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Das „Sicherheitspapier“ der DFL – Teil 2

Im zweiten und letzten Teil der Artikelserie zum höchst umstrittenen „Sicherheitspapier“ in Deutschland, wird die Reaktion der Fans und der Vereine dargelegt sowie Auswirkungen auf Österreich dargelegt.


Reaktion und Probleme der Fans

Die Reaktionen der Fans waren eindeutig. So gab es vor dem 12.12.2012 drei Runden lang 12 Minuten und 12 Sekunden lang keinen Support. Dieser vereinsübergreifende Zusammenhalt machte durchaus Eindruck bei den Sportjournalisten und -kommentatoren. Konnte man doch ein Fußballspiel ohne Stimmung nicht so gut verkaufen wie mit Stimmung. Dass sich die Fans plötzlich so organisieren konnten und den Boykott auch so durchhielten, sogar noch über den 12.12.12 hinaus, zeigte eindrucksvoll in welche Richtung sich das Rad drehen könnte. Dies ging sogar so weit, dass sich Spieler (Marco Reus von Borussia Dortmund) über den Boykott aufregten und diesen als Blödsinn abstempelten. Er erntete dafür jedoch nicht nur harsche Kritik, sondern auch leichten Applaus. In der kommenden Rückrunde sollen aus 12 Minuten und 12 Sekunden Schweigen ganze 90 Minuten werden um der Forderung der Fans nach einem ernsthaften und lösungsorientierten Dialog seitens der DFL mit der Fanvertretung Nachdruck zu verleihen.

Dass sich die Fans innerhalb einer Szene nicht immer einig sind, zeigte sich in Braunschweig. Dort gab es beim letzten Spiel am Montag, 17.12.12, zwar einen Protest seitens der Ultras, jedoch schien das Stadion etwas anderes im Sinne zu haben. Dies ging sogar so weit, dass für einen kurzen Moment die Stimmung zu eskalieren drohte. Doch den vernünftigen Kräften gelang es diesen Disput aus der Welt zu schaffen und beide Seiten, die Leute, die Stimmung machten und die boykottierenden Ultras, ihren Weg gingen.

Ein weiteres Problem entsteht auch in manchen Orten, wo die Ultras einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Rassismus und Diskriminierung beigetragen haben. Müssen sich die Ultras nicht nur gegen den Staat „wehren“, sondern auch gegen durchaus an den Rechtsextremismus andockende Fanklubs. Dies wird, wie das Beispiel HSV zeigt, schwierig, wenn die entscheidenden Ultra- Gruppierungen geschwächt werden. Dort entzog man der Ultra Gruppierung „Poptown“ das Recht ihr Banner aufzuhängen, dafür hing ein Banner der verschwunden geglaubten rechtsgerichteten Hooligan Gruppierung „Die Löwen Hamburg“. Auch könnten sich rivalisierende Gruppen gegenseitig aus dem Stadion verbannen, indem, wie im ersten Artikel dargestellt, einfach hinter deren Banner Pyrotechnik gezündet wird. Einen Versuch wäre es ja wert.

Reaktion der Vereine

Die Reaktion der Vereine auf den Protest der eigenen Fans fiel unterschiedlich aus. Der FC St. Pauli lehnte, da es zuvor von der Jahreshauptversammlung abgelehnt wurde, das Konzept ab. Auch der 1.FC Union Berlin, der sich schon seit Erscheinen des Konzeptes dagegen aussprach, stimmte dagegen. Die meisten Vereine nahmen zwar den Protest der Fans an und erklärten ihn für berechtigt, dennoch stimmten sie für das Konzept.

Fazit

Ob das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ das Stadion sicher macht? Zumindest in den Augen des Autors ist dies nicht der Fall. Die Ausschreitungen im Stadion sind in Deutschland, bis auf die Ausnahme Aachen bzw. Braunschweig, wo rechtsextreme Hooligans auf linksgerichtete Ultras losgegangen sind, in den Stadien nicht vorhanden. Das einzige Sicherheitsrisiko bleibt die illegal gezündete Pyrotechnik, wobei sich hier der DFB und die DFL selbst an der Nase nehmen müssen. Die Fans wären bereit gewesen, sich auf einen Diskurs einzulassen und für ein kontrolliertes Abbrennen zu sorgen. Dass das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ verhindert, dass sich ein betrunkener Fan irgendwo verletzt, kann bezweifelt werden.
Das Einzige, das das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ macht, ist, dass eine Subkultur, die nicht nur aus prügelnden Leuten besteht, aus dem Stadion verdrängt wird. Eine Rückkehr zu alten Zeiten, als die oben erwähnte Hooligangruppe „Die Löwen Hamburg“ oder die berüchtigte „Borussenfront“ ihre Banner ungestört aufhängen konnten und ihre politische Einstellung an andere Leute weitergeben kann, ist durchaus als möglich zu betrachten.

Ein einziger positiver Aspekt kann am Ende mitgenommen werden ist die Verbesserung des Ordnerdienstes für Auswärtsfans. So muss sich beispielsweise kein Schalke-Fan mehr Sorgen machen, dass er auf einer Toilette von Dortmund-Hooligans in Ordnerjacken zusammengeschlagen wird und dann noch, wegen angeblicher Körperverletzung des Ordners, angezeigt wird.
Besonders erschreckend, zumindest aus der Sicht des Autors, war in diesem Rahmen, Abstimmung zum Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“, dass die Innenminister, einerseits von Nordrhein-Westfahlen, hier in Person von Ralf Jäger, anderseits des deutschen Innenminister, in Person von Hans-Peter Friedrich, aber auch andere Innenminister, hier eine Projektionsfläche für den Wahlkampf, zumindest bei Ralf Jäger, geboten wurde. Aber auch, dass sich andere Innenminister, als durchwegs „starke Macher“ präsentieren wollten. Dies ist sicherlich einer der größten Vorwürfe, der an die Vereine gemacht werden muss: Man ließ sich instrumentalisieren.

Mit diesem Konzept wird zwar das ein oder andere verbessert, aber nicht an der Basis, sondern nur an der Oberfläche. Es ist nicht mehr als ein Maßnahmenkatalog, der nicht auf die wirklichen Probleme eingeht. Die Frage ist, ob die Gewalt abnimmt, wenn sich plötzlich verfeindete Ultra Gruppierungen und deren Umfeld nicht im Stadion aufhalten, sondern vor dem Stadion oder in den Innenstädten ihre Position beziehen. Wird es nicht noch mehr Polizei brauchen, damit diese Lager getrennt bleiben? Die Entwicklung der Situation in Deutschland wird interessant zu beobachten sein und ein erstes Resümee kann man wohl erst nach dem Ende der Rückrunde ziehen.

Auswirkungen auf andere Länder

Die Gefahr, dass das Konzept in Österreich auf Anklang stoßen wird, kann man nie ausschließen. Schikanen für Auswärtsfans gibt es ja mittlerweile genügend. Beste Beispiel sind die unverhältnismäßigen Übergriffe der Polizei auf Innsbruck Fans letzte Saison in Ried und heuer in Hütteldorf. Doch, dass das Konzept übernommen wird, wird vom Autor bezweifelt. Ist der Zuschauerzuspruch in Österreich doch seit Jahren nur schwach gestiegen, was nicht nur an der sportlichen Attraktivität der Liga zu tun hat, sondern auch aufgrund (infra-)struktureller Probleme.

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Autor: admin

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