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„Zuvor an den Verein denken, bevor man Blödsinn macht“

Die Ereignisse des letzten Samstags in der Innsbrucker Innenstadt sind immer noch Gesprächsthema, sowohl in den Medien als auch in diversen Fußballforen. Das tivoli12 magazin nimmt dies zum Anlass, um sich in den nächsten Tagen mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wir lassen Experten zu Wort kommen. Nach Philipp Bechter ist nun Florian Sitz, Vereinssprecher, Fanbeautragter und Markenverantwortlicher des FC Wacker Innsbruck am Wort.

 

Florian, zusammen mit Philipp Bechter hast Du die Agenden des Fanbeauftragte des FC Wacker Innsbruck inne. Wie sieht dein Aufgabenbereich aus?

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Philipp ist primär am Spieltag zuständig. Er steht am Feld, macht die Abwicklung der Fans, koordiniert den Ordnerdienst und den Auswärtsordnerdienst. Ich bin zusammen mit Lukas Schweinberger eigentlich für die Kommunikation mit der Bundesliga zuständig. Vor jedem Spiel wird ein so genanntes "Fanreiseformular" erstellt, in dem steht, wieviele Fans circa anreisen und welche Verkehrsmittel sie verwenden. Das hat den Hintergrund, dass sich der gastgebende Klub darauf einstellen kann, wieviele Parkplätze er beispielsweise für Busse schaffen muss oder die Kioske ausreichend  bestückt werden. Das ist im Fanbeauftragten-Bereich meine Hauptaufgabe. Ansonst bleibt mir leider für diesen Bereich sehr wenig Zeit. Es ist ein sehr wichtiger Bereich, da der FC Wacker Innsbruck seine Fans als höchstes Gut ansieht und die Betreuung der Fans im Mittelpunkt stehen sollte. Mich erreichen auch Anfragen von Fans per E-mail, die von unserem Clubservice an mich weitergeleitet werden. Die beantworte ich natürlich auch. Sehr lässig ist, dass sich auch etliche Südtiroler gemeldet haben, die sich zu Fanklubs konstituieren wollen. Ich hoffe, dass in naher Zukunft da etwas entsteht. Es waren auch schon 2-3 Busse bei Spielen mit Fans aus Südtirol da. Da habe ich im Vorfeld für sie Karten organisiert, damit alles reibungslos abläuft. Dazu kommen noch diverse Anfragen, aber im Grunde sind das meine Hauptaufgaben. Leider bleibt mir nicht mehr Zeit.

Von der Bundesliga gibt es vorgeschriebene Kriterien ob ein Spiel zum "Risikospiel" erklärt wird.

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Genau. Es gibt von der Bundesliga Einstufungen. Entweder es handelt sich um ein "normales Spiel", "Überwachungsspiel" oder ein "Risikospiel". Bei einem "Überwachungsspiel" oder "Risikospiel" ist ein Deligierter der Bundesliga vor Ort, der beispielsweise beim Sicherheitsrundgang vor dem Spiel dabei ist. Er fragt gewisse infrastrukturelle und organisatorische Punkte ab. Am Tivoli haben wir fast ausschließlich "Überwachungs-" und "Risikospiele". Aufgrund unserer Heimfans ist jedes Spiel ein "Überwachungsspiel".

Wenn wir auswärts spielen und ein "Risikospiel" haben, heißt das für uns, dass wir als Verein auch bei diesem Sicherheitsrundgang, der ca. 1,5 – 2 Stunden vor dem Spiel stattfindet, bei jedem Spiel mit dem Sicherheitsbeauftragten oder dessen Stellvertreter dabei sind und im Vorfeld gewisse neuralgische Punkte abgehen. Wir versuchen noch im Vorfeld durch Aufmerksammachen auf bestimmte Problemfelder einzuwirken, beispielsweise bei der Einlasssituation. Noch dazu kommt, dass man wie oben erwähnt, ungefähr abschätzt, wie viele eigene Fans anreisen werden, denn pro 100 Fans muss der Gastklub laut Bundesliga einen Vereinsordner stellen. Das machen wir natürlich auch. Wir versuchen allerdings diese Vereinsordner nicht mit externem Personal zu besetzen, sondern mit Ehrenamtlichen, die Kontakt zur Kurve haben, Spaß an der Sache haben, die unterstützend für unsere Fans am Spieltag da sind und auch dem Ordnerdienst des Heimvereins helfen, damit alles reibungslos abläuft.

Du hast erwähnt, dass unsere Heimspiele aufgrund unserer Fans immer "Überwachungsspiele" sind. Wie muss man das verstehen?

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Ich müsste mir jetzt die Definition der "Überwachungsspiele" und "Risikospiele" genau ansehen, aber ich glaube, ab einer gewissen Zuschaueranzahl ist es schon ein Überwachungsspiel.

Das hat nicht mit dem Verhalten der Fans zu tun, sondern mit der Anzahl?

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Ja. Da gibt es diverse Punkte, die ich mir jetzt anschauen müsste. Wir bekommen von der Bundesliga diese Einteilung vor jedem Spiel, die dann fixiert ist. Ich habe jetzt nicht genau im Kopf, ab wann es ein "Überwachungsspiel" oder ein "Risikospiel" gibt. Das hängt auch mit der Anzahl der zu erwartenden Auswärtsfans zusammen.
 
(Anm.: § 2 Bundesliga-Risikospiele und überwachte Spiele

(1) Die BL, die Klubs der BL und/oder die Sicherheitsbehörde können Spiele unter nachfolgenden Bedingungen als „Risikospiele“ oder „überwachte Spiele“ einstufen:
• Aufgrund früherer Zwischenfälle mit Anhängern einer oder beider
Mannschaften oder anderer außergewöhnlicher Gründe.
• Wenn zu erwarten ist, dass die Anzahl der Anhänger des Gastklubs 20 % des Gesamtfassungsvermögens des Stadions oder 1.000 Personenüberschreitet.
• Wenn ein ausverkauftes Stadion zu erwarten ist.
• Aus anderen wichtigen Gründe)

Leider gab es lange nach dem letzten Heimspiel in der Innenstadt Ausschreitungen zwischen Sturm- und Wacker Innsbruck-Anhängern. Du bist ja nicht nur Fanbeauftragter sondern auch Vereinssprecher. Was kann man als Verein machen, oder kann man überhaupt etwas unternehmen?

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Wir, als Verein, haben Unseres getan. Das Spiel am Tivoli selbst war ruhig. Da ist nichts vorgefallen. Mit ASIA haben einen tollen Sicherheitsdienst, einen Ordnerdienst, der das hervorragend macht. Zusammen mit Philipp und Lukas funktioniert das wunderbar. Am Tivoli selbst ist nichts passiert – und das ist unser Wirkungsbereich, wo wir arbeiten können.

Natürlich ist es für den Verein nicht schön, wenn Fans des Vereins im Zusammenhang mit Gewalt in der Innenstadt auffallen. Das fällt natürlich auch auf den Verein zurück. Das ist ganz klar. Dessen sollte sich auch jeder bewusst sein. Die zu tragenden Konsequenzen sind natürlich eine Berichterstattung, in der nicht der einzelne handelnde Fan im Vordergrund steht, sondern der Verein mit seinen gesamten Fans, die der Verein nicht unter Kontrolle hat. Was man machen kann? Da liegt meiner Meinung nach der einzige Weg in der Prävention in einer auf Innsbruck  zu geschneiderten Fanarbeit. Da sind schon länger zwei sehr engagierte Leute dabei, diese Fanarbeit zu initiieren. Das Konzept steht. Es gilt noch die Finanzierung zu sichern. Beide, Philipp Bechter, der auch bei uns als Fanbeauftragter nebenberuflich mithilft, und Armin Weber von der Faninitiative, sind ausgebildete Sozialarbeiter, und kommen beide aus der Kurve.

Sollte diese Projekt verwirklicht werden können, wird das aber nicht einfach über die Fans drübergestülpt und verpflichtend sein (Anm. das hat so nirgends funktioniert). Das wird eine tolle Sache sein, in der man Alternativangebote schafft, um Fankultur auszuleben. Wo man den Fans Hilfestellungen bietet und den Fans einfach auch bewusst macht, welche Konsequenzen – auch für sie selbst – warten. Ich bin da nicht der Profi, aber ihr trefft euch ja auch mit Armin. Jedenfalls glaubt der FC Wacker Innsbruck, dass dies der einzige Weg ist, langfristig Ausschreitungen zu verhindern. Betont werden muss dabei die Langfristigkeit. Fanarbeit mit Fußballfans schafft nicht von heute auf morgen "heilige" Fans. Es wird sicher einige Zeit dauern, aber es ist unseres Erachtens eine sehr gute Möglichkeit auf Fankultur einzuwirken.

Wann immer im Zusammenhang mit Fans etwas passiert ist der Schrei in den Medien und an den Stammtischen nach Stadionverboten groß. Ist es für den FC Wacker Innsbruck rechtlich überhaupt möglich, wenn es außerhalb des Stadions zu Ausschreitungen kommt, Stadionverbote zu erteilen?

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Nein, das ist nicht möglich! Bevor wir ein Stadionverbot erteilen können, müssen wir eine Grundlagen haben. Diese Grundlage muss die Bundesliga oder die Exekutive liefern. Solange wir diese Grundlage nicht haben, können wir auch kein Stadionverbot erteilen. Wobei man sagen muss, dass Stadionverbote auch ein zweischneidiges Schwert sind. Ich sehe es durchaus positiv, dass man auch einmal eine Grenze zieht und sagt "Stopp! Du bist zu weit gegangen." Mit diesem Stadionverbot zeige ich dir, dass Du eine Grenze überschritten hast. Wobei man dazu sagen muss, dass wir den Weg gehen, bevor man ein Stadionverbot erteilt, dieser Person, die sich nicht  korrekt verhalten hat, anbietet vereinsnützliche Dienste zu leisten. Beispielsweise selbst Ordnerdienst zu leisten, um auch die andere Seite kennen zu lernen. Natürlich ist das nur bei geringeren Verstößen möglich.

Grundsätzlich ist es sehr, sehr schwierig Stadionverbote durchzusetzen. Es müsste bei jedem Eingang in den Stadien ein Foto derjenigen hängen, die ein Stadionverbot bekommen haben. Von der Handhabe her sehr, sehr schwierig. Aber durchaus ein Mittel, das man vielleicht ergreifen muss.

Wie sinnvoll wäre es Stadionverbote zu erteilen, wenn es im Stadion zu keinerlei Verstössen kommt? Abseits des Stadions kann er sich bei der derzeitigen Gesetzeslage frei bewegen. Da hat man als Verein keine Handhabe.

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Das ist sowieso klar. Alles, was nicht im Stadion oder in Stadionnähe passiert, kann der Verein auch nicht sanktionieren. Das wäre ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Ein weiterer Punkt ist, den Philipp bereits angesprochen hatte, dass es natürlich Sinn macht, die Fans im Sektor und nicht außerhalb des Sektors zu haben, so wie es beispielsweise im ersten Spiel gegen Rapid war. Hin und wieder wird man auch die Maßnahme, ich glaube auch von Seiten der Exekutive, ergreifen, dass man auch Leute mit Stadionverboten lieber in den Sektor lässt, anstatt sie vor dem Stadion zu haben. Im Sektor sind sie besser zu überwachen.

Die soziale Komponente muss man natürlich auch ansprechen. Man reißt mit einem Stadionverbot jemanden aus seinem sozialen Umfeld, was wahrscheinlich auch nicht zur Deeskalierung beiträgt. Trotzdem gibt es gewisse Grenzüberschreitungen, die bundesligagemäss mit Stadionverbot zu ahnden sind. Ich sehe das auch als durchaus wichtig an, eine Grenze aufzuzeigen.

Neben deiner Tätigkeit als Vereinssprecher und Fanbeauftragter bist Du auch für die Markenentwicklung zuständig. Haben solche Ausschreitungen im öffentlichen Raum Auswirkungen auf diesen Aufgabenbereich, den Verein und wie schauen die aus?

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Das ist eine sehr interessante Frage, die auch schwierig zu beantworten ist. Wie schon erwähnt: Auswirkungen, auf jeden Fall! Auf das klassische Image, das Stammtischimage, dass "natürlich der Wacker wieder einen Blödsinn baut, mit seinen Leuten". Direkte negative Auswirkungen auf die Marke hat das, glaube ich, nur im geringen Ausmaß. Ich denke, die Marke FC Wacker Innsbruck ist stark genug, um sich von dem nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Es ist aber jeder dazu aufgerufen, kurz nachzudenken, bevor Blödsinn gemacht wird und soll sich bewusst machen, dass er mit diesem Verhalten dem Verein natürlich schadet. Das ist ganz klar! Man steht in Gesprächen mit Sponsoren, Öffentlichkeit und der Politik. Solche Aktionen machen die Gespräche nicht leichter. Das muss auch klar gesagt werden. Deshalb zuerst an seinen Verein denken und zurückstecken.
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Autor: Christian Hummer

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