Rabimel, Rabamel, Rabum
Nein, nein – noch ist nicht Martinsumzug im Kindergarten. Allerdings fuhren wir mit der (roten) Laterne in den „fernen“ Osten und ließen sie beim Gegner des samstägigen Abstiegsgipfels, SV Mattersburg und dort kann sie getrost bis Saisonende bleiben – oder in Maria Enzersdorf von mir aus, auch in Wiener Neustadt. Aber das Tivoli ist ab sofort eine laternenfreie Zone!
„Morgenstund“ hat Gold im Mund…
…oder auch ein Frühstücksbierchen im Bus: Ein Fanclub brachte es zu Wege, zur weitesten Anreise zu einem Bundesligaspiel, einen eigenen Bus auf die Reise zu schicken. Im Gepäck saßen über 40 „schlaftrunkene“ Schwarz-Grüne und sieben, die Rot-Schwarz (Eintracht Frankfurt) in ihrer Farbenlehre haben. Aber alle gemeinsam fieberten dem Abstiegskrimi in Mattersburg entgegen. Und zum Fiebern hat man auf einer sechsstündigen Fahrt genug Zeit, aber auch zum Singen, Lachen und Fröhlich-sein. Ging es ja zu einem richtigen Endspiel und wer braucht dazu schon den Europapokal? – Diese Liga reicht uns allemal.
Falsche Ausfahrt?
Jedenfalls waren wir durch die frühe Abfahrt schon vor 15 Uhr im Land der Burgen. Aber siehe da, da stand auf der Ortstafel Wiener Neustadt. Sind wir da nicht eine Woche zu früh oder hat sich Miro, unser Busfahrer verfahren? Es ging am Stadion Wiener Neustadt vorbei und davor stand ein riesengroßes Plakat „nächstes Heimspiel Wiener Neustadt gegen FC Wacker Innsbruck am 4. 5. um 18.30 Uhr“ – Endergebnis 1:3. Das war natürlich nicht zu lesen, aber es wird so sein!
Nach langer Suche und Erkundigungen bei „Eingeborenen“ wurde der „Heurige“ schließlich gefunden, der für Schwarz-Grün reserviert war. Beim Anblick der Preise im Burgenland könnte einen fast der Neid fressen. Das Benzin um über 10 Cent billiger und der Schweinsbraten um 4,50 Euro. Deswegen waren wir ja nicht im „Flachland“, aber gutes Essen und ein wirklich edler Tropfen durften beim „Heurigen“ natürlich nicht fehlen.
Die Liga der Dörfer
Aber schließlich wurde doch die 7.000-Seelen-Marktgemeinde Mattersburg erreicht, am Pappelstadion vorbei an der Haupttribüne samt ihrem riesigen SVM-Cafe.
Am Auswärtssektor wurde unser Busfahrer eingewiesen, als wären wir mit einer Boing in Wien-Schwechat gelandet.
Das Stadion war eine Dreiviertelstunde vor Spielbeginn noch komplett leer. Hinter der Gegentribüne steht ein riesiges Zeltdorf. In der Marktgemeinde Mattersburg scheint man im Gegensatz zu Innsbruck (Tirol) zu wissen, wie ihr Verein überlebt, ohne dass man ihn nachher mit Steuergeldern “retten“ muss, wenn man ihn davor ausgehungert hat.
Aber es geht ja hier nicht ums Wirtschaftliche, jedoch das Ganze dort hat den Charakter einer Dorfliga, nur dass in diesen Dörfern (Märkten) ein Abstieg in die zweite Liga keine großen Probleme darstellen würde.
Siehe da, kurz vor Anpfiff war das Pappelstadion so gut wie schon lange nicht mehr gefüllt. Fast 7000 Zuseher wollten diesen „Abstiegsfight“ sehen, darunter etwa 300 Schwarz-Grüne.
Halbzeit II vom Feinsten
Fahnen, Doppelhalter und ein „eiserner Vorhang“, den die Burgenländer vor unserem Sektor als „Zaun“ wieder aufgebaut haben, prägten das Bild zu Beginn des Spieles. Wenn man sich auf der Tribüne bewegt, hat man das Gefühl, man macht das in einem Wasserbett.
Vorsänger schien es keinen zu brauchen, aber die Stimmung war auch so gut, wenngleich das Spiel eher „zäh“ begann und das drückte auf die Nerven. Es wusste jeder, was auf dem Spiel stand.
Riesenjubel brandete dann nach dem 1:0 der Unseren auf. Freudetrunken stürmten viele Fans nach vorne zum Zaun und es „rauchte“ im Sektor, aber streng beobachtet von links und rechts der Tribüne. Auf der einen Seite standen Ordnungshüter bewaffnet mit Feldstechern, Kameras mit Riesenobjektiven und auf der einen Seite wurde fleißig gefilmt, als würde „Fluch der Fußballfans II“ gedreht. Für mich nimmt das eindeutig bizarre Formen an.
Gespielt wurde auch und da ging es sehr ordentlich und intensiv zur Sache. Hervorzuheben ist das Duell Naumoski gegen den noch unerfahrenen Siller. Der Mazedonier hätte schon nach kurzer Zeit wegen einer klaren Tätlichkeit vom Platz gestellt gehört, was sich sogar noch einmal wiederholten sollte. Aber Sieger dieses „Duells“ war Sebastian gewesen. Beeindruckend, wie er gegen das „Raubein“ der Liga dagegenhielt.
Nach dem zweiten Tor der Unseren schien die Sache gegessen. Aber praktisch im Gegenzug hielt Patrik Bürger nach einer Ecke der Burgenländer seinen Schädel hin und es wurde wieder spannend. Extrem spannend sogar. Ich glaubte, die Mattersburger seien fertig gewesen, aber jetzt warfen sie alles nach vorne.
Glück, Können und Szabolcs Safar
Na, jetzt ging es aber rund im Sektor, fast wie auf dem Rasen. Es ging hin und her und das Spiel war nichts mehr für herzschwache Zuseher. „Harte“ Männer am Spielfeld und Fans ohne Nerven auf unserer Tribüne waren gefragt. Zweimal schlugen unsere Anhänger danach ihre Hände vor Schrecken vors Gesicht. Teufelskerl Safi aber war beide Male zur Stelle. Auf der Gegenseite vergaben die Schwarz-Grünen zwei tausendprozentige Einschussmöglichkeiten.
Man konnte die Spannung regelrecht greifen. Aber in der letzten Viertelstunde spielte dann Wacker extrem abgeklärt und war der Entscheidung näher als die Burgenländer dem Ausgleich. Diese Halbzeit zeigte, dass auch eine Dörferliga durchaus etwas zu bieten haben kann. Da war alles drinnen, was ein Krimi benötigt, jedoch die Stimmung im Stadion glich eher einer Trauerveranstaltung.
Riesenjubel nach dem Abpfiff. Die Spieler gingen in die Knie, machten einen Hechtsprung zu unserem Sektor, klatschten mit ihren Fans ab und strahlten mit dem Sternenhimmel um die Wette. So darf es weitergehen und die Art und Weise, wie dieser Sieg eingefahren worden ist, gibt berechtigterweise große Hoffnung auf das „Wunder“ Klassenerhalt!