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Zwischen Gewittern und (Begeisterungs) Stürmen

Zu Beginn des Westschlagers hagelte es Klopapierrollen und Papierschnitzel von der Nordtribüne: eine wirklich tolle Atmosphäre hat diese klassische Choreographie geschaffen. Danach hagelte es erneut am Tivoli: rollende Angriffe der Salzburger, welche fast im Minutentakt vor unserem Tor immer wieder brandgefährlich auftauchten. Fast bin ich gewillt gewesen zu denken, selten so eine gute Mannschaft am Tivoli gesehen zu haben. Aber dass es anders wurde, war dem Publikum und dem wackeren Kampfgeist nach dem schnellen 1:0 der Salzburger zu verdanken.

Präsi unter den Fans

Was da in der zweiten Halbzeit am Tivoli abging, braucht den Vergleich mit den allerbesten Zeiten nicht zu scheuen. Einem schier übermächtigen Gegner wurde von unserer Mannschaft getrotzt und die Fans verwandelten das Tivoli in ein Tollhaus. Ich bin ja schon lange dabei und viel unterwegs, aber die Art und Weise, wie die Schwarz-Grünen zweite Halbzeit von den Rängen unterstützt wurden, bezeichne ich als phänomenal. Durch die ganzen Turbolenzen der letzten Saison ist überhaupt ein tolles WIR-Gefühl rund um den FC Wacker Innsbruck entstanden, das sich jetzt sogar noch verstärken könnte. Der am Freitag von der Generalversammlung mit überwältigender Mehrheit gewählte neue Präsident mischte sich vor dem Spiel samt seinen Vorstandkollegen mitten unter uns Fans, alle fragten nach und zeigten äußerste Fannähe. Und dann präsentierte sich der Tivoli zu seinem/ihrem Einstand von seiner allerbesten Seite. In den letzten Minuten des Spiels herrschte sogar absolutes Gänsehautfeeling. Stehende Ovationen und Begeisterungsstürme ließen sogar das heftige Gewitter über dem Himmel von Innsbruck erblassen.

Besondere Fans

Neben Landeshauptmann Günter Platter befanden sich am Samstag, so wie sonst auch bei jedem Spiel ihrer Schwarz-Grünen, noch viele besondere Fans im Stadion. Jetzt ist es so, dass sich die Fans des FC Wacker Innsbruck durch ihre besondere Leidenschaft und Liebe zum Verein auszeichnen – wie kaum wo in Österreich. Aber beobachtet man eine Gruppe von Menschen am Tivoli Woche für Woche, sieht man erst, was dieser Verein einem geben kann. Inspiriert von dem jungen Mann im Rollstuhl, der immer neben unseren Transparenten vor der Nord sitzt und mitfiebert wie kaum ein anderer, machte ich mich auf dem Weg Richtung Osttribüne, um mich einmal mit ein paar Fans mit besonderen Bedürfnissen dort zu unterhalten und einmal zu sehen, wie sie den FC Wacker Innsbruck erleben. Und so etwas beeindruckt dann um Welten mehr, als all das, was Didi Mateschitz mit seinen gesamten Dosenmillionen je erreichen wird.

Freude und Begeisterung pur

Man möge gar nicht glauben, wie groß das Interesse an unserem Verein unter den Menschen mit Behinderungen ist: einfach Freude pur und es gibt auch Tränen, wenn es nicht so läuft – alles unverfälscht und mit viel Liebe. Daran sieht man, wie wichtig ein Verein wie der FC Wacker Innsbruck für die Allgemeinheit ist und völlig zu Recht im öffentlichen Interesse steht. Zu danken gilt es auch jenen, die es diesen Menschen ermöglichen, ihre Leidenschaft live im Stadion mitzuerleben. Aktionen hat es da immer wieder auch von Seiten des Vereins gegeben. Nicht selten ist ein ganzes Heim, wie etwa das Haus Franziskus vom Wackervirus infiziert.
Aber das betrifft bei weitem nicht nur Innsbruck. In meinem Heimatort Schwaz beispielsweise gibt es in der angesiedelten Lebenshilfe einige echte Fans. Und wie einfach man ihnen eine Freude machen kann, habe ich selber erlebt. So habe ich einen jungen Mann einen Stapel alter Autogrammkarten geschenkt und der glaubte, es sei Ostern und Weihnachten zusammen getroffen. Leider haben „normale“ Menschen oft Berührungsängste.

Wacker schau’n

Beeindruckt hat mich auch, dass ich auf ein sehbehindertes Pärchen traf. Man fragt sich automatisch, was bekommen diese Menschen von einem Fußballspiel eigentlich mit. Ich staune weniger, da ich einmal eine sehbehinderte Freundin hatte. Aber wer es nicht weiß, kann es nicht beurteilen. Diese Menschen bekommen sehr, sehr viel mit. Leben und fiebern voll mit und ja sicher, sie sehen ein Tor nicht, aber an der Geräuschkulisse und Kommentaren der umstehenden Personen sind sie nicht viel weniger am Spielverlauf involviert, wie wir Sehenden. Toll finde ich es persönlich, wenn ein blinder Fan statt, das habe ich gesehen,  „das habe ich gehört“, zu einem sagt. So ist es in Wirklichkeit und er/sie/es sehen oft mehr was viele andere nicht sehen oder sehen wollen.

Auf der Osttribüne traf ich auch die bekannte „Wackeroma“: Sie geht auf die 80 zu, schaffte es nicht mehr zur Westtribüne, aber lässt ihren FC Wacker Innsbruck nicht im Stich. Für sie und für die Menschen mit besonderen Bedürfnissen, aber auch für uns alle, welche den FCW lieben, wünsche ich mir, dass es den Verein noch ewig geben möge. Der FC Wacker Innsbruck ist weit mehr, als „nur“ ein Verein und mit Neu-„Präsi“ Josef Gunsch samt seinem Team dürfen wir hoffentlich auch wieder zuversichtlicher in die Zukunft blicken.

 

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Autor: Rudolf Tilg

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