Die Tirol-Seuche
„Nichts ist mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist“. Dieses Zitat von Victor Hugo wird wohl Neo-Landesrat Thomas Pupp im Hinterkopf gehabt haben, als er in der vergangenen Woche im Rahmen eines Forums seine Visionen für den Tiroler Sport präsentiere. Nach dem, was der interessierte Zuschauer dort an Inhalten hören durfte, kommt mir nur mehr der folgende gut gemeinte Ratschlag des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt in den Sinn: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, nicht in die Politik“.
Das Landhaus befiehlt…
Was gab der SPÖ-Quereinsteiger nun aber von sich, was manchem Funktionär die Schamesröte ins Gesicht steigen lassen sollte? Alle Vereine, die dem Tiroler Spitzensport nur annähernd zuzurechnen sind, egal ob im Fußball, Eishockey, Handball, Football oder Volleyball sind betroffen. Dazu gesellen sich noch einige namhafte Einzelsportler. Wer konkret gemeint ist? Nichts Genaues weiß man nicht. Eines dafür umso besser. Sie alle sollen sich nach dem Willen von Pupp zusammenschließen und unter der gemeinsamen Dachmarke eines „SC Tirol“ neu an den Start gehen.
Nun geht es ja nicht darum, dass dem Autor das Land Tirol zuwider ist.Nur was verspricht sich die Politik von einer staatlich verordneten Zwangsfusion? Dieser Zusammenschluss soll überregionale Sponsoren dazu bewegen in den Tiroler Sport zu investieren. Ein gemeinsamer Sponsorenpool also von dem die einzelnen, sozusagen, Sektionen profitieren sollen. Keine neue Idee, sondern eine, die vor über zehn Jahren schon einmal zu Grabe getragen wurde, als von politischer Seite versucht wurde aus dem Tiroler Traditionsverein einen Großklub mit Untersektionen für Eishockey etc. zu machen. Schon damals gelang es nicht die erhofften Sponsoren zu lukrieren…
Verlockend bleibt aber offenbar der Gedanke ein künstlich und hauptsächlich aus Marketinggründen geschaffenes Gebilde, das mit Hilfe eines politisch gesteuerten Verteilungsschlüssels ein ideales Druckmittel für nicht kooperationswillige „Sektionen“ an die Hand zu bekommen. Besonders von einem Vertreter einer zumindest ansatzweise liberalen Partei sollte man erwarten, dass er die Vielfalt und Diversität des Tiroler Sports fördert und die Vereine in ihrer Individualität stärkt. Genau das Gegenteil ist der Fall.
Ungewollte Ehrlichkeit
Einmal mehr werden nicht die tatsächlichen Probleme angesprochen, mit denen auch der FC Wacker Innsbruck täglich zu kämpfen hat. Stattdessen wird versucht, mit kühnen Träumereien von der miesen Sportplatzsituation in Innsbruck, der intransparenten Vereinsförderung und dem oftmals den die Vereinsautonomie untergrabenen politischen Aktionismus abzulenken. Trotz dieses wahnwitzigen Vorschlages fördert Herr Pupp wahrscheinlich mehr aufschlussreiche Wahrheiten zutage als beabsichtigt. Zum einen hätte die Politik ihre Wertschätzung für den Tiroler Sport nicht besser zur Schau stellen können. So geht es scheinbar nicht darum, was das Land für die Vereine tun kann, sondern die Vereine für das Land. Man setzt sich nicht mit der Frage auseinander, welche Maßnahmen geeignet sind, um Spitzen- und Breitensport mit Hilfe von bedarfsgerechter Nachwuchsförderung zu unterstützen und enger zu verzahnen. Stattdessen sollen sich alle Vereine, die halbwegs im Fokus der Öffentlichkeit stehen, der Marke „Tirol“ unterordnen. Das ist schön, wenn man auf das Offensichtliche steht und hilft vielleicht den Touristikern – den Funktionären, Ehrenamtlichen und nicht zuletzt den Sportlerinnen und Sportlern erweist es hingegen einen Bärendienst.
Ein Alarmsignal ist dies im Besonderen für den FC Wacker Innsbruck und offenbart, welch weiten Weg wir noch vor uns haben. Da kann sich ein frisch ins Amt gewählter Landesrat offen für eine Auflösung des Vereins, seiner Merkmale wie Namen, Wappen, Farben und seiner Werte aussprechen und es findet kein öffentlicher Aufschrei statt. Unglaublich, aber (leider) wahr. Der FC Wacker Innsbruck versteht sich als ein Stück Tiroler Kulturgut und prägt seit nunmehr fast 100 Jahren die Fußballgeschichte dieses Landes. Sein Handeln ist geprägt von demokratischer Mitbestimmung, Antirassismus und sozialer Verantwortung. Neben den Vereinsfarben, dem Wappen und dem Namen an sich sind dies Errungenschaften, die teilweise erst nach hartem Tauziehen wieder installiert werden konnten. Wie verankert diese Marke „FC Wacker Innsbruck“ mit ihrer inhaltlichen Ausrichtung ist, hat Herr Pupp nun eindrucksvoll demonstriert. In seinem Denken scheinbar gar nicht. Die Arbeit des Vereins wird nicht wahrgenommen, was ein Schlag ins Gesicht jener ist, die Schwarz-Grün im Herzen tragen und sich täglich für ihre große Liebe einsetzen. Da wartet auf uns alle noch eine Menge Arbeit.
Tapetenwechsel?
Nun ist Herr Pupp kann ja zunächst auch einmal den Sport sich selbst überlassen und sich stattdessen seinem zweiten Steckenpferd, dem Naturschutz, widmen. Dafür ist er nämlich auch ressortzuständig. Schließlich gibt es am Piz Val Gronda, an der Isel und in der Axamer Lizum ebenfalls genug zu tun. Und wer weiß, wer sich nach den Landtagswahlen im April 2013 am heißen Eisen Sportpolitik die Finger verbrennen darf. Die Mitglieder des FC Wacker Innsbruck werden auf jeden Fall wachsam bleiben.