Wallfahrt ins Tal der Heiligen
Das letzte Spiel der Rückrunde steht an, und mit der Wiener Austria der Herbstkönig schon vor der 18. Runde fest. Am anderen Ende der Tabelle ist noch nichts entschieden, durch den Überraschungserfolg der Wiener Neustädter gegen den Wolfsberger AC rutschte der FC Wacker Innsbruck wieder auf den letzten Rang ab. Mit einem Sieg gegen den WAC könnten unsere Schwarz-Grünen die Rote Laterne aber bereits eine Runde später wieder loswerden.
Das Wunder vom Lavanttal
Der WAC zieht. Er zieht die Leute ins Stadion, ganz egal ob zu Hause in der Lavanttal-Arena oder „auswärts“ in der Wörthersee-Arena. 6300 Zuschauer im Schnitt, und das ohne die bei der Kärntner Austria obligatorischen Freikartenkontingente, die die Klagenfurter EM-Ruine zu beleben versuchten. Ein ausverkauftes Haus (7300) gegen Rapid, ein Nachtragsspiel mit 11.300 begeisterten Zuschauern – das sind Zahlen, die man im südlichsten Bundesland nur von GTI-Treffen oder Eishockey-Spielen kennt. Vorbei sind die Zeiten, als die vorgebliche Marienerscheinung im Nachbarort Bad St. Leonhard mehr Zuschauer anlockte als ein Heimspiel der Schwarz-Weißen in der Regionalliga. Das neue Lavanttaler Wunder heißt Wolfsberger AC, der Heilsbringer Nenad Bjelica. Er schaffte es, den unscheinbaren Verein aus dem unscheinbaren Kärntner Tal erstmals seit seiner Gründung im Jahr 1931 in die Bundesliga zu führen. Oder führte er St. Andrä dorthin…?
Das heilige Tal
Tirol mag den Beinamen „heiliges Land“ führen, das Lavanttal steht dem aber in nichts nach: St. Leonhard, St. Gertraud, St. Georgen, St. Paul, St. Peter, St. Marein, St. Stefan und nicht zuletzt St. Andrä prägen das Kärntner Grenzgebiet zur Steiermark. Und der WAC, ATSV Wolfsberg, St. Stefan und St. Andrä prägten den Kärntner Fußball der letzten Jahre. Aus St. Stefan wurde die Klagenfurter Austria, aus St. Andrä – der WAC. Die Schwarz-Weißen waren zwar nicht in finanzielle, jedoch in sportliche Schieflage geraten und benötigten die Hilfe des Nachbarn, um wieder in der Regionalliga Fuß fassen zu können. Begleitet von allen Heiligen ihrer Ortsnamen und dirigiert vom Ex-Kärnten-Spieler und –Trainer Bjelica überstand man die Relegation gegen Parndorf, konsolidierte sich in der Ersten Liga und brachte es dort in der Saison 11/12 zum Meistertitel. Heilsbringer Bjelica konnte sich dabei auch auf seine Apostel verlassen, die ihm bis heute zur Seite stehen.
Des Meisters brave Schüler
In den letzten sechs Pflichtspielen musste der WAC nur einmal als Verlierer vom Platz, konnte den SK Rapid Wien mit 2:0 besiegen und auch das Viertelfinale des ÖFB-Pokals erreichen. Toptorschütze in den letzten Runden, der ganzen Saison wie auch im Aufstiegsjahr: Christian Falk. Acht Tore in fünfzehn Spielen machen ihn zum sichersten Scorer der Lavanttaler, der Wert von achtzehn Treffern aus der Vorsaison scheint nicht unerreichbar. Ihm zur Seite stehen die Neuzugänge Michael Liendl von der Wiener Austria, mit acht Torvorlagen der beste Wolfsberger Vorbereiter, sowie der Spanier Ruben Rivera mit sechs Treffern – der Einbau der Neuzugänge in die bestehende Mannschaft wurde, zum Missfallen vieler Gegner, gut gemeistert. Gut gemeistert wurde auch die erste Hälfte der Premierensaison in Österreichs höchster Spielklasse: 20 Punkte erreicht, 22 Treffer erzielt und im gesicherten Mittelfeld positioniert, so lässt es sich beruhigt arbeiten im heiligen Tal.
Der Prophet im eigenen Land…
Wäre da nicht die eklatante Heimschwäche der Wolfsberger. Erst im vierten Spiel gelang der erste Torerfolg (und gleichzeitig auch Sieg gegen Lieblingsgegner Rapid), nur zwei Spiele konnten zu Hause gewonnen werden, sechsmal musste man Punkte abgeben. Die letzte Auswärtsniederlage des FC Wacker Innsbruck beim WAC liegt unglaubliche 32 Jahre zurück – zugegeben, es gab auch nur drei Gastspiele im Lavanttal. Der FC Wacker Innsbruck kann sich also bei seiner Wallfahrt auf die Statistik verlassen, er kann aber auch auf seine Spitzenleistung im Spiel gegen Sturm bauen: 17 Torschüsse, 69,9% der Ballkontakte, über 50% gewonnene Zweikämpfe, einen sicheren Rückhalt mit Szabolcs Safar. Und nicht zuletzt kann man auf die Hilfe von oben setzen. Im heiligen Tal an der Lavant sollte sich doch eine Kirche finden lassen, in der man ein Kerzerl anzünden kann…