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Wahnsinn!

Aus – Schluss – vorbei –  am Tivoli gehen für diese Saison die Lichter aus. Aber noch lange nicht für den FC Wacker Innsbruck und für seine Fans schon gar nicht. Noch einmal mobilisieren, noch einmal alles geben, noch einmal 90 Minuten Vollgas, Leidenschaft und Verbundenheit in Schwarz–Grün zeigen. Und diese, unsere Mannschaft wird zum Saisonfinale in Wolfsberg auch wieder alles geben.

Die schönste Nebensache des Universums

Wer will schon ein Schäferstündchen mit der Miss Universum, wenn er in der 90 Minute im beinharten Abstiegskampf den Siegestreffer seiner Mannschaft bejubeln kann? Aber das weibliche Geschlecht wollte dem nicht nachstehen. George Clooney ist out, wird von der Bettkante gestoßen und unser Lukas (Hansi) Hinterseer hingegen abgebusselt und der bedankte sich mit seinem Trikot bei einer hübschen Blondine mit den Worten – „Ihr Fans seid der Hammer!“

Zuvor aber waren 90 nervenaufreibende Minuten zu überstehen. Fast hätte man glauben können, die Mannen auf dem Spielfeld samt dem Schirigespann waren Nebendarsteller. Die Hauptrolle bei diesem Spiel hatte eindeutig das Smartphone über. Die kleinen Wunderdinger liefen heiß und informierten die Fans über die Spielstände unserer Konkurrenten. Ach, wie romantisch waren da die alten Zeiten, als wir noch mit kleinen tragbaren Transistorradios am Ohr auf der Tribüne standen. Aber eines war klar – schaute man in die Gesichter unserer Fans, so erkannt man deutlich: Fußball ist die (aller)schönste Nebensache der Welt!

Wie das österreichische Bundesheer

Das Spiel gegen den SK Sturm Graz begann mit einer "Niederlage". Sturm gewann die Platzwahl und so musste Wacker in der erste Halbzeit entgegen der allgemeinen Gewohnheit  Richtung Nordtribüne spielen. Ja, der FCW hatte gespielt und Sturm igelte sich ein. Erinnerte mich ein wenig, als ich beim Bundesheer war. Einigeln und die eigenen Grenzen verteidigen war damals die Devise. Und die Offiziere von damals hätten mit den Grazern die hellste Freude gehabt. Durchaus mit Erfolg. Aus dem Nichts gingen die Steirer Glücksritter sogar in der 45. Minute in Führung. Mattersburg lag zu diesem Zeitpunkt deutlich zurück und die Admira auch. Aber unser stärkster Konkurrent um den Klassenerhalt hielt das Remis. Es wird eng – verdammt eng!

Erst ein Schock

Aber Nord–, Ost- und Westtribüne heizten mit Wechselgesängen und tobendem Applaus die Atmosphäre im Tivoli ordentlich ein. Es wurde immer lauter und hektischer im Stadion. Teilweise lagen die Nerven (oben) blank. Schon wieder hebt der „Wachtler“ an der Linie die Fahne und pfeift der Schiri ein vermeintliches Foul der Schwarz–Weißen nicht – zum narrisch werden. Die Spannung war kaum noch auszuhalten. Aber unten schienen unsere Spieler Nerven aus Stahl zu haben. Es ging nur mehr in eine Richtung.

Ein Raunen ging durch die Zuschauer. Wr. Neustadt führte 2:0. Es war zum Verzweifeln. Da spielt man zum zweiten Mal in dieser Saison den steirischen Spitzenklub an die Wand und steht womöglich am Ende mit leeren Händen da. Aber, dass der Innsbrucker Jahrgang mehr mundet als der Grazer, bewies dann Lukas Hinterseer mit dem hochverdienten Ausgleichstreffer. Nach dem Schock der Neustädter Führung, überschwänglicher Jubel in Schwarz-Grün. Nun stand der Fokus endgültig nur mehr auf „Attacke“.

Kampf um jeden Grashalm

Sah man zur Osttribüne, hielt es keinen mehr auf den Sitzen. Unermüdlich wurde unser Team angetrieben, von jetzt total entfesselnden Fans auf der Nordtribüne nach vorne gepeitscht. Und die gaben alles. Chance um Chance wurde herausgespielt und um jeden Millimeter gefightet. Aber es schien wie verhext. Entweder ging die Flanke zu weit oder die Latte rettete die Blackys. Die Nervosität auf den Rängen stieg von Minute zu Minute. Die Zeit verrann, als wollte sie mit Usain Bolt um die Wette rennen. Aber da zwar ein Brief aufgegeben wird, aber niemals unsere Schwarz–Grünen, hallte es „Kämpfen Wacker – kämpfen“ von den Tribünen und man versuchte unserem Team noch einmal einen letzten Schub zu geben. Nach einem kurzen Leerlauf ging es alsbald nur noch im Turbo nach vorne. Das erlösende Tor wollte und wollte nicht gelingen – zum Haare raufen.

„Urschrei“

Dann die 90. Minute. Erneuter Angriffswirbel im Sechzehner der Steirerbuam. Und es hieß 2:1 für den FC Wacker Innsbruck. Tarzan wäre vor Neid zerplatzt. Der Erfinder des Urschreis bekam tausende Nachfolger, welche auf dem Tivoli einen so gewaltigen Schrei hervor brachten, dass Geologen sogar einen Felssturz von der Nordkette befürchten mussten. Sensationell, Wahnsinn und einzigartig, was jetzt abging. Die Fans lagen sich in den Armen. Einige hüpften, einige fielen regelrecht an den Spielfeldrand, blieben aber sehr diszipliniert und kletterten zurück. Das Tivoli stand Kopf und keiner blieb mehr auf seinem Platz. Tosender Applaus hallte durchs ganze Stadion und auf den Sitzen hielt es schon lange keinen mehr. Fast wäre uns noch einmal das Herz vor Schreck stehen geblieben, als ein Grazer alleine auf unser Tor zustürmte. Aber danach der Schlusspfiff und es gab kein Halten mehr. In der schon traditionellen Menschentraube beim letzten Saison-Heimspiel auf dem Feld gingen die Spieler regelrecht unter. Schals wechselten kurzerhand von den Fans um den Hals der Spieler. „Ihr seid der Wahnsinn und der Grund für diesen Sieg“ war von den euphorisierten Spielern zu hören und X-mal – „Danke, danke, danke“.

Jetzt geht es zum Showdown nach Wolfsberg. Aus eigener Kraft können wir jetzt den Klassenerhalt schaffen. Mittendrin wird ein alter Bekannter mit fiebern. Inaki Bea wird unserem Team vor Ort alle Daumen drücken. Während anderswo bei Europacupstartern die Fans streiken und die des Neo-Meisters streiten, ist in Innsbruck bei den Abstiegskandidaten Nummer eins im Frühjahr eine Euphorie ausgebrochen. Geschichten, die nur der Fußball schreibt und die man nicht mit Millionen kaufen kann!

 

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Autor: Rudolf Tilg

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