Regel 6 – Schiedsrichterassistenten
Eines der legendärsten Tore der Fußballgeschichte „erzielte“ am 23. April 1994 Thomas Helmer für den FC Bayern München im Spiel gegen den 1. FC Nürnberg. Nach einem Eckball kommt Helmer an der linken Stange an den Ball, schafft es aber auf unglaubliche Weise nicht ihn über die Torline zu drücken, sondern schiebt ihn um Haaresbreite am Tor vorbei. Zur großen Verwunderung der Spieler und Zuschauer signalisierte Schiedsrichter-Assistent Jörg Jablonski ein reguläres Tor, was Schiedsrichter Osmers dann auch gab. Das „Phantomtor“ war geboren. Das Spiel wurde später wiederholt.
Pflichten u. Aufgaben
Die Schiedsrichterassistenten unterstützen den Schiedsrichter dabei die Partie gemäß Spielregeln zu leiten. Sie unterstützen bei Bedarf und auf Anweisung des Schiedsrichters den Schiedsrichter auch in allen übrigen Belangen und übernehmen die Spielleitung. Die Schiedsrichterassistenten haben u. a.
• das Spielfeld, die eingesetzten Bälle und die Ausrüstung der Spieler zu
Überprüfen,
• zu klären, ob Probleme mit der Ausrüstung behoben oder blutende
Wunden versorgt wurden,
• den Auswechselvorgang zu beaufsichtigen,
• über Zeit, Tore und unsportliches Betragen Buch zu führen,
• wenn der Ball vollständig das Spielfeld verlässt,
• welchem Team ein Eckstoß, Abstoß oder Einwurf zugesprochen wird,
• wenn das Spiel wegen einer Abseitsstellung unterbrochen werden muss,
• wenn eine Auswechslung gewünscht wird,
• wenn es außerhalb des Blickfelds des Schiedsrichters zu einem Vergehen der
einem anderen Vorfall kommt,
• wenn bei einem Vergehen der Schiedsrichterassistent die Situation besser einsehen kann als der Schiedsrichter (u. U. auch bei Vergehen im Strafraum),
• ob sich der Torwart bei einem Strafstoß von der Torlinie wegbewegt, bevor der Ball getreten wird, und ob der Ball die Linie überquert.
Unterstützung
Die Schiedsrichterassistenten helfen dem Schiedsrichter ferner, die Partie in Übereinstimmung mit den Regeln zu leiten. Sie dürfen das Spielfeld betreten, um den Abstand von 9,15 m zu kontrollieren.
Bei ungehöriger Einmischung oder nicht einwandfreiem Betragen enthebt der Schiedsrichter den Schiedsrichterassistenten seines Amtes und erstattet den zuständigen Instanzen Bericht.
Handzeichen
Grundsätzlich gibt der Schiedsrichterassistent keine offensichtlichen Handzeichen. In bestimmten Situationen jedoch kann ein diskretes Handzeichen für den Schiedsrichter sehr hilfreich sein. Handzeichen sollten unmissverständlich und vor dem Spiel abgesprochen worden sein.
Lauftechnik
Grundsätzlich ist der Blick des Schiedsrichterassistenten beim Laufen auf das Spielfeld gerichtet. Für kurze Distanzen bewegt sich der Schiedsrichterassistent seitwärts. Dies ist insbesondere bei der Beurteilung von Abseitsstellungen wichtig, weil der Assistent so einen besseren Blickwinkel hat.
Akustisches Signal
Das akustische Signal ist Zusatzinstrument, und wird nur eingesetzt, wenn die Aufmerksamkeit des Schiedsrichter erlangt werden muss. Das akustische Signal ist in folgenden Fällen hilfreich:
• Abseits
• Fouls (im Rücken des Schiedsrichters)
• Einwurf, Eckstoß oder Abstoß (strittige Entscheidungen)
• Torszenen (strittige Entscheidungen)
Signale des Schiedsrichterassistenten
Wenn der Ball weitab vom Schiedsrichterassistenten die Seitenlinie überquert, jedoch im Spiel zu bleiben scheint oder wenn der Schiedsrichterassistent nicht eindeutig entscheiden kann, hebt er seine Fahne, zeigt dem Schiedsrichter an, dass der Ball aus dem Spiel ist, blickt zum Schiedsrichter und folgt dessen Entscheidung.
Grundposition
Die Schiedsrichterassistenten stehen jeweils auf gleicher Höhe wie der vorletzte Gegner.
Abstoß
1. Die Schiedsrichterassistenten überprüfen zuerst, ob sich der Ball innerhalb des Torraums befindet:
• Wenn der Ball nicht korrekt platziert ist, bleibt der Schiedsrichterassistent am Ort, stellt Blickkontakt mit dem Schiedsrichter her und hebt seine Fahne.
2. Befindet sich der Ball korrekt innerhalb des Torraums, begibt sich der Schiedsrichterassistent auf die Höhe der Strafraumgrenze und prüft, ob der gespielte Ball den Strafraum verlassen hat und sich die Stürmer außerhalb des Strafraums befinden:
• Wenn der vorletzte Gegner den Abstoß ausführt, begibt sich der Schiedsrichterassistent direkt auf die Höhe der Strafraumgrenze.
3. Danach begibt sich der Schiedsrichterassistent auf die Höhe der Abseitslinie, die in jedem Fall Priorität hat.
Freigabe des Balls durch den Torhüter
Die Schiedsrichterassistenten begeben sich auf die Höhe der Strafraumgrenze und prüfen, ob der Torhüter den Ball nicht außerhalb des Strafraums mit der Hand berührt. Nachdem der Torhüter den Ball gespielt hat, begeben sich die Schiedsrichterassistenten auf die Höhe der Abseitslinie, die in jedem Fall Priorität hat.
Eckstoß/Abstoß
Überquert der Ball die Torlinie in der Nähe des Schiedsrichterassistenten, zeigt dieser mit seiner rechten Hand (bessere Sicht) direkt Abstoß oder Eckstoß an.
Überquert der Ball die Torlinie in der Nähe des Schiedsrichterassistenten, scheint aber noch im Spiel zu sein, hebt der Assistent erst seine Fahne, signalisiert dem Schiedsrichter, dass der Ball aus dem Spiel ist, und zeigt danach Abstoß oder Eckstoß an.
Überquert der Ball weitab vom Schiedsrichterassistenten die Torlinie, hebt dieser die Fahne, zeigt dem Schiedsrichter an, dass der Ball aus dem Spiel ist, blickt zum Schiedsrichter und folgt dessen Entscheidung. Der Schiedsrichterassistent kann bei einer offensichtlichen Situation auch ein direktes Zeichen geben.
Freistoß
Bei einem Freistoß steht der Schiedsrichterassistent auf der Höhe des vorletzten Gegners und behält die Abseitslinie im Blick, die in jedem Fall Priorität hat.
Bei einem direkten Torschuss folgt er jedoch dem Ball der Seitenlinie entlang Richtung Eckfahne.
Abseits
Bei einer Abseitsstellung hebt der Schiedsrichterassistent als erstes seine Fahne. Danach zeigt er mit der Fahne an, in welchem Bereich des Spielfelds sich das Vergehen ereignete. Sieht der Schiedsrichter die Fahne nicht sofort, zeigt der Schiedsrichterassistent so lange die Abseitsstellung an, bis der Schiedsrichter das Signal zur Kenntnis genommen hat oder der Ball wieder klar vom verteidigenden Team kontrolliert wird. Der Schiedsrichterassistent hebt die Fahne mit der rechten Hand, damit er einen besseren Blick auf das Spielfeld hat.
„Tor“ oder „kein Tor“
Wenn zweifelsfrei ein Tor erzielt wurde, stellen Schiedsrichter und Schiedsrichterassistent Blickkontakt her. Der Schiedsrichterassistent rennt daraufhin umgehend 25–30 m entlang der Seitenlinie Richtung Mittellinie, ohne die Fahne zu heben. Wenn der Ball die Torlinie nicht vollständig überquert hat und die Partie normal weiterläuft, weil kein Tor erzielt wurde, stellt der Schiedsrichter Blickkontakt mit dem Schiedsrichterassistenten her und gibt bei Bedarf ein diskretes Handzeichen.
Anstoß
Die Schiedsrichterassistenten stehen jeweils auf gleicher Höhe wie der vorletzte Gegner.
Auswechslungen
Der Schiedsrichterassistent wird zuerst vom vierten Offiziellen über eine Auswechslung informiert. Daraufhin gibt der Schiedsrichterassistent dem Schiedsrichter bei der nächsten Spielunterbrechung ein entsprechendes Zeichen. Der Schiedsrichterassistent muss sich nicht zur Mittellinie begeben, da die Auswechslung vom vierten Offiziellen durchgeführt wird. Steht kein vierter Offizieller zur Verfügung, betreut der Schiedsrichterassistent den Auswechselvorgang. In diesem Fall wartet der Schiedsrichter vor Wiederaufnahme des Spiels, bis sich der Schiedsrichterassistent wieder auf seiner Position befindet.
Fouls
Bei Foulspiel oder unsportlichem Betragen in unmittelbarer Nähe des Schiedsrichterassistenten oder im Rücken des Schiedsrichters hebt der Schiedsrichterassistent seine Fahne. In allen anderen Situationen wartet er ab und gibt bei Bedarf seine Einschätzung der Situation ab. Dabei informiert er den Schiedsrichter, was er beobachtet oder gehört hat und welche Spieler beteiligt waren.
Vor dem Anzeigen eines Vergehens stellt der Schiedsrichterassistent fest, ob:
• der Schiedsrichter das Vergehen nicht gesehen hat oder nicht sehen konnte,
weil ihm die Sicht versperrt war,
• der Schiedsrichter nicht auf Vorteil entschieden hätte, wenn er das Vergehen
gesehen hätte.
Bei Foulspiel oder unsportlichem Betragen gelten für den Schiedsrichterassistenten
folgende Richtlinien:
• Der Schiedsrichterassistent hebt seine Fahne mit der gleichen Hand, die
er für das folgende Signal verwendet. Damit zeigt er dem Schiedsrichter
eindeutig an, wer gefoult wurde.
• Der Schiedsrichterassistent blickt zum Schiedsrichter,
• Der Schiedsrichterassistent bewegt die Fahne leicht hin und her (nicht
hastig oder wild fuchtelnd)
• Der Schiedsrichterassistent benutzt bei Bedarf das akustische Signal.
Grundsätzlich wartet der Schiedsrichterassistent jeweils ab, lässt die Partie weiterlaufen und hebt seine Fahne nicht, damit dem Team, gegen das ein Vergehen erfolgte, nicht der Vorteil genommen wird. Der Blickkontakt zum Schiedsrichter ist in dieser Situation besonders wichtig.
Fouls außerhalb des Strafraums
Bei Foulspiel außerhalb des Strafraums (in Strafraumnähe) blickt der Schiedsrichterassistent zum Schiedsrichter, um zu schauen, wo dieser steht und welche Entscheidung er getroffen hat. Der Schiedsrichterassistent steht auf Höhe des Strafraums und hebt wenn nötig seine Fahne.
Bei Gegenstößen liefert der Schiedsrichterassistent so viel Information wie möglich, z. B. ob ein Spieler gefoult wurde, ob das Foul innerhalb oder außerhalb des Strafraums geschah (prioritär zu beurteilen) und welche Strafe ausgesprochen werden soll.
Fouls im Strafraum
Wird ein Spieler im Strafraum gefoult, ohne dass dies vom Schiedsrichter bemerkt wurde, insbesondere in der Nähe des Schiedsrichterassistenten, blickt der Schiedsrichterassistent zuerst zum Schiedsrichter, um zu schauen, wo dieser steht und welche Entscheidung er getroffen hat. Lässt der Schiedsrichter die Partie weiterlaufen, hebt der Schiedsrichterassistent seine Fahne und benutzt das akustische Signal. Danach bewegt er sich deutlich sichtbar der Seitenlinie entlang Richtung Eckfahne.
Tumult
Bei Tumult Szenen betritt der Schiedsrichterassistent, der dem Geschehen näher ist, das Spielfeld und unterstützt den Schiedsrichter. Der zweite Schiedsrichterassistent beobachtet das Geschehen und hält Einzelheiten des Zwischen falls fest.
Absprache
Bei Disziplinarmaßnahmen reichen Blickkontakt und ein einfaches, diskretes Handzeichen des Schiedsrichterassistenten an den Schiedsrichter bisweilen aus. Müssen sich Schiedsrichterassistent und Schiedsrichter besprechen, kann sich der Schiedsrichterassistent 2-3 Meter ins Spielfeld bewegen. Schiedsrichter und Schiedsrichterassistent wenden sich dem Spielfeld zu und achten darauf, dass niemand das Gespräch mithören kann.
Distanz der Mauer
Bei einem Freistoß unmittelbar bei der Seitenlinie in der Nähe des Schiedsrichter-Assistenten darf dieser das Feld betreten und sicherstellen, dass sich die Mauer 9,15 Meter vom Ball entfernt befindet. In diesem Fall wartet der Schiedsrichter vor Wiederaufnahme des Spiels, bis sich der Schiedsrichterassistent wieder auf seiner Position befindet.