Von Belanglosigkeiten und der schönsten Nebensache
34 Runden sind gespielt, doch all diese Begegnungen sind nun vollkommen nebensächlich. All die geschossenen und bekommenen Tore, all die vergebenen Chancen und erhaltenen Verwarnungen, all die Flanken und Schüsse, all die Serien und Unserien – denn im Kampf um den Klassenerhalt kommt es nun auf die letzten beiden Spiele an. Der FC Wacker Innsbruck ist dazu verdammt, zu punkten, zumindest einmal mehr als Wr. Neustadt. Die letzte Chance dazu vor heimischem Publikum haben die Schwarz-Grünen am Mittwochabend gegen den SK Sturm.
Die halbe Liga im Gleichklang
Dabei ist es nebensächlich, dass der SK Sturm Graz die schlechteste Mannschaft des Frühjahrs ist. In den vierzehn Runden seit der Winterpause hat kein Team der Bundesliga weniger Punkte erzielt als die Steirer (dreizehn Zähler, ein Schnitt von 0,93 pro Spiel), nur gegen zwei Mannschaften konnten die „Schwoazn“ ihre schwarze Serie etwas zurechtrücken: neben der SV Ried, die ihre beiden Begegnungen gegen die Grazer verloren, erwiesen sich auch die Innsbrucker als gute Gäste und ließen drei Zähler in der Murstadt. Es ist auch nebensächlich, dass Sturm die schlechteste Tordifferenz in dieser Phase sein Eigen nennen darf und mit nur fünfzehn erzielten (1,07/Spiel) und 26 erhaltenen (1,86/Spiel) ein Minus von elf Treffern aufweist. Es ist deshalb belanglos, weil die Hälfte der Liga mit den Steirern im Gleichklang marschierte, weil in den letzten vierzehn Spielen Rapid gleichviel, Wacker, Wiener Neustadt und Mattersburg einen und die Admira lediglich zwei Punkte mehr erreichen konnten, weil die Innsbrucker zwar fünf Tore mehr geschossen, aber auch vier mehr kassiert haben und damit eine noch anfälligere Defensive aufweisen.
Zwischen Europa und dem Abstieg
Was wurde nicht alles geschrieben in den letzten 34 Runden: vom Sturmtief der Grazer und den wackeren Kämpfern aus Innsbruck, von schwarzen Serien der Tiroler und den Sturmläufen der „Schwoazn“. Es ist völlig nebensächlich, dass die Steirer vor dem Sieg gegen Innsbruck im März in sieben Runden nur einen Sieg erreichten und in den darauffolgenden Matches siebenmal in Serie nicht gewinnen konnten, dabei auch fünfmal als Verlierer vom Platz ging und bei Innsbrucks direkten Konkurrenten aus Niederösterreich jeweils drei Punkte liegen ließen. Es ist nebensächlich, dass Wacker gegen die Wiener Austria 83 Minuten mehr als nur ein ebenbürtiger Gegner war, dass die Innsbrucker in Salzburg mit einer Führung in die Pause gingen und der Schiedsrichter vor zwei von drei Gegentoren hätte abpfeifen können, ja vielleicht müssen. Es ist alles Makulatur, weil die Admira (gegen Sturm und den WAC) und Mattersburg (gegen Ried und Rapid) jeweils vier Punkte holten und sich so im Abstiegskampf Luft verschafften. Es ist belanglos, weil die Grazer trotz ihrer Unphasen wieder auf einem Europa-League-Startplatz stehen. Und diesen werden sie sich nicht leichtfertig nehmen lassen.
98er-(Miss)Erfolge
Es ist nebensächlich, dass Sturm mit Markus Schopp einen neuen Trainer hat, dessen Punkteschnitt mit 0,75/Spiel exakt der Hälfte des Durchschnitts seines Vorgängers Peter Hyballa entspricht. Dass dieser Schnitt bedeutet, dass man den derzeit erfolglosesten Trainer der Liga unter Vertrag hat, ist ebenso wenig von Interesse wie die Tatsache, dass Schopp sich damit in die Leistung seiner 98er-Teamkollegen einreiht: Schöttel und Kogler sind mittlerweile vereinslos, Pfeifenberger und Kühbauer neben dem Sturm-Trainer die einzigen Coaches mit einem Punkteschnitt von unter 1,0/Spiel – lediglich Peter Stöger stört die Gemeinsamkeit durch Erfolg. Es ist auch nebensächlich, dass Schopp in seinen ersten vier Matches zweiundzwanzig verschiedene Spieler aufliefen ließ und sein „Dreamteam“ wohl noch nicht gefunden zu haben scheint. Belanglos ist diese Statistik deshalb, weil auch Wacker in den letzten vier Spielen – trotz einer recht konstanten Startelf – 19 verschiedene Spieler einsetzte. Nebensächlich auch deshalb, weil schon ein Sieg gegen Innsbruck dem Trainer der Grazer zum besseren Punkteschnitt wie Roland Kirchler verhelfen würde, der aus 23 Spielen 27 Zähler mitnahm (1,17/Spiel). Es ist belanglos, weil Rolis Schnitt, der in der Vergleichstabelle zu einem fünften Platz reichen würde (inklusive der entlassenen Trainer zum achten von vierzehn), keinen direkten Niederschlag in der realen Tabelle findet, in welcher die 0,27/Spiel von Kirchlers Vorgänger den FC Wacker Innsbruck auf den letzten Tabellenrang ziehen.
Die schönste Nebensache der Welt
Was jedoch nicht nebensächlich sein wird, das ist die Frage nach der Unterstützung durch die Fans. Einmal haben die Anhänger der Schwarz-Grünen noch die Chance, ihre Mannschaft zu Hause zu pushen, nach vorne zu treiben, anzufeuern und zum Sieg zu tragen. Und gegen ein Team wie Sturm, das gerade wieder Blut geleckt und die Erfahrung des Sieges gemacht hat, das seinen internationalen Startplatz absichern und das Ausscheiden im Cup vergessen machen will, gegen ein solches Team ist jede einzelne Stimme, jedes Paar Hände gefragt. Die schönste Nebensache der Welt darf im wackeren Jubiläumsjahr nicht zu einer Nebensache in der zweithöchsten Spielstufe verkommen…