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Wacker Innsbruck und der eiserne Vorhang

Keine Angst, es gibt jetzt keine Geschichte-Stunde. Ich erzähl euch nichts von Spielen gegen so unaussprechliche Mannschaften wie Dnjepr Dnjepropetrowsk. Es gäbe ja auch wenig Schönes davon zu berichten. Und es folgt auch keine Belehrung über die glorreiche Vergangenheit rund um Vaclav Danek oder gar Josef Obert, auch wenn diese ebenfalls durch einen Eisernen Vorhang ihren Weg zu den Schwarz-Grünen gefunden haben.

 

 
Nein, ich will nur ein bisschen plaudern übers letzte Wochenende. Im Tivoli wurde gekickt, doch es waren die Burschen mit dem Eierlaberl, und dazu hatte ich grad keine Lust. Zeitgleich hatten aber unsere wackeren Mädels ihr erstes Heimspiel im Frühjahr, das klang für mich doch um vieles verlockender. Das Wetter war, na, sagen wir in derselben Verfassung, in der es Hansi Müller zu einem wunderschönen Eckball gegen Turin verholfen hat. Also bestes Wacker-Wetter, davon lässt man sich ja nicht abhalten. Und so ging’s ab Richtung Wiesengasse – aber mit Zwischenstopp. Es war ja nicht das erste Spiel der Damen, das man sich anschaute, dunkel erinnerte man sich ja an die Sahelzone der Sportplatzverköstigung rund ums Tivoli (ein Leid, das auch die zweite Herrenmannschaft mit ihren Teamkolleginnen teilt). Nicht, dass man mich falsch versteht, es gibt ein Cafe im Areal, dort verkaufen’s dir auch was – die Lage ist halt etwas ungünstig und der Weg eher weit, wenn man ein Talent hat, sich gerade dann vom Platz zu erheben, wenn unsere Kanonierinnen in Schwarz-Grün sich an die Arbeit machen. Darum wurde vorgesorgt, mit Cappuccini und einer Jause, die so manche Oma blass werden ließe. Etwas Verspätung hatte ich an der Supermarktkassa aufgerissen, aber ich war zuversichtlich, diese Zeit beim Eingang zur Wiesengasse wieder wettzumachen. Denn auf Irland und bei den Mädelsspielen gibt es keine Schlangen. Und eines davon ist bedauerlich.

Ich hätt’ gar nicht viel verpasst, hätte nicht das männliche Kleinhirn die Oberhand bekommen. Den grünen Rasen und den Ball vor Augen steuerte ich auf kürzestem Wege auf den Platz C zu. Und dann stand ich vor ihm. Dem Eisernen Vorhang. Hoch war er. Und breit. Mit seinem grauen Maschendraht schien er mich zu verhöhnen, ließ er mich doch einen Blick auf das Spielfeld werfen, versperrte mir aber dennoch den Weg. Und nicht nur mir, neben mir die nächsten Ausgesperrten, die begehrliche Blicke Richtung Tor warfen und ratlos nach links und rechts schauten. Das Pärchen entschied sich für links – ein Fehler. Dann schepperte es am Eisernen Vorhang. Ein weiteres Besucherpaar rüttelte am Tor, das sich frech in diesem Drahtnetz abzeichnete. Vergebens, es war, wie auch sein Pendant am Platz B, zu. Wie meine Nase in der Pollenzeit.

Ich stand kurz da und dachte an Reagans Wunsch an Herrn Gorbatschow, er möge doch dieses Tor öffnen. Ich fragte mich, ob nicht Alois Mock mit einer Drahtschere verfügbar wäre. Und ob nicht Genscher verkünden könnte… Na, jetzt ist es doch eine Geschichtestunde, ’tschuldigung.
Ich riss mich aus meinen Träumen und machte mich auf, den Zaun weitläufig zu umrunden. Und wie weitläufig es war, zeigten mir die wackeren Mädels allzu deutlich auf. Ein Schrei, ein Stöhnen, leiser Jubel. Ein Blick über die Schulter bestätigte mir: die Gäste aus Hof waren in Führung gegangen. Mein Talent hab ich ja schon erwähnt. Also rein ins Gelände und zurück zum C-Platz. Plötzlich ein Raunen, ein Jubel, die krächzende Anlage quetschte einen krähenden Hahn heraus: der Ausgleich. Sie erinnern sich an mein Talent? Gut nur, dass die Tormusik laut genug war, so wurde das ein oder andere Wort, mit dem ich diesen Eisernen Vorhang und die ein ums andere Mal verschlossenen Tore bedachte, überdeckt. Ich überlegte kurz, mich mit einem freundlichen Tritt beim Zaun zu bedanken, unterließ es aber. Man will ja ein gutes Vorbild sein, und was man bei den Herren fordert, sollte man bei den Damen auch selbst einhalten.

Es wurde dann doch noch ein schöner Nachmittag, aber davon konnten wir hier ja schon lesen. Schwindlig gespielte Abwehrreihen, Konter, satte Schüsse unter die Querlatte, auch ein einsamer Bengalo, der die Zuschauerränge erhellte, es wäre eigentlich alles vorhanden gewesen. Schön wär’s halt, wenn sich das Drumherum auch entsprechend gestalten würde, man den Wacker Damen ein der höchsten österreichischen Spielklasse entsprechendes Umfeld bieten könnte. Die Mädels hätten es sich verdient. Wacker auch.
Und da ich nicht weiß, in wessen Bereich das fällt oder wer sich zuständig fühlt, wende ich mich jahreszeitengemäß an folgende Adresse (vielleicht gibt’s ja was Süßes beim nächsten Spiel)…
 

An das
Osterhasenpostamt
Hauptstraße 214a
02739 Eibau
 

Liebe Osterhasen!
 

Keine Angst, es gibt jetzt keine Geschichte-Stunde. Ich erzähl euch…

 

Gastkommentar von Stefan Weis

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Autor: Stefan Weis

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