„Innsbruck ist mit dem Mitgliederverein europaweit sehr gut aufgestellt“
Sozialarbeit mit Fußballfans. Ein für Innsbruck ungemein wichtiges und richtungsweisendes Projekt ging am Ende des letzten Jahres an den Start. Dank Armin Weber nimmt es nun konkrete Formen an. Kurz vor dem Beginn der Frühjahrsmeisterschaft traf sich das tivoli12-Magazin mit dem Sozialarbeiter zum dreiteiligen Gespräch. Im letzten Teil spricht Armin Weber über die Reaktionen anderer Städte auf das Innsbrucker Fanprojekt und seine Eindrücke vom Fankongress 2012 in der Berlin.
Mit diesem Projekt leistet Innsbruck Pionierarbeit in ganz Österreich. Hast Du Kenntnis darüber, wie andere Städte wie Wien, Graz oder Linz darauf reagiert haben?
Reaktionen direkt aus den anderen Städten sind mir keine bekannt. Ich weiß, dass es in Salzburg Bestrebungen gibt, etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen. Bei Austria Salzburg wohlgemerkt – nicht bei Red Bull. Wie da der Stand ist, weiß ich nicht, werde das aber hoffentlich bald erfahren. Ansonsten ist mir keine Rückmeldung aus anderen Städten bekannt. Es bleibt abzuwarten, ob das tatsächlich jetzt schon auf Gehör stößt oder ob wir da noch einiges an Aufbauarbeit leisten müssen.
Du warst vor kurzem auch beim Fankongress 2012 in Berlin anwesend. Wie war Dein Eindruck davon und welche Dinge kannst Du von dort für Deine Tätigkeit vor Ort mitnehmen?
Ich war zunächst schwer beeindruckt von der Organisation. Die Initiative „Pro Fans“, das ist ein Zusammenschluss von aktiven Fans unterschiedlicher Städte in Deutschland, hat das ganze ehrenamtlich wirklich unglaublich professionell organisiert. Sie hat eine Plattform geschaffen für Fans aus ganz Deutschland und die fußballrelevanten Institutionen, um alle Themen besprechen zu können. Der schale Beigeschmack, der von diesem Fankongress bleibt, ist , dass vor allem die Vereine, der DFB und die DFL leider Gottes nicht gut vertreten waren. Es waren zwar Fanbeauftragte und der Sicherheitsbeauftragte vom DFB da, allein die Entscheidungsträger waren nicht vor Ort. Somit war dieser Slogan „Dialog auf Augenhöhe“, den sich der Fankongress gegeben hat, nicht gegeben. Von Fanseite her muss ich sagen war es ein starkes Zeichen nach außen, dass Fans nicht nur „prügelnde Idioten“ sind, sondern auch ihre Themen ernsthaft ansprechen und auch an Lösungen interessiert sind, um ihre Fankulturen auszuleben. Allein die Institutionen scheinen daran nicht besonders viel Interesse gehabt zu haben.
Neben dem Dauerbrenner „Pyrotechnik“, Fan- und Polizeigewalt gab es u. a. auch eine spannende Diskussion zum Thema Partizipation von Fans und den Werten von Vereinen. Wie siehst Du hier den Mitgliederverein FC Wacker Innsbruck aufgestellt und welche identitätsstiftenden Merkmale zeichnen FCW und Nordtribüne aus?
Vorab fand ich die Diskussion sehr interessant. Es hat sich herausgestellt, dass sich bei kleineren Vereinen, wie Union Berlin, die sehr regional verankert sind, die Fans wesentlich mehr Einfluss haben, was ja logisch ist. Sie können dem Verein ihre Werte quasi „aufzwingen“. Der Verein selbst hat ja selten Werte, sondern er bekommt sie erst durch diese aktiven Fans, die sich vom Tribünenzuschauer über das Mitglied zum Funktionär entwickeln. So war es in Innsbruck beispielsweise auch mit Martin Weberberger, der hat genau diese Schritte durchgemacht und somit kann er Werte aus der Fanszene im Verein vermitteln. Gegenbeispiel sind große deutsche Vereine wie Borussia Dortmund, wo das natürlich so nicht funktioniert. Das heißt, dass wir in Innsbruck mit dieser Größe und diesem Mitgliederverein europaweit sehr gut aufgestellt sind. Das ist in etwa vergleichbar mit Union Berlin, auch ein Mitgliederverein und sehr interessant aufgestellt, mit sehr vielen Aktivitäten rund um die Fanszene und zusammen mit der Fanszene. Ich glaube, das zeichnet auch den Wacker Innsbruck aus, dass diese Fannähe einfach gegeben ist und dass die Fans ihre Ansichten des Fußballs und ihre Werte immer wieder einbringen können. Aktuell ist das allerwichtigste, und daran wird ja auch noch gearbeitet, den Namen und die Marke FC Wacker Innsbruck wirklich zu verankern. Und es ist den Fans das allerwichtigste, dass der FC Wacker Innsbruck wirklich unumstößlich ist und dass es darüber keine Diskussionen mehr gibt. Ich glaube, dass ist zunächst einmal der kleinste gemeinsame Nenner. Das funktioniert soweit ganz gut und alles Weitere bleibt abzuwarten. Was mir noch einfällt, ist die Antirassismusarbeit und-maßnahmen, die ja auch in den Statuten verankert sind. Das sind alles Werte, die die Fans in den Verein getragen haben und die dieser auch übernommen hat und lebt. Und das ist für mich ein sehr positives Zeichen. Wenn ich es mit Europa vergleiche, sind wir in Innsbruck mit Sicherheit einer der Vorreiter in dieser Frage der Mitbestimmung und Wertverankerung im Verein.