Wacker Innsbruck 2.0
Jetzt ist sie endlich da. Wir haben sie ersehnt wie die Freundin, die in einem bekannten Werbespot jemanden mit der Flasche Sekt hinter dem Rücken am Bahnsteig erwartet. Und ein Gläschen auf sie wäre in diesen Tagen durchaus angebracht. Es ist die Lizenz für die kommende Saison in der Bundesliga. Am Freitagnachmittag wurde die Wacker-Gemeinde von ihren Leiden erlöst und endlich können die Detailplanungen für die neue Spielzeit beginnen. Trotz des glücklichen Ausgangs bleibt der fade Beigeschmack, den viele Anhänger des Tiroler Traditionsvereins im Mund haben. Auch oder gerade deshalb werden viele Stimmen nicht leiser, die Strukturreformen, mehr Transparenz oder mehr Nachhaltigkeit bei der Finanzplanung einfordern. Nur was ist darunter zu verstehen? Was sagen einem all diese Schlagworte? Die Antworten sind oftmals bescheiden und höchst unterschiedlich. Die Notwendigkeit, ausführlich über deren Inhalte zu sprechen, Meinungen zusammenzuführen, sieht hoffentlich jeder von uns. Die künftigen Vereinsabende bieten dafür sicher eine gute Plattform, nur sollte darüber hinaus mehr geschehen. Eine Diskussion über Veränderungen muss ohne Rücksicht auf Formalitäten, also in höchstem Maße unösterreichisch, geführt werden. Die heutige Vorstandssitzung darf da nur der Beginn dazu sein.
Eine Debatte, die geführt werden muss
Es geht nicht darum, ob Vorstandsposten umbesetzt werden. Es ist unwesentlich, Geschäftsfelder neu zu definieren. Es darf keine vernünftige Option sein, sich mittels kurzfristiger Finanzspritzen wieder ein paar Jahre über Wasser halten zu wollen. Erst recht darf es kein „Aussitzen“ geben. Viel wichtiger sind die folgenden Fragen: Hat dieser Verein die nötigen Rahmenbedingungen, um langfristig nicht nur überlebensfähig zu sein, sondern sich auch eigenständig und mit Augenmaß entwickeln zu können? Wenn nein, warum nicht? Liegt es in unserem Einflussbereich, das zu ändern? Wenn nicht, wie verschaffen wir uns den Zugang hierfür? Auch ganz banale, ja normalerweise selbstverständliche Dinge müssen auf den Tisch: Reichen die finanziellen Mittel aus, um eine Saison derart zu gestalten, dass es zumindest für ein ausgeglichenes Budget reicht? Sind die Instrumente bei der Budgeterstellung verlässlich genug? Haben die Verantwortlichen die richtigen Mittel gewählt? Wo und wie können Arbeitsabläufe gestrafft und damit Kosten eingespart werden? Damit verbunden geht auch eine viel grundsätzlichere Frage einher: Was soll ein FC Wacker Innsbruck leisten? Reicht es aus, alle 14 Tage möglichst viele Zuschauer ins Stadion zu locken? War es das schon? Wollten wir die Verankerung von Schwarz-Grün nicht auch außerhalb der Bundesliga-Spieltage vorantreiben? Denn Wacker Innsbruck ist ein Lebensgefühl, das vermittelt werden will. Es ist klar geprägt vom Streben nach Erfolg, aber auch von großer Tradition, Stolz auf das Erreichte, Verlässlichkeit, Freundschaft, Kreativität, Offenheit und Toleranz. Sollte nicht diese soziale Komponente unseres Vereins auch ihren Platz finden? Möchte ich eben jene nicht auch durch gezielte Fokussierung auf den Nachwuchs- und Breitensport stärker positionieren? Das schafft Nähe zu vielen Menschen, sie nehmen entweder selbst oder durch Freunde und Familie Anteil am Vereinsgeschehen.
Die Pflichten der Mitglieder
Statutengemäß ist die faire Partizipation der Vereinsmitglieder garantiert. Aber findet diese auch wirklich statt? Ist sie gewollt und wird sie im Sinne der Verfasser umgesetzt? Die Diskussion über all das muss ganzheitlich und allumfassend sein, sie darf nicht bei schützenswerten Gütern wie Vorstand, politischem Umfeld oder Fanclubs aufhören. Erst recht darf sie nicht beim Souverän halt machen – den Mitgliedern. Denn kommen sie immer ihrer Verantwortung nach? Gerade durch ihr Einwirken sollten solch peinliche Situationen, wie die der fehlenden Lizenz, vermieden werden. Wer die oftmals geforderten strukturellen Veränderungen will, der muss die Diskussion „an der Basis“ starten. Denn es reicht nicht aus, nur den Vorstand für die Fehlbudgetierung und Lizenzprobleme sowie die Politik für die zugegeben katastrophalen Rahmenbedingungen zur Rechenschaft ziehen zu wollen. Denn wer ist Wacker Innsbruck? Das ist jeder Einzelne von uns. Kam ich als Mitglied, als Teil meines Fanclubs oder eventuell auch nur als Abokarteninhaber meiner Verantwortung nach? Habe ich mich im Zweifelsfall informiert, habe ich Position bezogen, mich eingemischt? Oder habe auch ich gedacht, wahrscheinlich wie viele andere auch, die „da oben“ regeln das schon?
Es liegt an uns
Die Politik wollte im Zuge der Neugründung 2002 einen Verein der mündigen Mitglieder – es liegt an uns allen, ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Viel zu lange waren wir im Verzug. Erst ganz am Ende einer grundlegenden Debatte können und müssen Konsequenzen in personeller und organisatorischer Hinsicht möglich werden. Denn niemand will noch einmal eine solche „Hängepartie“ erleben. Der Schaden in der Öffentlichkeit ist gewaltig und Besserung kann nur einsetzen, wenn von uns allen endlich das Signal ausgeht: „Wir haben verstanden!“