Der Ausbildungsverein als Hohlphrase?
Erschreckende Zahlen liefert der dritte Quartalsbericht der Bundesliga nach Runde 27: Der selbst ernannte Ausbildungsverein FC Wacker Innsbruck liegt über die Saison gerechnet auf dem vorletzten Platz des Österreicher Topfs. Einzig und allein die Salzburger Millionärstruppe setzt noch mehr auf ausländische Kicker als der Tiroler Traditionsverein.
Der Österreicher Topf
Seit seiner Einführung 2004/05 belohnt der Österreicher Topf der Bundesliga und des ÖFB Vereine, die konsequent auf den heimischen Nachwuchs setzen. So erhalten Vereine, die durchgehend mindestens zwölf Österreicher am Spielbericht stehen haben, Zusatzeinnahmen. Salzburg verzichtet mit konsequenter Legionärspolitik von vorne herein auf die Aufstellung von zwölf Österreichern und geht entsprechend leer aus. Abhängig von den Einsatzminuten der Österreicher werden über die Saison fünf Millionen Euro auf die zehn Vereine verteilt. Einheimische U-21-Spieler werden zusätzlich forciert, indem ihre Einsatzminuten doppelt für den Österreicher-Topf gewertet werden.
Der aktuelle Zwischenstand
Nach drei Vierteln der Meisterschaft 2011/12 liegt beim Österreicher Topf ganz klar Wiener Neustadt in Front. Die Niederösterreicher setzen mit 95% Österreicheranteil konsequent auf heimische Kräfte. Danach folgen mit Admira, Austria, Rapid drei Wiener Teams sowie Mattersburg jeweils mit Anteilen größer 75%. Sturm Graz, der Kapfenberger SV und Ried folgen im Ranking. Als Schlusslicht der kriterien-erfüllenden Vereine präsentiert sich der FC Wacker Innsbruck mit 64% – nur noch unterboten von Salzburg, das mit 38% Österreicheranteil wegen Nicht-Einhaltung der Kriterien aber ohnehin aus der Wertung fällt. Interessant ist hierbei, dass sich im Österreicher Topf ein klares Ost-West-Gefälle zeigt. Während Vereine aus dem Wiener Umfeld konsequent auf Österreicher setzen, schleichen sich am Weg nach Westen immer mehr Legionäre in die Kaderlisten. An den größeren finanziellen Möglichkeiten im Wiener Raum kann es jedoch kaum liegen: Wiener Neustadt zeigt heuer (gezwungenermaßen) vor, wie auch mit geringen finanziellen Mitteln ein schlagkräftiges Team von Nachwuchshoffnungen aufgebaut werden kann.
Innsbruck unter der Lupe
Wer ist verantwortlich für den hohen Innsbrucker Legionärsanteil von 36%? Lediglich fünf Legionäre kamen heuer in Schwarz-Grün zum Einsatz, sie alle bildeten zuletzt eine tragende Säule am grünen (?) Rasen: Inaki Bea und Martin Svejnoha formierten die unüberwindliche Innenverteidigung, vor der Kapitän Tomas Abraham zusätzlich abräumte. Im Opimalfall kam ein schneller Pass ins Mittelfeld auf Carlos Merino, der Sturmtank Miran Burgic mit Übersicht bediente, was dieser prompt zu einem Treffer nützte. Was lernen wir aus dieser Träumerei: Alle Schlüsselpositionen am Feld sind beim FC Wacker Innsbruck mit ausländischen Kräften besetzt, die entsprechend zumeist über 90 Minuten im Einsatz sind. Dass bei einem derartigen Szenario das Nachrücken für den eigenen Nachwuchs schwierig ist, ist offensichtlich.
Marco Kofler ist wohl das beste Beispiel für den Status des Innsbrucker Ausbildungsvereins: Der mittlerweile 22-jährige Innenverteidiger steht seit 2009 im Kader der Kampfmannschaft des FC Wacker Innsbruck. Gleich lang wartet das kopfballstarke Talent auf einen Fixplatz in der Startelf. Dass er zuletzt auf die rechte Außenbahn ausweichen musste, um zu Einsatzminuten zu kommen, unterstreicht die Problematik der fix vergebenen Zentralpositionen. Bleibt zu hoffen, dass Sascha Wörgetter ein analoges Schicksal beim FC Wacker Innsbruck erspart bleibt und der Weg für junge Talente zukünftig einfacher wird. Ein Blick auf die heurigen Leistungen des FC Wacker Innsbruck II in der Regionalliga West zeigt ganz klar: Potential im eigenen Nachwuchs wäre genug vorhanden. Und wer bei den Spielen um die goldene Ananas im letzten Meisterschaftsviertel weiter auf ausländische Kräfte setzt, vergibt eine entsprechend große Chance.