Lust und Frust
Blickt man auf die beiden Unentschieden im heimatlichen Tivoli gegen Kapfenberg und Ried, erkennt der Fußballfan die so unterschiedlichen Gefühle nach einer Punkteteilung. Während unser FC Wacker Innsbruck gegen die Steirer in buchstäblich letzter Sekunde den Sieg vergab, gelang gegen die schwarz-grünen Oberösterreicher ein Punktegewinn.
Hemmte die kleine Chance?
Gegen die in der Tabelle knapp oder deutlich hinter unserem Lieblingsverein platzierten Gegner tut sich die Mannschaft schwer. Stellen sich Teams wie Mattersburg, der Lask oder Kapfenberg mit einer dicht gestaffelten Abwehr auf und versuchen die Gegner das Spiel mehr zu zerstören als zu gestalten, beginnen unsere Spieler mit wenigen Ausnahmen oft ideenlos zu werden. Sie lassen sich einen Spielstil aufzwängen, der nicht der ihre ist.
So wurden mit dem Unentschieden gegen Kapfenberg und der folgenden Auswärtsniederlage in Mattersburg die kleinen europäischen Träume wohl endgültig aus den Köpfen der Spieler und Fans verscheucht. Jetzt konnte man gegen die gleichen Vereinsfarben eigentlich ohne jeglichen Druck beginnen und dem Gegner womöglich auch die internationale oder meisterliche Suppe versalzen.
Neues probiert
Unter dieses Motto stellte auch der wackere Chef Walter Kogler die Mannschaftsaufstellung. Gleich vier gelernte Stürmer durften von Beginn an auf dem Tivoli-Rasen wirbeln. Trotzdem kam unser Angriffsspiel nicht wie gewünscht in Gang und die eine oder andere Chance wurde vergeben. Eine alte Fußballweisheit bewahrheitete sich erneut: Wer nicht ins gegnerische Tor trifft, wird dafür bestraft. So bringt unser Ersatztormann und –kapitän Harald Planer einen Cornerball von Rieds Lexa nicht aus der Gefahrenzone und „Schweinis“ Rettungsversuch kommt auch zu spät: 0:1 für die SV Ried noch in der ersten Halbzeit. Unsere Ausgleichsversuche waren leider nicht durch so viel Glück begünstigt.
Mehr Energie
In der Halbzeitpause müssen Trainer und Spieler einander noch einmal so richtig wach gerüttelt haben, denn voll Elan kam unser Wacker Innsbruck aus der Kabine. Längst nicht mehr mit dabei war zu diesem Zeitpunkt unsere spanische Schaltzentrale im Mittelfeld Carlos Merino, der mit verletztem Oberschenkel schon nach neun Minuten zum Zuschauen verurteilt war. Vieles sollte er erblicken: Angriffsbemühungen unserer Stürmer, die sich immer wieder in der Rieder Menschenmauer verfingen oder im Torhüter ihrem Meister fanden. Der Schiedsrichter fällte in der Zwischenzeit so manche nicht ganz nachvollziehbare Entscheidung, sehr oft gegen unseren Wacker, wie mir schien.
Dreimal Rot, aber doch noch das Tor
So gab es Fouls auf beiden Seiten, manche lautstarke Diskussion zwischen Gegenspielern, Zeitschinden durch die Oberösterreicher und einige immer frustriertere Innsbrucker. Unser Goalgetter Marcel Schreter, der leider im Frühjahr bei Weitem nicht so treffsicher wie im Herbst ist, legte sich gleich mit zwei Riedern an. Einen traf er am Boden liegend heftig – die rote Karte war die Folge und damit eine Sperre für vier Spiele. Die Gemüter auf dem Spielfeld und den Tribünen hatten sich noch nicht einmal beruhigt, da blinkte bereits die nächste Karte einem schwarz-grünen Tiroler vor Augen: Harald Pichler bekam auch wegen eines Foulspiels die Ampelkarte präsentiert. Aber die Rieder wollten scheinbar diesen nummerischen Vorteil nicht, denn auch einer ihrer Spieler musste mit Gelb-Rot frühzeitig zum Duschen. Einige Minuten befand sich bereits auf Innsbrucker Seite ein neues Gesicht auf dem Rasen: der Osttiroler Marco Köfler feierte seine Feuertaufe in der Bundesliga. Bereits in der Nachspielzeit fasste er sich ein Herz, zog ab und der Ball zappelte im Tornetz vor der Nordtribüne.
Das weckte Erinnerungen
Die wackeren Spieler – nur mehr neun an der Zahl – ließen ihren Emotionen freien Lauf und die Fans jubelten überglücklich. Der Kampfgeist, der Glaube an sich und die Leidenschaft, die unsere Mannschaft über weite Strecken der Saison auszeichnet, hat sich bezahlt gemacht. Das späte Tor sichert einen Punkt für uns. Während die Rieder Spieler so wie unsere gegen Kapfenberg enttäuscht am Rasen lagen, ließen sich unsere wie die Sieger von den Fans feiern. Wie oft hatte man im letzten Frühling eine Liga tiefer auch erst in allerletzter Sekunde durch einen Youngster das Steuer noch einmal herumgerissen.
Die Lust und der Frust liegen eben nahe beieinander. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass die heute anstehende Lizenzentscheidung zur Lust und nicht zum Frust wird. Denn welcher Wackerfan möchte schon auf solche Emotionen und Leiden verzichten?