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Vorbild Kapitän

 

Nicht immer soll es bei kritischen und analysierenden Worten nur um rein sportliche Belange gehen, denn eines dürfen wir alle nicht vergessen, im Spieler „wohnt“ auch der jeweilige Mensch mit all seinen speziellen Eigenschaften, Stärken und Schwächen. Eben dies ist uns in den letzten Tagen sehr eindrucksvoll und tragisch vor Augen geführt worden.

Dass mit Tomas Abraham zu Saisonbeginn ein ganz anderer Mensch zum Kapitän der schwarz-grünen Mannschaft als der bisherige geworden ist, wird in vielen seiner Aktionen auf dem Spielfeld und im Zusammenspiel mit den Teamkollegen und Fans deutlich. Da gibt es so einige Beobachtungen, die hoffentlich der wackeren sportlichen Führung nicht verborgen geblieben sind und die gefordert ist, den Spieler und Menschen weiterhin im Tivoli zu halten.

Seine Reaktion nach Momo Ildiz Tor zum verdienten 2:0 gegen die Wiener Neustädter, als er dem erfolgreichen Mitspieler die „Füße küsst“, hat nicht zum ersten Mal stattgefunden. Diese Szene erinnert an jene im allerersten Bundesligaspiel seit dem Wiederaufstieg 2010 gegen Rapid. Damals hat Marcel Schreter in der zweiten Hälfte mit seinem zweiten Tor zum zwischenzeitlichen 3:0 getroffen, die Jubelszene mit dem Mitspieler Tomas Abraham ist fast genauso ausgefallen wie jene mit Momo.

Ein Vorbild in Bezug auf Einsatz und Einstellung ist der Tscheche immer, was die 3240 Spielminuten der Vorsaison beweisen. Knapp vor dem Pausenpfiff ließ ein Zusammenstoß eine fast schon unheimliche Serie enden. Seit 49 Spielen und damit seiner Verpflichtung im Sommer 2010 steht der wackere „Mittelfeldstaubsauger“ jede Minute in der Meisterschaft auf dem Feld. An die Outlinie humpelnd, wird er verarztet, quält sich mit dem Pausenpfiff in die Kabine, um in der zweiten Halbzeit, wie von „Wunderhand geheilt“, wieder mit Kampfgeist und Elan zurückzukehren. Letztlich darf er sich über drei Punkte und einen wichtigen Schritt aus der sportlichen Krise freuen.

Was wahrscheinlich vielen verborgen geblieben ist, weil sie zu dieser Zeit die Tribüne schon verlassen haben, finde ich besonders menschlich toll. Die Mannschaftskameraden haben sich nach dem Jubel und den Inaki Bea-Sprechchören in die Kabine begeben, Tomas schlüpft aus seiner Dress, streift die Kapitänsschleife seinem kleinen Sohn über den Arm, geht mit ihm mit den Fans abklatschend die Nordtribüne entlang und am Rückweg übernimmt das die Hand des kleinen Tomas. Der Vater lächelt befreit und erleichtert dazu, als er die Freude seines Sprösslings und der schwarz-grünen Anhänger merkt, und genießt das „Bad in der kleinen Menge“.

Seine gute Beziehung zu Innsbruck zeigt sich auch darin, dass er vor Saisonbeginn seine langjährige Freundin in der Tiroler Landeshauptstadt heiratete. Diesen für ein Paar bzw. eine junge Familie, wie in seinem Fall, besonderen Tag verbrachte er da, wo er einerseits seinen Lebensunterhalt verdient und sich auch andererseits sehr wohl fühlen muss.

Zu hoffen ist, dass ihn das geschwollene Knie nicht daran hindert, am nächsten Wochenende seine 50. Bundesligapartie in Folge in Angriff zu nehmen. Tomas Abraham, der eher ruhige und stille, aber doch so wackere Kapitän – einer von uns!

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Autor: Heidi Roznovsky

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