Gerald Schwaninger: “ Ehrlichkeit, Transparenz und ein gewisses Vertrauen“
Im zweiten Teil des ausführlichen Gespräches des tivoli12 magazins mit dem Geschäftsführer des FC Wacker Innsbruck geht dieser auf die Situation und Problematik der Auswärtsfans ein. Er setzt sich mit der früheren und heutigen, veränderten Situation auseinander, geht auf die Fanarbeit des Vereins ein, übt am Verhalten weniger Kritik, zeigt Verständnis für die anderen und verurteilt die mutwilligen Sachbeschädigungen.
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Kommen wir zu einem anderen Thema. Stichwort Fans. In Österreich zeigt sich, dass Auswärtsfahrer gar nicht mehr gerne gesehen sind und zwar nicht bei den diversen Vereinen, sondern der betreuenden Polizei.
Wer mich kennt, weiß, dass ich mehr als eine Halbzeit in unserem Sektor verbringe und so bei den diversen Entwicklungen erste Reihe fußfrei verbringen darf, was absolut gegen meine Einstellung und gegen die Politik des FC Wacker Innsbruck ist. Das weiß auch die Liga und Lukas Schweinberger ist auch in ein Gremium gewählt worden, weil wir am Tivoli andere Wege gehen und dementsprechend wenige Probleme haben. Es scheint, dass in manchen Bundesländern eine gewisse Kontrollfraktion die Oberhand gewinnt und in Fußballfans ein generell hohes Gefahrenpotential sieht. Nichts desto trotz gibt es leider immer wieder Anlässe, die das für die Polizei leicht rechtfertigen lassen. Ich möchte da ein wenig weiter zurückgehen: 2005, 2006 – als wir begonnen haben, die Arbeit zwischen Verein und Fans näher zu verkuppeln, das war auch der Beginn meiner Tätigkeit, was wir da in der Kurve hatten, waren ganz klare Ansprechpartner. Wir hatten starke Figuren in der Kurve, wir konnten uns absprechen, was passiert – wie gehen wir mit gewissen Situationen um. Wir haben gewusst, wenn man eine gewisse Abmachung trifft, kann man sich gegenseitig darauf verlassen. Diese charakterlich starken Köpfe sind uns in den letzten ein, zwei Jahren etwas abhanden gekommen. Das führt leichter dazu, dass eine Kurve unorganisierter auftritt und leichter irgendeine Blödheit macht, die für die Polizei anscheinend genügt, solche Willkürakte zu setzen. Ich denke da zum Beispiel an das Salzburg-Spiel, wo die Busse irgendwohin gebracht wurden oder an den Saisonauftakt 2013 bei Rapid, da geht das weit am Fußballfansein vorbei und entspricht überhaupt nicht unserer Kultur. Fakt ist aber auch, dass wir derzeit mit den Gegebenheiten umgehen müssen. Ich kann nur unsere Fans bitten, dass wir gemeinsam gewisse Dinge wieder entwickeln, eine Breitschaft an den Tag legen, eine gewisse Freiheit für uns zu erarbeiten. Mit Erkämpfen werden wir es nicht schaffen, denn die Exekutive wird sehr stark eingreifen, was sie in Deutschland und auch bei uns schon gezeigt hat. Es bringt nichts, wenn wir viele Menschen durch Stadionverbote verlieren, die billig verhängt, gar nicht gerechtfertigt sind und doch durchgesetzt werden. Das schadet den Fans, dem Verein und kostet viel Geld. Daher wird es viele Gespräche geben müssen. Wir fangen wieder bei Null, vielleicht sogar dahinter an, um diesen neuen Entwicklungen der Exekutive entgegenwirken zu können.
Mit der Fanarbeit Innsbruck ist derzeit ein Projekt am Laufen, das zurzeit in Österreich noch einzigartig ist und genau darauf abzielt. Welche Erfahrungen hat man damit gemacht?
Sehr, sehr positive; es ist ein riesiger Gewinn für den Verein, jemanden zu haben, der sich um die persönlichen Anliegen der Fans kümmert. Da geht es um Personen, die in Not geraten sind, auch in privater Natur, dass man mit Gesprächen und Zeit ihnen das Gefühl gibt, da ist jemand da, der ihnen hilft, der sie versteht. Jemand, der sie vorbereitet, was es heißt Fan zu sein, welche Rechte und welche Pflichten habe ich. Das ist eine riesige Hilfe für den Verein, die wir aus dem laufenden Betrieb kaum abwickeln können. Wir engagieren uns selbst als Fan, weil das auch unsere Herkunft und unsere Leidenschaft ist. Um das aber professionell betreuen zu können, braucht es Ressourcen, die wir nicht haben. Dazu haben wir Armin Weber, der das sehr ernst nimmt, der sich einliest und sehr engagiert. Gerade bei Auswärtsspielen, wo wir kleiner strukturiert sind, haben wir die Möglichkeit mit ihm optimal zu arbeiten.
Das ist der eine Teil des Ganzen, der andere ist der Fanbeauftragte. Ich weiß, dass Lukas Schweinberger bei den meisten Auswärtsspielen als Sicherheitschef dabei ist. Wie spielt sich das ein?
Grundsätzlich hat sich das bei uns so entwickelt, dass ich seit meinen Anfangsjahren gerne dabei bin. Ich stehe gerne in der Kurve und habe sehr viele nette Menschen kennen gelernt, das ist so mit mir und vielen anderen gewachsen. Wir haben da eine eigene Arbeit entwickelt, nur irgendwann habe ich gemerkt, mir geht da so viel Zeit verloren, deshalb haben wir mit der Kurve entschieden, wir wollen das mit Lukas in diesem Sinne weiter arbeiten. Er hat das übernommen als Sicherheitsbeauftragter. Ich sage, es gibt immer zwei Begriffe – der Sicherheits- und der Fanbeauftragte. Der Sicherheitsbeauftragte zeigt sich für die Stadionsicherheit verantwortlich. Im Endeffekt sind die zwei Positionen sehr ähnlich. Aus meiner Sicht würde es einen Sicherheitsverantwortlichen gar nicht brauchen, weil das der Veranstalter zu tragen hat. Brauchen tut man einen Fanbeauftragten, der sich um die Fan und deren Anliegen kümmert. Da kümmere ich mich darum und opfere meine Zeit, obwohl ich nicht offiziell „auf dem Briefpapier“ stehe und das ist Lukas. Mehr Leute haben wir derzeit nicht. Aber das passt insofern gut, weil wir doch einiges Know-how aus der Liga einbringen, das anderen vielleicht fehlt. Von Seiten der Fans bekommen wir sehr, sehr viel zurück, wir stimmen das mit den Fanklubs und dem einen oder anderen Menschen, die Anliegen haben, ab. Daher sind wir auf einem Status, der okay ist, aber lange noch nicht perfekt. Ich wünschte mir, viel, viel mehr Möglichkeiten von dieser Seite aktiv zu arbeiten, weil es auch für den Verein ein großer Gewinn wäre. Auch wäre es für die Fans toll noch aktiver mit beim Verein dabei zu sein. Aber das ist eine Entwicklungsgeschichte, die wir uns erst erarbeiten müssen.
Man merkt, der FC Wacker Innsbruck engagiert sich in diesen Bereichen sehr. Trotzdem fühlt sich der Auswärtsfahrer in manchen Situationen allein gelassen, weil es nach außen hin vom Verein nie Stellungnahmen zu Sachen, wie zum Beispiel zu den Vorfällen bei Rapid, gibt.
Man verzichtet nicht darauf. Eines ist klar, wenn wir von Seiten des FC Wacker Innsbruck dazu berichten, dann berichten wir die Wahrheit. Und wie wir zuerst schon gesagt haben, gibt es derzeit einige „lustige Leute“ im erweiterten Fankreis, die mit einigen tollen überschaubaren Aktionen, eine vernünftige Aufarbeitung der Geschehnisse verhindern. Ich möchte die Sachen, die passiert sind, hier jetzt nicht erwähnen. Die Leute wissen das. Es ist aber dann sehr, sehr schwer, in diesem Kontext einen Schuldigen auszumachen. Wenn wir eine Teilschuld haben, müssen wir zu dieser Teilschuld stehen. Und der FC Wacker Innsbruck wird leider nicht zu Unrecht zu so vielen Geldstrafen verurteilt, weil Dummheiten passieren. Dann tue ich mir schwer, eine Pauschalverurteilung einer Polizeiaktion darzustellen, wenn sie nicht haltbar ist und das werden wir auch nicht tun. Solange wir es nicht schaffen, in einem gemeinsam definierten Rahmen zusammenzuarbeiten, werden uns solche Dinge nicht gelingen. Ansonsten wird es so sein, wie es früher war, so in den 90ern – da war das komplett autonom – das wünsche ich mir bei weitem nicht. Aber es ist momentan eine Zeit, man sieht es auch in der Kurve, die doch einen gewissen Umbruch gebracht hat und das gehört unbedingt wieder auf einen Tisch zusammengeführt. Wo man sagt, wie schaut das bei euch aus, wie schaut es beim Verein aus – wie kann man eine Struktur schaffen, die eine gewisse Ehrlichkeit, eine gewisse Transparenz und ein gewisses Vertrauen wieder ermöglicht. Denn davon sind wir derzeit ein Stück weg, so wie es vor drei oder vier Jahren war, und daher können wir das derzeit nicht machen. Wenn ich denke, wie das beim Rapid-Heimspiel war, wo Leute hinunterlaufen – das ist passiert – und da bekommen wir auch von den Fans nicht eine große Entschuldigung. Das muss man auch einmal klar sagen. Da ist dann alles gut, alles lustig und die Geldstrafe zahlt dann ohnehin der Verein – das ist die Umkehrseite. Also wenn man vom FC Wacker Innsbruck erwartet, dass er eine klare Stellung bei Verfehlungen von Dritten bezieht, dann muss man auch gewährleisten können, dass die, die dem FC Wacker Innsbruck zugehörig sind, ein gewisses Regelwerk einhalten können. Und das können wir derzeit nicht. Ich würde mir nichts anderes wünschen, als zu sagen, wir haben innerhalb der Regeln gespielt und andere haben das missbraucht. Aber es ist leider derzeit nicht so.
Im dritten und letzten Teil des Interviews widmet sich GF Gerald Schawaninger dem Ausblick auf das 100-Jahre-Jubiläum.