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Von Dilettanten und Verstörten

Was hat man nicht immer mitgefiebert mit dem Wacker! Nicht nur, dass man pflichtgemäß im Tivoli steht und sich alle emotionalen Hochschaubahnen wie Kantersiege, knappe Nägelbeißerpartien bis hin zum absolut öden Hundskick ins fußballerische Herz hineingezogen hat. Auch möglichst viele Auswärtsfahrten hat man mitgemacht, Familiäres hat man um den schwarzgrünen Spielplan herumdrapiert, ja sogar den Urlaub hat man darauf ausgerichtet!

Viele Jahre lang war es vollkommen egal, ob es regnet, stürmt, saukalt ist oder ob der Fußballgott vielleicht auch wettertechnisch ein Einsehen hat.
Man las jede noch so kleine Zeile über den Wacker in jeglicher Zeitung, im Internet. Man stellte die Ohren auf, wenn jemand das Neueste vom Verein zu berichten wusste. Selbstverständlich waren auch die Vereinsabende Pflichttermine – man musste ja aus erster Hand erfahren, was es denn so Neues gibt in Schwarzgrün, wenn unsere Vereinsoberen oder Mannschaftsmitglieder sich die Ehre gaben.
 
Es ist schon lange nicht mehr leicht als gelernter Schwarzgrüner, die Vergangenheit hat die Nerven des geneigten Fans schon arg strapaziert. Nicht nur durch sportlichen Berg- und Talfahrten, sondern auch durch irritierendes Gebaren der Kommunalpolitiker des Landes, die zwar schwarze und grüne Politik machen wollen, jedoch Schwarzgrün bestenfalls für eigene Zwecke einsetzen und darüber hinaus zu tauben, blinden und stummen Salzsäulen erstarren. Sie mischen sich bei Meister- und sonstigen Feiern dekorativ mit Fanschals und Trikots zwischen die Fans und winken in die Menge, im Ernstfall haben ihre Versprechen genau so viel Qualität wie diejenigen der Handleserin im Vergnügungspark.
 
Sich nur an der Landespolitik abzureagieren wäre jedoch unrichtig. Die Verantwortlichen des Vereins tragen seit jeher kräftig dazu bei, mit zumindest kreativ-eigenwilligen Aktionen das Wacker-Herz in seinen Grundfesten zu erschüttern. Da erinnert man sich mit Schaudern an diverse Figuren, die zwar vollmundig zu plaudern wussten, aber nur dadurch auffielen, indem sie persönliches Engagement und Innovationswillen durch reine Destruktion und aus Angst vor Machtverlust zu verhindern wussten. Sowohl die engagierten als auch die destruktiven Figuren kamen und gingen.
 
Es wäre buchfüllend, alle kuriosen Aktionen der letzten Jahre zu beschreiben. Vor allem wäre es jedoch gesundheitsschädigend, alles, was man mühsam verdrängt hat, wieder hervorzukramen aus den Tiefen der verletzten Wacker-Seele.
Als bezeichnendes Beispiel sehe man sich nur die Außendarstellung des Vereins mit seinen gegenwärtigen Chefs an, die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. Wobei dieser Begriff dort noch gar nicht Einzug gehalten hat. In Abwandlung des berühmten Liedes ist für die Vereinsverantwortlichen und Vorstände der Begriff: „Der Wacker isch lei oans“ offensichtlich völlig ausreichend. Für Fortbildung oder entsprechende Kompetenz in den Büros fehlt ohnehin das Geld!
Bei uns weiß die linke Hand nicht, was die rechte tut. Die Linke kommuniziert Zahlen, die die Rechte dementiert/korrigiert/relativiert. Vereinsinterne „Briefe“ werden an die Presse weitergegeben, der Vorstand „packelt“ offensichtlich mit der  Tageszeitung, die Sportliche Abteilung dafür mit der Krone.  Die Medien reiben sich die Hände ob so viel Dilettantismus. Die Politik nimmt die Mediendarstellung bereitwilligst auf, wer Selbstmord begehen will, den soll man nicht aufhalten! Und als Wacker-Anhänger kriegt man die buchstäbliche Krise, wenn man in Zeiten der Lizenzvergabe eine Zeitung aufschlägt oder sich mit Bauchweh durch das Netz navigiert.
„Natürlich kriegen wir die Lizenz, wir sind doch der Wacker“ – bei so viel fundiertem Wissen und Sachkompetenz geht’s einem ja gleich viel besser!
 
Der Verein ist auf dem Gebiet der Fachkompetenz, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit eine reine Katastrophe und an Unprofessionalität kaum zu übertreffen! Wenn man so weiter macht, dann wird der Verein in aller Ruhe und sehenden Auges an die Wand gefahren. Quo vadis Wacker Innsbruck?????

Wir haben einen Obmann, der ein wirklich feiner Kerl zu sein scheint. Sein Herz schlägt für Wacker und er setzt sich ein. Offensichtlich reicht aber einer alleine nicht aus. Was macht der Rest des Vorstands, was machen die Mitarbeiter?  Ich wünsche mir von ihm und den restlichen Vorständen darüber hinaus, dass die Kapitäne endlich Visionen und Strategien entwickeln, innovative Wege gehen, um das Wacker-Schiff durch stürmische Gewässer steuern zu können, denen wir ja von vornherein schon immer ausgesetzt sind.

Es liegt in deren Verantwortung, für kompetente Mitarbeiter, für professionelles Arbeiten, für entsprechende Rahmenbedingungen und Strukturen zu sorgen! Nur dann gehört das ewige Zittern vor erlösenden Nachrichten aus Wien, dem Landhaus oder sonst woher endlich der Vergangenheit an.

Auch die Vereinsmitglieder müssen sich an der Nase nehmen. Sie segnen mit schöner Regelmäßigkeit das ab, was man ihnen vorsetzt. Es wird zwar heftigst kritisiert und gemeckert. Aber wer tut was dagegen? Offensichtlich Keiner. Warum? Weil es scheinbar keine Alternativen gibt, weil man froh ist, dass wenigstens irgendjemand da ist, weil man Angst um die Zukunft des Vereins hat, weil man selbst auch nicht die entsprechenden Möglichkeiten hat, weil man sowieso ohnmächtig ist, weil man das Werkl nicht wirklich durchschaut, weil eh jeder mit jedem „packelt“, weil, weil, weil.
 
Ich bediene mich der abgewandelten Version eines Politikerzitats und sage: „Meine Damen und Herren, mir reicht’s.“ Mein selbst gewählter Wille zum Masochismus in Sachen Schwarzgrün hat seine Grenze erreicht. Ich habe keine Lust mehr, dem blamablen Treiben zuzuschauen, ich will mich nicht mehr ärgern und für Dilettanten fremdschämen müssen, ich habe genug von den ewig gleichen sinnlosen Diskussionen, die nicht einmal mehr das Murmeltier aus seinem Bau hervorlocken.
 
Ob ich weiterhin ins Stadion gehen werde, wird sich am ersten Spieltag entscheiden. Die Mannschaft hat nach wie vor meine Sympathie, meine Unterstützung, mein Herzblut. Schließlich habe ich sie durch sämtliche Ligen begleitet und werde es wahrscheinlich auch weiterhin tun. Sie haben eine tolle Saison gespielt und sie brauchen jegliche Unterstützung, wenn man wieder einmal einen Leistungsträger unter Wert verscherbelt oder nicht weiß, wie, wann oder ob es überhaupt irgendwie weitergeht mit dem Verein.


Leserbrief von Karin Wieser

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Autor: Redaktion tivoli12

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