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Oliver Prudlo: Drei intensive Jahre

Nachdem Sportdirektor Oliver Prudlo vom Dienst freigestellt worden ist, stellt er sich ein letztes Mal den Fragen des tivoli12magazins. Er blickt auf seine Jahre als Sportdirektor zurück, analysiert seine Aufgaben, erzählt über schöne und schwierige Situationen und verspricht, dem Tivoli nicht für immer den Rücken zu kehren.

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Oliver, danke, dass du dir die Zeit nimmst für das tivoli12magazin.

Gerne.

Am Mittwoch bist du zur Verwunderung vieler vom Verein dienstfrei gestellt worden. Hast du selbst eine Erklärung dafür?

Naja, das kam überraschend für mich. Ich bin grundsätzlich davon ausgegangen, dass ich meinen Vertrag bis Ende des Jahres erfüllen werde. Es ist anders gekommen. Der Präsident hat es mir in einem Gespräch am Mittwoch mitgeteilt. Er hat mir über die Gründe relativ wenig mitteilen können. Ich muss das zur Kenntnis nehmen. Im Fußball passiert so etwas hin und wieder. Diesmal hat es mich getroffen. Es ist so.

Als du damals als Sportdirektor zum FC Wacker Innsbruck gekommen bist, mit welchen Zielen bist du da angetreten?

Ich bin damals mit einer Art Dreistufenplan angetreten. Teil eins war der Aufstieg in die Bundesliga, was wir Gott sei Dank rasch geschafft haben. Teil 2 war die Etablierung in der Liga, was in den Saisonen 10/11 und 11/12 ganz gut gelungen ist. Wir waren dann sogar relativ lange im Kampf um die internationalen Wettbewerbe. Stufe 3 wäre gewesen der Angriff auf die internationalen Startplätze und die großen Vier eigentlich. Das hat sich dann anders entwickelt und der Verlauf der aktuellen Saison ist natürlich nicht erfreulich. Das ist ganz klar.

Würdest du sagen, dass diese zweite Stufe – die Etablierung in der Bundesliga – bereits nachhaltig geschafft wurde?

Wie man sieht, kämpft Wacker Innsbruck jetzt gegen den Abstieg. Es ist immer wieder das Problem, wenn du in entscheidenden Momenten, also den Transferzeiten, nicht entsprechend nachrüsten kannst. Wenn du Spieler nicht adäquat nachrüsten kannst, dann geht der sportliche Weg wieder bergab.

Der Kader für die heurige Saison: In den Medien hat es einmal geheißen, Walter Kogler hätte ihn zusammengestellt, dann wieder Oliver Prudlo. Wer hat ihn tatsächlich zusammengestellt?

Eine etwas seltsamen Fragestellung: Wir haben das wie in den letzten Jahren gemeinsam gemacht, wobei in meiner Verantwortung als Sportdirektor meine Überzeugung war, ich werde das in sehr enger Abstimmung mit dem Cheftrainer machen. Denn es bringt nichts, einen Spieler zu holen und der Trainer will ihn nicht, umgekehrt kann der Trainer nicht einen Spieler ohne meine Zustimmung holen.

Würdest du dem Kader Bundesligatauglichkeit attestieren?

Ja, auf jeden Fall.

Wie beurteilst du deine Zeit bei Wacker Innsbruck jetzt im Nachhinein?

Drei sehr intensive Jahre, drei sehr faszinierende Jahre – so wie der Fußball für mich immer war, am schönsten natürlich die 90 Minuten am Wochenende. Gerade zu Beginn gab es einige ganz tolle Erlebnisse, wie mit dem Aufstieg in Pasching eben, als Karawanen von Innsbruck-Fans auf der Autobahn unterwegs waren. Auch der Herbst 2010 – das waren die schönsten Erlebnisse in dieser Zeit. Dass in dieser Saison so ein Fehlstart passieren wird, war nicht abzusehen. Wobei es schon so war, Walter Kogler und ich gemeint hatten, dass es schwer werden könnte.

Es wird immer wieder über den Tiroler Weg gesprochen. Findest du, dass dieser realistischer weise umsetzbar ist?

Man müsste einmal ganz klar erklären, was man damit meint. Wenn man meint, dass man eine Bundesligaelf nur aus Tirolern bilden werde können, dann wird das sehr, sehr schwierig sein. Da bräuchte man wieder einmal so eine goldene Generation, wie es sie hin und wieder gibt. Aber allein, wenn man sich die Einwohnerzahl Tirols anschaut und vergleicht mit anderen Bundesländern und man sich die gesamte Einwohnerzahl Österreichs anschaut, dann ist es schwierig, dass man regelmäßig mit acht, neun, zehn Tirolern in der Startelf ins Spiel gehen kann.

Oli, siehst du im Tiroler Akademiefußball Aufholbedarf?

Wenn man sich ansieht, dass in den letzten Jahren relativ wenige Akademiespieler in die Auswahlen gekommen sind, könnte man das annehmen. Ich denke aber dennoch, dass in der Akademie gute Arbeit geleistet wird. Unterm Strich betrachtet, war allerdings der Output gering – da gibt es schon Nachholbedarf.

Du hast in einem Interview davon gesprochen, dass es in letzter Zeit schwierig zu arbeiten war. Es wurde viel blockiert. Wie darf man das verstehen?

Es war doch eine gewisse Entscheidungsunfreudigkeit innerhalb des Vorstandes in den letzten Monaten.

Man hört immer wieder, es wurde der Druck von außen zu groß. Man hört immer wieder, es soll eine Tiroler Gallionsfigur integriert werden. Auf der anderen Seite, bist du der Spieler mit den neuntmeisten Einsätzen für diese Mannschaft – auch eine Gallionsfigur. Fühlst du dich ein wenig hintergangen?

Ich will mich eigentlich zu diesem Thema nicht äußern, aber ich habe nicht gewusst, dass ich die neuntmeisten Spiele absolviert habe – interessant. Ich will mich aber zu diesem Thema nicht wirklich äußern.

Es geht zurzeit um das Bangen des sportlichen Verbleibs in der Liga, aber auch das Bangen um die Lizenz herum. Hat dies auch deine Arbeit als Sportdirektor blockiert?

Ja natürlich, entsprechend vorsichtig wurde seitens des Vorstandes agiert.

Wie schwer war der Abschied?

Zum einen wäre ich den Weg schon gerne weiter gegangen und war eigentlich auch schon damit beschäftigt, Planungen für die kommende Saison zu machen und wollte sie schon umsetzen. Ich hätte das auch gerne gemacht. Weil ich einen großen Teil meiner Profilaufbahn in Innsbruck verbracht habe, ist das schon ein besonderer Verein für mich. Auf der anderen Seite war die Situation für meine Möglichkeiten in den letzten Monaten schon sehr schwer.

Welches Potential hätte der Verein?

Eine Frage, mit der man sich länger und ausführlicher beschäftigen müsste. Wacker Innsbruck ist auf alle Fälle einer der großen Traditionsvereine in Österreich, der mit einem einigermaßen anständigen Saisonverlauf auch ein entsprechendes Potential hat. In Innsbruck schlägt es von den Zuschauer her immer etwas extremer aus. Ist der Erfolg da, ist das Stadion, wie man gesehen hat, voll. Bleibt er aus, bleiben auch die Zuschauer massiv aus. Das ist bei so einem Tradiotionsverein das Spannende, die große Leidenschaft und das große Anspruchsdenken aus der Vergangenheit. Jetzt das Potential genau bemessen zu können, in der Zukunft ist schwierig.

Du warst selbst lange Profispieler, die Entlassung der Sportdirektors in den Schlagzeilen. Wie schwierig ist da als Spieler den Kopf für das Wesentliche frei zu haben?

Du musst dich auf das Wesentlich konzentrieren als Spieler. Er wird auch kein Spieler sagen, dass ihn das belastet oder nicht. Aber im Unterbewusstsein beschäftigt es einen wahrscheinlich schon. Es muss dir gelingen – es gibt ja auch sonst etwas, wie familiäre Probleme oder andere Schwierigkeiten – du gehst ganz einfach aufwärmen, dann geht das Spiel los, du musst konzentriert sein, und du musst das ausblenden.

Hast du dir schon überlegt, wie deine Zukunft aussieht?

Nein, das ist noch zu schnell. Ich muss mir da ein paar Gedanken machen. Das waren doch drei intensive, arbeitsintensive Jahre und da werde ich mir das genau überlegen, wie ich das weiter mache.

Wird man dich wieder am Tivoli sehen?

Ja, bestimmt. Jetzt muss ich einmal schauen, ein bisschen Abstand zu gewinnen, wiedersehen werden wir uns sicher.

Danke!

Danke.

 

Avatar for Heidi Roznovsky

Autor: Heidi Roznovsky

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