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Die gute alte Zeit und das Dorf Wals-Siezenheim

Das Spiel gegen den Tabellenführer ist Vergangenheit, das gegen seinen ersten Verfolger die Zukunft. Im ORF-Livespiel der 16. Runde empfängt der FC Red Bull Salzburg unseren FC Wacker Innsbruck. Von den Medien gerne als Westderby tituliert, von vielen Fans als Höhepunkt von Kommerz-vs-Tradition betrachtet, erhalten die Schwarz-Grünen am Sonntag die nächste Chance, sich gegen ein Top-Team der Bundesliga zu behaupten.

Die gute alte Zeit

Die gute alte Zeit, da war die Welt einfach noch in Ordnung. Es gab das echte Westderby, in dem war Spannung und Kampf. In der Liga duellierte man sich mit großen Namen. Und heute? Eine einzige Dorfplatztournee. Nicht selten hört man diese Klagen an heimischen Stammtischen, auf österreichischen Fußballplätzen, begleitet von einem tiefen Seufzen und einem großen Schluck aus dem schaumbekrönten Glas. Lassen wir mal außer Acht, dass wir in den 127 Aufeinandertreffen mit den Salzburgern auch furchtbare Spiele mit noch schrecklicherer Kulisse erlebt haben, etwa vor 1200 letzten Treuen im November 1998. Übersehen wir, dass die großen Namen der Gegner Donawitz und Krems, Eisenstadt und Radenthein nicht gerade vor Urbanität sprühten und auch Simmering mit seinem Charme nur wenige Tiroler Stubenhocker auf das Tivoli lockte. Schauen wir in die Zukunft, da erwartet uns nämlich – Österreichs größtes Dorf.

Alles groß im Dorf

Also doch eine Dorfplatztournee. Wals-Siezenheim, gemütlich am Fuße des Untersbergs gelegen, ist mit 12.236 Einwohnern das größte Dorf der Republik. Und oftmals hört man, es besitzt auch die größte Bauerndisko: die bunt beleuchtete Red-Bull-Arena, das größte Stadion eines Bundesligisten. Der Krösus der Liga hat seine Heimat vor den Toren der Stadt Salzburg gefunden, an jenem Ort, an dem nicht wenige Tiroler auch schon ihren Dienst verrichteten. Und damit ist jetzt nicht etwa Roland Kirchler gemeint, der für Austria und Red Bull in dieser Arena kickte, sondern all jene, die in der Schwarzenberg-Kaserne ihren Dienst verrichteten, als Funktionssoldat oder auch als Kanonier. Kanoniere kann auch RBS aufweisen, trafen sie doch mit 36 Toren in den ersten 15 Runden am häufigsten in das Gehäuse des Gegners. Nur eine Mannschaft hat in den letzten 10 Jahren mehr Treffer in diesem Zeitraum erzielt – richtig, Salzburg selbst, in der Saison 08/09. Mit Jonathan Soriano hat der Konzernclub den derzeit zweiterfolgreichsten Torschützen in seinen Reihen, mit Valon Berisha den besten Vorbereiter, der nebenbei auch selbst schon viermal gescort hat. Neun verschiedene Torschützen und vierzehn verschiedene Vorbereiter stehen im Kader, Wacker kann sich auf einen Sturmlauf gefasst machen.

Junges Gemüse

Die Genussregion Österreich kennt die Herkunftsbezeichnung Walser Gemüse. Allzu viel junges Gemüse aus heimischem Anbau ist bisher ja noch nicht in die Kampfmannschaft der Salzburger vorgerückt, sind sie ja doch eher dafür bekannt, die österreichische Jugend anzuwerben. Dennoch ist der Altersschnitt mit etwa 24,5 Jahren in den letzten Runden deutlich unter dem des FC Wacker Innsbruck (28,5). Nachwuchs muss man aber nicht nur für den sportlichen Bereich züchten, auch das Stadion selbst scheint oft verwaist. Kein Wunder, verlieren sich doch die oftmals deutlich zu hoch angegebenen Zuschauer leicht im 30.000 Personen fassenden Areal, das selbst beim Spitzenspiel gegen Rapid Wien nur zur Hälfte gefüllt werden kann und bei Spielen wie gegen Mattersburg nur rund 4000 Besucher anlockt. Ob deshalb die Bullenarena in Sichtweite der Rinderbesamungsanstalt Kleßheim errichtet worden ist, bleibt bisher nicht mehr als eine Theorie.

Ausflug ins Dorf

Nicht nur theoretisch, sondern praktisch machbar müsste es sein, die Salzburger stimmlich aus dem Stadion zu treiben. Dafür bedarf es aber jeder Unterstützung vor Ort, ob – der Umwelt zuliebe – per Zug, mit dem Auto oder auch mit dem Wackerma(n)dl-Bus des FC Wacker Innsbruck. Und wer weiß, vielleicht kann ja die Überraschung geschafft und den Rot-Weißen im Ringerdorf Wals-Siezenheim eine Beinschraube eingesetzt und ein Punkt abgerungen werden. Dann ist, zur Feier des Tages, auch ein Bierchen aus der nahe gelegenen Stiegl-Brauerei erlaubt…

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Autor: Stefan Weis

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