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Wer mit dem Feuer spielt

 

Als am 27. Mai 2000 Schiedsrichter Schüttengruber die Bundesligapartie zwischen dem FC Tirol Innsbruck und Austria Wien abpfiff, stand der achte Meistertitel der Innsbrucker fest. Um etwa 18.50 Uhr stand der Tivoli Kopf. Etwa drei Stunden später wurde es im kühlen Wind an diesem „unvergesslichen“ Abend im Wonnemonat Mai in der Innsbrucker Innenstadt siedend heiß. Bengalische Feuer ohne Ende, röhrender Sound von DC Ötzi und weit über 30 000 fußballverrückte Anhänger des vermeintlichen Traditionsvereins sorgten für eine Stimmung, welche man sonst nur aus den südlicheren Gefilden kannte. tivoli12 dazu: Meister ohne Zaster

Ein Pyrrhussieg?

Nur die wenigsten der Feiernden wussten, was sich wirklich hinter den Kulissen des FCT abspielte. Wir haben ja berichtet, dass die Ausgaben bei Heimspielen fast bei jedem Spiel die Einnahmen übertroffen hatten und das Schiff vom Tivoli schon 1999 gefährliche Schieflage hatte. Aber statt die Notbremse zu ziehen, verblendete der achte Meistertitel am Tivoli alle Verantwortlichen derart, dass sie nach dem Titel sogar noch groß investierten. Eigentlich grob fahrlässig und nicht zu verantworten. Aber war es wirklich ein Verbrechen?

Wir erinnern uns – die Neunziger, eine große Suche nach der Akzeptanz der Tiroler für einen Klub der nicht wusste, wer er im Endeffekt war. Eine Suche nach der Identität: auf tivoli12 nachzulesen: http://www.tivoli12.at/geschichtedes-fc-wacker-innsbruck.html
Akzeptiert und gestürmt, nur wenn es sportlich gelaufen ist, verlassen und geächtet, wenn dieser „Erfolg“ ausblieb. Die „Sünden“ der Vergangenheit rächten sich und wurden zum Fluch.

Und nun war dieser Titel mit großem Können, Qualität und letztendlich mit der Euphorie des Publikums eingefahren. Und nun sollte/musste in Aussicht auf glorreichen Champions-League – Zeiten ein Schnitt her. Sehr schwierig, die Fans und die Medien hätten Martin Kerscher (im Bild links) und Co nicht verziehen. Und die hohe Politik ließ sich ja auch nur bei Feiern sehen. Eine Absolution für Kerscher Hochstaffel (im Bild rechts) und Konsorten? – NEIN, natürlich nicht! Denn ein Präsident mit Weitblick hätte anders handeln müssen und nicht die Dollarzeichen der Champions-League im Auge haben. Der Meistertitel also ein Fluch?

Dass es jetzt so läuft – kommt zu früh

Nach dem ersten Meisterschaftsdrittel 1999/00 lag der FCT unangefochten an der Spitze. Selbst Präsident Martin Kerscher hatte das nicht so erwartet. Seiner Meinung nach, komme dieser Höhenflug sogar zu früh.
Das wäre aber nie soweit gekommen, hätte nicht Austria Wien Mäzen Frank Stronach 25 Millionen Schilling (zusätzlich zu den vertraglich gesicherten Fernsehmillionen) in den Verein gebuttert. Der „Kanada-Frank“ meinte, ohne seine Zuschüsse wäre der FC Tirol längst pleite. Kerscher bestritt das und zog Vergleiche mit dem LASK. Wie treffend, die standen ja auch kurz vor ihrer Pleite, aber Martin meinte das „Sportliche“ – ohne Franks Millionen. Verträge mit dem Austro-Kanadier gab es keine und die Handschlagqualität sah dann so aus, dass Stronach plötzlich an Transfererlösen beteilig war. Kerscher wollte am liebsten Frank dessen Geld zurück geben und eine Kapitalgesellschaft gründen. Dann hätte der Verein ihm gehört.
Die Champions-League sah Kerscher wie Weihnachten und Ostern zusammen. Ein Indiz der Verblendung, welche seinesgleichen sucht.
Es wurde auch gemunkelt, dass die Politik beim Finanzamt wegen der Millionenschulden des Klubs interveniert habe. Was doch so ein Höhenflug nicht alles kann?

Fortsetzung folgt

Noch dazu musste der Klub bei der Vertragsverlängerung von „Radogoal“ Gilewicz (im Bild mitte) ordentlich in die Vereinskasse greifen. Hingegen wurden die Spieler, laut Jahre späteren Medienberichten, bei der „Krankenkasse“ als Arbeiter gemeldet, was für jene eine Lohnfortzahlung bedeutete, für den Klub aber eine finanzielle Entlastung war und der Krankenkasse eine Stange Geld kostete. Dafür blieben Kerscher und Co die Beiträge für die TGKK schuldig. Wie man heute weiß, ging es auch in der Buchhaltung des FCT drunter und drüber. In der Geschäftsstelle des FC Tirol herrschte ein munteres Kommen und Gehen. Personalrochade Marke FC Tirol. Wie gesagt, das spielte sich nicht kurz vor dem Crash des FCT ab, sondern im Herbst 1999. Den Verlauf der Meisterschaft wissen wir. Jetzt darf sich jeder einen Reim darauf machen, was zu tun gewesen wäre. Denn die Fortsetzung dieses Desaster folgte am Fuß.

Investitionen statt Sparstift

Europa rief und wurde in Innsbruck erhört. Der Meister ohne „Zasta“ rüstete munter auf. „Kult Kurt“ forderte und bekam, was er wollte. Mit Michael Streiter und Jerzy Brzececzek kamen zwei alte Bekannte auf das Tivoli zurück, dazu noch Jürgen Panis vom LASK. Der Kader war viel zu überteuert für Tiroler Verhältnisse, da ja auch einige Verträge auf Grund des Meistertitels aufgebessert wurden. Außerdem leistete man sich im Herbst gleich vier(!) ausgezeichnete Torhüter.Gebelendet von der vagen Möglichkeit in der Championsleague Millionen einzunehmen, steuerte man sehenden Auges in die Untergang. Unverständlich, unverzeihlich und ein Verbrechen an dem Tiroler Fußball samt seiner großen Tradition. Im Nachhinein ist man immer klüger… Aber auch das ist ein Teil unserer Geschichte, aus dem man lernen sollte.

 

 

 

 

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Autor: Rudolf Tilg

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