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Die Wahrheit. Und nichts als die Wahrheit.

„Es gibt nicht viel auf dieser Welt, woran man sich halten kann…“ Die Toten Hosen wissen, wovon sie sprechen. Aber eine Konstante gibt es selbst in der so verrückten Welt des Fußballs: Die Tatsachenentscheidungen des Schiedsrichters. Sie sind unabänderlich, stehen wie ein Fels in der Brandung, und niemand kann sie… Moment, das stimmt jetzt nicht. Da gibt es ein paar Jungs und Mädels im Netz, die haben Probleme mit den festen Zahlen, mit Tatsachen, und vor allem mit Tatsachenentscheidungen. Erdreisten die sich doch Woche für Woche, jedes einzelne Spielergebnis der österreichischen Bundesliga anzuzweifeln. Nein, nicht nur das, sondern sogar zu ändern! Und dann glauben sie von sich, sie hätten die Wahrheit gepachtet, nennen sich selbst „Wahre Tabelle“. Was sagt man dazu! Tja, was sagt man dazu? Ich meine: gut gemacht, weiter so, und her mit eurem Zahlenmaterial. Zerpflücken wir es wie eine Horde hungriger Kinder das Erdbeerland, sezieren wir es wie ein Schüler den Frosch im Bio-Saal, zerlegen wir es wie einst der FC Wacker Innsbruck die Austria aus Salzburg im Frühjahr 1982.

 

Wacker Innsbruck spielt international. Fix. Eigentlich.
 
Der FC Wacker Innsbruck steht derzeit auf Rang 7, hat 43 Punkte und somit einen Rückstand auf den Dritten, Austria Wien, von 2 Punkten. So will es uns jedenfalls die Bundesliga weismachen. Aber irren ist menschlich, und nichts anderes sind unsere Herren in Schwarz. So wie Fußballgott Messi einen entscheidenden Elfmeter an die Querlatte hämmert, so sind auch sie nicht davor gefeit, im falschen Moment die Fahne zum Abseits zu heben oder einen fälligen Strafstoß zu übersehen. Und solche Fehlentscheidungen hat unser FC Wacker Innsbruck in dieser Saison des Öfteren erlitten: Marco Köflers aberkanntes Tor beim 2:2 gegen die Admira, das nicht geahndete Foul im Strafraum an Marco Kofler beim 1:1 gegen Mattersburg, Christopher Wernitznigs angebliches Abseitstor bei der 1:0-Niederlage gegen die SV Ried… In insgesamt 10 spielentscheidenden Szenen wurden unsere Schwarz-Grünen vom Team der Unparteiischen benachteiligt, meinen zumindest die User der Wahren Tabelle. Und sie gehen dabei zumeist konform mit den Damen und Herren der Medien. Diese fünf verweigerten Elfmeter, zwei zu Unrecht gegebenen Treffer der gegnerischen Mannschaft, zwei aberkannten Abseitstore und der eine trotz Abseits gegebene Treffer kosteten den Herren vom Inn insgesamt 9 Punkte. Aber Fehler passieren ja nicht nur zu Ungunsten einer Mannschaft, und so hatte der FC Wacker Innsbruck und mit ihm je zweimal Tomas Abraham (vs. FAK, Ried) und Dario Dakovic (vs. Sturm, RBS) sowie einmal Inaki Bea (vs. RBS) Glück im eigenen Strafraum. Inklusive des Wernitznig-Abseits vor dem Tor von Julius Perstaller gegen die Admira kommen die Jungs vom Tivoli somit auf 5 zu Unrecht zuerkannte Punkte. 
Und das heißt, günstige Cupergebnisse vorausgesetzt – Europa, wir kämen! Gut, der Konjunktiv verrät es, es ist nur ein Gedankenspiel, aber dennoch: Bereinigt von Fehlentscheidungen des Schiedsrichterteams läge der FC Wacker Innsbruck derzeit auf Rang 4 der Tabelle, mit einem Polster von 5 Punkten auf den Fünften Admira und läppischen 3 Punkten Rückstand auf die drittplatzierte Austria. Und selbst auf Tabellenführer – festhalten, bitte – Sturm Graz betrüge der Abstand nur 7 Punkte. Allerdings, wie gesagt, hier herrscht der Konjunktiv…
 
Eine unbequeme Wahrheit
 
Und weil wir schon so schön drin sind in den Zahlenspielereien, werfen wir noch ein paar weitere in die Runde. Sepp Herberger meinte, ein Spiel dauert 90 Minuten. Schade eigentlich. Würde man bloß 89 Minuten spielen, der FCW würde vom dritten Tabellenplatz strahlen, nach 88 Minuten wäre es gar Rang 2, nach 85 Minuten läge man nur einen klitzekleinen Zähler hinter dem Tabellenführer. Es hat also durchaus seine Berechtigung, wenn so manche Damen und Herren Zuschauer in den letzten Minuten des Spieles das Weite suchen und sich zu ihrem Auto begeben. Für sie spielt der FCW immer noch um den Meistertitel mit. Allerdings müsste man ihnen empfehlen, in Minute 82 das Tivoli zu verlassen – denn bis zu dieser Minute liegt unser FC Wacker Innsbruck auf Rang 1… Noch besser wäre allerdings, bereits in der Pause eine Kehrtwendung zu vollziehen und die zweite Halbzeit vielleicht im Wackerzelt zu verbringen, denn nach den ersten 45 Minuten liegt Schwarz-Grün satte 4 Punkte vor den zweitplatzierten Salzburgern. 
Dieses Bild ändert sich im zweiten Durchgang, der für Innsbruck die Tabelle auf den Kopf stellt und sie auf Rang 9 stößt. Und dass die letzte Viertelstunde nicht den Namen unseres Vereins trägt, ist auch vollkommen in Ordnung, denn ab Minute 75 sind die Ballesterer vom Sillufer ein Abstiegskandidat, nur 2 Punkte trennen den FCW von der roten Laterne. So nahe sind also Glück und Verderben im Fußball.
 
Tränen lügen nicht – Zahlen auch nicht
 
Aber wir müssen jetzt keine Tränen vergießen, halten wir uns einfach an der Gegenwart fest. Und diese schaut ja ganz gut aus, ist doch der FC Wacker Innsbruck seit der Winterpause ein fleißiger Punktesammler und liegt in der Frühjahrstabelle auf Platz zwei. Und auf diesem Rang befinden sich die 11 Engel für Walter auch in der Kartentabelle (61 Gelbe, 2 Gelb-Rote und nur eine Rote), nur die SV Ried geht noch zuvorkommender mit ihren Gegnern um. Herr Schäfer-Elmayer hätte seine reinste Freude mit unseren kniggeaffinen Kickern.
Wobei, Tränen fließen doch manchmal: 106mal brachte die wackere Defensivabteilung unsere Gegner zum Weinen, denn so oft wurden deren Angreifer ins Abseits geschickt, und mit diesem Wert rangiert der FC Wacker Innsbruck auf Position – richtig, 2. Auf der anderen Seite musste die hauseigene Offensivabteilung nicht oft Tränen ob eines Offside vergießen, standen sie doch bisher mit nur 57mal am allerwenigsten aller Mannschaften der Bundesliga falsch. Gut, böse Zungen würden nun behaupten, wer nicht vorne ist, kann auch nicht vorne stehen – aber das sind, wie gesagt, böse Zungen.
 
Ach, es gäbe für die Zahlenmystiker unter uns noch so viele Ranglisten zu präsentieren, so viele Statistiken zu interpretieren. Und so vieles würde für einen erfolgreichen Saisonabschluss des FC Wacker Innsbruck sprechen, wenn man es nur richtig dreht und wendet. Also immer brav an den Strohhalm klammern. Denn manchmal bringt dieser Strohhalm genau das, was man sich ersehnt…
 
zur „Wahren Tabelle“
 
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Autor: Stefan Weis

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