„Wunder gibt es immer wieder“
Sie kehrt jährlich wieder wie das Amen im Gebet und sorgt bei vielen für Kopfschütteln und Unverständnis. Nein, nicht die Woche des Zitterns um die Lizenz, die haben wir ja nun erhalten, aber ich bin ja gar nicht beim Fußball. Ich meine die Woche des Grand Prix Eurovision de la Chanson, oder einfacher gesagt, des Song Contests. Obwohl, wenn Sie schon wieder darauf beharren, dass wir uns mit Fußball beschäftigen sollen, dann lassen Sie uns gemeinsam einen Blick auf das kommende Spiel des FC Wacker Innsbruck gegen die Salzburger werfen. Vielleicht finden sich ja auch abseits von Kaja Ebsteins Beitrag von 1970 ein paar Parallelen.
Merci, cherie
Als Salzburg und Innsbruck im Jahr 1961 erstmals auf bundesweiter Ebene aufeinandertrafen, da war die Welt noch einfach. Die Tiroler waren Wacker, die Salzburger violette Austrianer, es schwirrten keine Ableger wie FCS, FCT, RBS oder ASneu durch die verschiedenen Ligaformate. Ein bisschen wie in der großen, weiten, realen Welt: das erstmals am Songcontest teilnehmende Jugoslawien reichte vom Loiblpass bis zum griechischen Makedonien, sang genau ein Lied, gab genau einmal Punkte. Und Zeiten, da sich Serben, Kroaten, Bosnier und all die anderen Nachfolger überraschend Achter, Zehner und Zwölfer zuschanzen, waren völlig denkunmöglich. Ebenso denkunmöglich wie ein Aufeinandertreffen zweier Teams eines Konzerns in der Relegation zur zweithöchsten Liga oder am Weg nach Europa im ÖFB-Cup. Apropos Pokalbewerb, die Vorrunde am 9. September 1961 gewannen die Herren aus Salzburg knapp mit 4:3, zwei Tore von Karl Missler und eines von Rudolf Fleischhacker reichten in Lehen nicht aus, um die Violas zu biegen. Sechs weitere Male schoss man drei oder mehr Tore in Salzburg, jedes Mal konnte auch ein Sieg eingefahren werden, zuletzt im April 2011 durch Tore von Carlos Merino und dem designierten Ried-Stürmer Julius Perstaller (2). Es wäre ein perfektes „Merci, Wacker“, könnte er seine Leistung von diesem Tag wiederholen.
Waterloo
In der laufenden Saison sieht es allerdings nicht ganz so rosig aus. Viermal stand man sich bereits gegenüber, viermal ereilte die Schwarz-Grünen dasselbe Schicksal wie Eleonore Schwarz 1962, Wilfried 1988 und Thomas Forstner 1991 – null Punkte durften Österreich und Wacker aus ihren jeweiligen Auftritten mitnehmen. Den zwei Treffern von Wallner und Schütz stehen dabei zwölf Tore von Schiemer, Berisha, Jantscher, Mane (2), Teigl (2) und Soriano (4) gegenüber, eines besorgte die wackere Abwehr selbst. Salzburg zeigt sich nicht nur in der Anzahl der Schützen breit aufgestellt, als Torvorbereiter agierten Ilsanker, Teigl, Berisha, Schiemer, Soriano, Nielsen (2), Leitgeb (2) und Ulmer (2). Auch wenn der Spanier Jonathan Soriano in der Scorerliste heraussticht, ein einzelner gefährlicher Brandherd lässt sich nicht ausmachen. Ein deutlicheres Bild zeichnet sich schon in der Art der Ballbehandlung ab: sechs Tore nach Linksschuss stehen zwei rechte gegenüber, zwei Kopfbälle, ein Abstauber und ein Elfmeter ergänzen die Liste. Im Vergleich zur sonstigen markanten Schwäche der Innsbrucker bei Standards erscheinen drei Tore nach je einer Ecke, einem Freistoß und einem Penalty beinahe beruhigend gering. Man wäre beinahe verleitet, das Standard-Lob „Great show tonight!“ zu verwenden, wäre es nicht hinsichtlich der neun weiteren Tore durch eine Flanken-, eine Kopfballvorbereitung und sieben Pässe ebenso geheuchelt wie beim Song Contest.
Vielleicht geschieht ein Wunder
…sang Carmela Corren 1963 und holte damit den siebten Endrang für die Alpenrepublik. Ob Siebter oder Neunter, das ist den Schwarz-Grünen wohl egal, das kleine Wörtchen „Wunder“ ist es, das die Schwarz-Grünen hoffen lässt. In den vergangenen 33 Runden gab es gegen die Top Vier der Bundesliga-Tabelle in vierzehn Bewerbsspielen nämlich nur zwei einsame Pünktchen. Vielleicht lässt sich mit der Lizenz in der Tasche ein kleines Wunder erspielen, und man ist ja bescheiden geworden in Innsbruck. Ein Bescheid im zweiten Anlauf führt zu spürbarem Aufatmen, und selbst mit einer Leistung wie Jimmy Makulis 1961 wäre man bereits zufrieden – mit seinem Lied „Sehnsucht“ holte er einen Punkt für Österreich, und dieser Punkt reichte, um als Vorletzter den Bewerb zu beenden…