Warum jeder gerne Briefe erhält
Im elektronischen Zeitalter des Internets und der Emails greift der Tiroler Traditionsverein auf ein altes und bewährtes Kommunikationsmittel zurück: den Brief. Daran ist eigentlich nichts außergewöhnlich, oder doch?
Persönliches gegen Vereinsinteressen?
So einiges ist in den letzten Wochen beim FC Wacker Innsbruck schief gelaufen. Nein, nicht die Gegner spielten wie auf einer schiefen Ebene gegen die Schwarz-Grünen. Dagegen wusste sich auch in den letzten Meisterschaftsspielen die stark ersatzgeschwächte Mannschaft zu wehren. Aber begonnen haben die Schwierigkeiten mit der Lizenzentscheidung der Bundesliga für die nächste Saison. In erster Instanz rasselte der Verein vom Inn durch. Jeder vermutete die Altlasten, die das Vereinsbudget aus den beiden Jahren in der Ersten Liga belasten, als Begründung dafür. Nein – das war es nicht: Unser Team spielte zu erfolgreich. Hört man da falsch? Seit wann sind Siege schlecht?
Naja, prinzipiell nicht, aber sie belasten das Budget so, dass man in der laufenden Saison Probleme bekommt. Und wie viel fehlt in der wackeren Kassa? Ganz unterschiedliche Zahlen werden da von verschiedenen Verantwortlichen genannt und in den Raum gestellt. Der interessierte Fan und das besorgte Vereinsmitglied verbringt leider wieder einmal schlaflose Nächte, denn es ist leider seit 2002 fast jährlich dieselbe Zitterpartie. Schafft man es so wie dieses Jahr sich sportlich souverän in der Liga zu halten, droht es am Budget zu scheitern. Fieberhaftes Arbeiten beginnt und letztlich können die gestrengen Herren der Liga in zweiter Instanz doch überzeugt werden.
Trügerische Ruhe
Geschafft, endlich Ruhe, endlich durchatmen für alle. Aber schon ist der nächste Aufreger gegeben. In einer Zeitung ist zu lesen, ein Vorstandsmitglied schreibt an die übrigen Verantwortlichen einen Brief. Soll vorkommen, wenn auch ein wenig antiquiert. Doch der Inhalt gestaltet sich sehr brisant: Durch Spielerverkäufe soll die leere Vereinskassa gefüllt werden. Das ist doch geradezu eine Aufforderung an die Konkurrenz im schwarz-grünen Kader zu wildern zu beginnen. Wo sind die Rosinen im Spielerkuchen? Da gibt es sicherlich den einen oder anderen, der in dieser Saison mit seinen Leistungen überzeugt hat, allen voran den Kapitän und Nationalteamneuling Pascal Grünwald. Ein Abnehmer scheint schnell gefunden, der Verein aus dem Osten Österreichs, der sich schon im Winter ein großes Wackertalent gekauft hat, hat die Angel ausgeworfen. Ist die Frage, wo die wackere finanzielle Schmerzgrenze liegt? Zu befürchten ist nicht allzu hoch, da jeder weiß, man ist über jeden Cent froh, wenn er auf dem Konto landet.
Dass es sportlich dann wieder etwas düsterer aussieht, ist vielleicht bewusst, aber schließlich müssen endlich die monetären Schwierigkeiten in den Griff bekommen werden. Ist man sich einer möglichen Konsequenz bewusst? Sieht man das Risiko?
Warum ein Konzept?
Doch noch ist es mit dem Briefe schreiben nicht vorbei. Im Vorstand des Vereins macht man sich Gedanken über die Jugendarbeit und deren Weiterentwicklung in der Bundesliga. Eigentlich ist das verantwortungsbewusst, doch dann vernimmt man, dass die sportliche Leitung mit dem Verantwortlichen für die wackeren Talente so ihre Schwierigkeiten hat und umgekehrt. Jemand anderer könnte das vielleicht besser, nein – mehr im Sinne der Bundesliga erledigen oder in Anlehnung an alte Zeiten wäre eine Zusammenarbeit leichter. Also schickt man den nächsten Brief an die nächste Zeitung statt sich vielleicht gemeinsam an einen Tisch zu setzen und miteinander das Beste für den Verein zu erreichen. Dazu muss es aber eine konstruktive Zusammenarbeit aller Trainer geben, persönliche Interessen oder Versprechen um der „guten alten Zeiten“ willen dürfen keinerlei Rolle spielen. Die besten Talente gehören gefördert, gefordert und sollen den Weg in die oberste Spielklasse möglichst bald finden. Dabei darf es keine Rolle spielen, woher ein Spieler stammt oder wer der Vater ist. Da sich der FC Wacker Innsbruck als Ausbildungsverein definiert, eine andere Chance hat er in der derzeitigen Situation gar nicht, müssen auch alle hinter diesem Prinzip stehen.
Immer diese Kritik
So, jetzt werden einige sagen, was die wieder zu meckern hat! Der Einwand ist vielleicht ein wenig berechtigt, aber als treues Vereinsmitglied und Fan mache ich mir halt Sorgen um den Verein, für den ich viel tue. Ich sehe, wie man sich gegenseitig die Schuld für aufgetretene Schwierigkeiten zuschiebt, wie man nicht die eigenen Fehler eingestehen möchte, wie man Verantwortung trotz Ehrenamtlichkeit nicht annimmt, wie man lieber gegeneinander als miteinander agiert. Und da soll ich ruhig bleiben? Tut mir leid, das kann ich nicht, denn ich möchte auch noch in den nächsten Jahrzehnten dem Verein die Treue halten, dem ich das schon seit dem ersten Meistertitel 1971 tue. Ich war in den vielen Jahren nicht so wehleidig, habe alle Höhen und Tiefen mitgemacht und daher bin ich auch so stolz darauf, schwarz-grün zu sein.
Können das ALLE behaupten, die sich in die Dienste des FC Wacker Innsbruck gestellt haben? Versuchen sie die Situation des Vereins zu verbessern? Ihm ein positives und gewinnbringendes Image zu verleihen?
Aufwachen bitte
Diese Zeilen sollen nicht kränken, nein, aber wachrütteln, denn viel Kredit in der Öffentlichkeit haben wir nicht mehr: Dieses kleine Bisschen sollte aber raschest genützt werden, um andere Geldquellen zu erschließen als jährlich die Kassen mit Spielerverkäufen, die wieder an den Rand des sportlichen Absturzes führen, zu füllen.
Als Vereinsmitglied würde ich auch gerne Briefe erhalten, allerdings sollten mich diese über die tatsächliche Situation aufklären. Mir wären Informationen aus erster Hand lieber als Interpretationen durch die Zeitungsreporter.