterführenden Mannschaften mehr gab. Eine für viele nicht nachvollziehbare Entscheidung. Wie ist der Stand der Dinge?
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Wir arbeiten an einer Neuausrichtung des Nachwuchses, um den Verein auf eine gesunde Basis zu stellen. Dieses Ziel zeigt sich schon heute bei der Kampfmannschaft, wo von 26 Kaderspielern 16 Tiroler sind. Das wollen wir in Zukunft weiter verstärken und intensivieren. Wir sind der Meinung, dass es dafür einen Nachwuchs von ganz unten bis ganz oben braucht. Deshalb sind wir gerade dabei, diese Strukturen nachhaltig zu entwickeln und für unseren Nachwuchs optimale Voraussetzungen zu schaffen. Da arbeiten wir nicht gegen jemanden, sondern für uns und damit für eine saubere und in sich geschlossene Nachwuchsarbeit.
Wir wollen ganz intensiv mit den Institutionen des Tiroler Fußballs und mit den anderen Vereinen in Tirol kooperieren. Wir werden weiter Initiativen setzen und schauen, dass wir optimale Voraussetzungen schaffen und eine gewisse Durchlässigkeit zwischen den Systemen herbeiführen. Es gibt ja immer wieder Jugendliche, die sich unterschiedlich entwickeln und sich nicht in Schemen pressen lassen. Denjenigen, die sich nicht so schnell entwickeln, wollen wir eine zweite Chance und auch eine professionelle Ausbildung bieten.
Wie sieht das aus?
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Wir versuchen im Verein, möglichst gut qualifizierte Trainer zu beschäftigen. Weiters versuchen wir, ein Ausbildungskonzept zu verwirklichen, das durchgängig ist, in dem sowohl die Individualität des Spielers, aber auch das Mannschaftsgefüge gefördert wird. Wir wollen beispielsweise im Bereich zwischen Kindergarten und U10 das Leistungsdenken nicht in den Vordergrund stellen, sondern den Kindern den Spaß am Spiel und der Bewegung intensiv vermitteln, sie nicht mit Leistungsdruck überfordern. Der kommt später ohnehin von selbst. Den legen sich die Kinder auch selbst auf, sodass man ihn nicht künstlich verstärken muss.
In den höheren Altersklassen entsteht Leistungsdruck. Da wollen wir Jugendlichen, die – aus welchen Gründen auch immer – aus der Nachwuchsschiene des Verbandes gefallen sind, nicht aufgenommen wurden oder nicht in die Akademie können, eine Alternative bieten und zwar in Zusammenarbeit mit den anderen Institutionen.
Bis vor eineinhalb Jahren haben wir bei der U12 im Nachwuchs aufgehört. Unser Ziel ist es, den Nachwuchs jetzt wieder Schritt für Schritt bis hinauf zur Amateurmannschaft aufzubauen. Deshalb haben wir seit vergangenem Jahr eine U13 und ab dieser Saison wieder eine U15 eingeführt. Ziel ist es, jenen, die in anderen Ausbildungsinstitutionen nicht zum Zug kommen oder erst später den Weg zum Profi einschlagen, eine Alternative anbieten zu können. Bei uns sollen sie die Möglichkeit bekommen, auch als Spätberufene in die Kampfmannschaft zu kommen.
Es geht einfach darum, dass Talente, die sich beweisen und weiterentwickeln wollen, auch später noch die Möglichkeit dazu bekommen sollen. Wenn es uns gelingt, den einen oder anderen mehr in die Profiabteilung überzuführen, ist es für den Tiroler Fußball und natürlich auch für den Verein ein großer Gewinn. Nicht nur materiell, sondern auch ideell.
Kinder und Jugendliche, die Sport betreiben, sind gesünder, agieren im sozialen Umfeld sicherer und haben auch andere Zugänge im Bereich der Integration. Wir haben ja auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund in den verschiedensten Mannschaften. Und hier wird die Integration von Kind auf gelebt. Das sind alles unglaubliche Leistungen, mit denen wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, die uns sehr wichtig ist.
In der Vergangenheit war die Zusammenarbeit mit dem TFV ein großes Thema. Wie läuft diese Zusammenarbeit aktuell?
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Diese Zusammenarbeit ist grundsätzlich unbestritten. Wir arbeiten laufend daran, die Zusammenarbeit zu vertiefen und zu verbessern. Wir wollen mit dem Verband zusammenarbeiten und die Durchlässigkeit erhöhen. Der Verband hat tolle Möglichkeiten mit seiner Akademie. Es gibt allerdings sehr viele talentierte Kinder und Jugendliche, die in der Akademie nicht aufgenommen werden können. Sei es aus sportlichen, schulischen oder organisatorischen Gründen. Diese sollen, wenn sie fußballerisch entsprechend talentiert sind, die Möglichkeit bekommen, bei uns weiter zu machen. Da hat der Spitzenfußballklub auch die Verantwortung, ergänzend zum Verband diese Möglichkeit zu schaffen.
Das wollen wir künftig auch in Zusammenarbeit mit anderen Vereinen tun. Es gibt zwar die Befürchtung, dass wir Spieler abwerben. Ich sehe das allerdings entspannt, weil wir das als Verein nicht offensiv machen. Aber natürlich hat der FC Wacker Innsbruck eine gewisse Anziehungskraft. Wenn Kinder bei uns anfragen, ob sie ein Probetraining machen dürfen oder bei uns spielen wollen, werden wir sicher nicht nein sagen. Wir werden sie uns ansehen, haben aber natürlich nur eine gewisse Aufnahmekapazität.
Wir wollen einfach DER Tiroler Verein sein und mit den anderen Tiroler Vereinen zusammenarbeiten. Da gilt es, das in der täglichen Arbeit umzusetzen, und den anderen Vereinen zu vermitteln, dass sie mit uns einen Partner haben und nicht jemanden, der ihnen den einen oder anderen Spieler einfach wegnimmt, um kurzfristig in einzelnen Nachwuchsmeisterschaften Erfolg zu haben. Darum geht es nicht!
Wir wollen natürlich die Talentiertesten bei uns und in der Schiene des Verbandes haben. Selbstverständlich kommen aber auch immer wieder gut ausgebildete Spieler, die den Schritt zu den Profis nicht geschafft haben, zu den Vereinen zurück. Diese Spieler bringen dann in der jeweiligen Liga ihre Leistung und das wiederum hebt das Niveau des gesamten Tiroler Fußballs.
Andere Bundesligisten haben ihre eigenen Akademien. Wäre es für den FC Wacker Innsbruck nicht sinnvoll die Akademie zu übernehmen?
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Es gibt eine Akademie in Tirol, die der Tiroler Fußballverband betreibt. Das wird er auch in Zukunft tun. Es wird auch keinen zweiten Akademiestatus geben. Aus unserer heutigen Sicht ist dies weder finanzierbar noch sinnvoll. Deshalb suchen wir die Zusammenarbeit mit dem Verband. Wir versuchen unsere Nachwuchsschiene ohne Akademiestatus sehr professionell und zukunftsträchtig zu gestalten. Wir suchen auch Kooperationen über den Fußball hinaus, sodass wir letztlich eine Topbasis schaffen, um unseren Nachwuchs professionell und ergänzend zur Akademie zu entwickeln. Eine eigene Akademie steht für uns also nicht zur Diskussion, weil es die erstens nicht gibt und zweitens für uns nicht finanzierbar ist.
Gibt es Unterschiede zwischen unserem zukünftigen Nachwuchs und der Akademie?
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Natürlich gibt es da Unterschiede. Die Akademie hat eigene Plätze und muss gewisse Vorgaben des ÖFB erfüllen, wie beispielsweise hauptamtliche Trainer und bestimmte organisatorische Rahmenbedingungen, die wir als Verein in der Form nicht haben. Es wäre natürlich wünschenswert, einen hauptamtlichen Nachwuchsleiter zu haben und auch in den Bereichen Physiotherapie, Kondition und Mentaltraining Schwerpunkte setzen zu können. Das sind allerdings alles auch Themen, die man finanzieren muss. Da strecken wir uns sicher nach der Decke, aber der Verband hat in dieser Hinsicht aufgrund des Akademiestatus ganz andere Voraussetzungen. Das wollen wir auch unseren Nachwuchsspielern, die die Chance haben, in die Akademie zu kommen, ermöglichen. Deshalb unterstützen wir die Akademie auch.
Wir haben im Nachwuchs ein sehr gut ausgebildetes Trainerteam. Kann man sagen, dass der Schritt in die Akademie für einen Spieler des FC Wacker Innsbruck Nachwuchs aufgrund der guten Ausbildung ein leichterer sein müsste?
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Es ist natürlich so, dass wir genau das wollen. Wir haben auch in den Nachwuchs und den unteren Jahrgängen seit eh und je immer investiert. Das sollte sich auch in der Qualität der Spieler zeigen. Es gibt aber eben auch viele, die es knapp nicht schaffen. Deshalb ist es ja auch wichtig, dass wir die Schiene jetzt weiter führen. Man muss sich vorstellen, dass wir diesen Spielern in den letzten Jahren sagen mussten, dass wir weiterführend nichts mehr für sie anbieten können und sie woanders hingehen müssen.
Wenn ich einem Zwölfjährigen, der gerade die Aufnahme in die Nachwuchsschiene des Verbandes knapp nicht geschafft hat, nichts mehr Weiterführendes anbieten kann, dann nehme ich ihm nicht nur die sportlichen Möglichkeiten, sondern auch seine emotionale Verbundenheit zum FC Wacker Innsbruck. Unter Umständen geht mir dieser Spieler dann emotional für den ganzen Verein verloren. Es gab viele solcher Fälle in der Vergangenheit. Deshalb ist es uns ganz wichtig, diese Gruppe nicht einfach wegzuschicken.
Es ist uns wichtig, dass sie weiterhin bei uns eine Heimat zu haben. Ganz nebenbei sind das natürlich auch Mitglieder, die zum Vereinsleben beitragen. Bisher haben wir diese leider verloren. Unter Umständen gehen sie nicht einmal mehr ins Tivoli, weil wir sie verärgert haben. Das können und wollen wir uns nicht leisten. Im Vordergrund steht also unsere gesellschaftliche Verantwortung gegenüber unseren Kindern und Jugendlichen.
Als der FC Wacker Innsbruck letztmals einen durchgehenden Nachwuchs hatte, hat es von Seiten des TFV Befürchtungen gegeben in eine Konkurrenzsituation mit dem Profiverein zu treten. Wie kann man diesen Befürchtungen entgegentreten?
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Diese Befürchtungen sind nachvollziehbar. Ich persönlich sehe den Nachwuchs nicht als Konkurrenzkampf. Wir alle betreuen Kinder und Jugendliche, ob das der TFV, der FC Wacker Innsbruck oder irgendein anderer Verein ist. Da soll man nicht von Konkurrenz und Kampf sprechen. Wir haben in Tirol viele fußballbegeisterte Kinder und Jugendliche, denen wir alle gemeinsam die Möglichkeit bieten sollten, sich möglichst gut zu entwickeln. Ich sehe das nicht als Konkurrenzkampf, sondern als gemeinsame Anstrengung.
Deshalb soll auch die Schiene des FC Wacker Innsbruck eine Ergänzung zum Angebot der Akademie sein und keine Konkurrenz. Dass es diese Befürchtung gibt, ist für mich nachvollziehbar, wir können das nur durch konkrete Arbeit und Umsetzung unserer Philosophie entkräften. Wir haben natürlich den Anspruch, im Nachwuchs professionell zu arbeiten, schließlich liegt das für einen Profiverein in der Natur der Sache. Wir können uns nicht damit begnügen, einfach nur durchschnittliche Arbeit zu liefern.
Wir machen es außerdem mit dem Ziel, nicht nur in Österreich gut zu arbeiten, sondern über die Landesgrenzen hinaus. Deshalb nehmen wir auch immer wieder an internationalen Turnieren teil. Es gibt auch Gespräche über eine Zusammenarbeit mit ausländischen Klubs. Der FC Wacker Innsbruck hat aus der Vergangenheit einen sehr guten Namen. Wir sind auch in Europa eine Marke, die uns hilft, unseren Ansprüchen gerecht zu werden.
Aber noch einmal: Dies soll keine Konkurrenz zum Verband darstellen, sondern eine Ergänzung zur Akademie. Wir werden in der täglichen Arbeit den Beweis dafür antreten.