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Der Schein trügt (manchmal)

Oftmals täuscht ein erster Blick. Auf den ersten Blick etwa hätte man in der letzten Saison kein Eierschwammerl mehr auf den Klassenerhalt des FC Wacker Innsbruck setzen dürfen: zehn der elf ersten Spiele verloren, zwei Runden vor Schluss nur noch die potentiellen Europa-League-Starter als Gegner, vom Verlauf des Spieles gegen diese ganz abgesehen. Doch Wacker ist geblieben, begeht sein Jubiläum dort, wo er hin gehört. Holt Punkte, wo es letztes Jahr bittere Niederlagen gesetzt hat. Und gastiert am Wochenende beim regierenden Meister und Champions-League-Teilnehmer FK Austria Wien.

Tränen lügen (nicht)

Wenn man ein Spiel verliert, noch dazu zu Hause, wenn der junge Torhüter mit Tränen in den Augen vom Platz geht und von den Betreuern gehalten wird, scheint es selten gut zu stehen um eine Mannschaft. Wenn man in 90 Minuten nur 4 Schüsse auf das Tor abgibt und gar nur einen vereinsamten Eckball erspielt, dann erklären sich die Tränen. Wenn man vor eigenem Publikum nur 40% Ballbesitz hat, eine 1:0-Führung verspielt und der Anschlusstreffer zu spät kommt, dann kann es passieren, dass das Publikum tobt. Aber vor Freude, denn erstmals in der Geschichte der Champions-League hat sich die Wiener Austria für die Gruppenphase qualifiziert, erstmals seit sieben Jahren ein österreichischer Verein. Dass genau dieses Team in seiner Hochstimmung auf den FC Wacker Innsbruck trifft, dass neben dem Gottseibeiuns Philipp Hosiner (in den letzten vier Spielen gegen die Schwarz-Grünen erzielte er sieben Tore) und den designierten zweiten Stürmer Rubin Okotie (der bereits im Dress der Austria gegen Innsbruck traf wie auch in seinem letzten Aufeinandertreffen im Sturm-Dress) nun auch Roman Kienast den Schwung aus seinem Millionentreffer mitnimmt, lässt in der ohnehin dezimierten Wacker-Defensivabteilung wohl kaum Freude aufkommen.

Tirol ist (nicht) in der Champions League

Lang ist es her, dass ein ganze Gruppe Schwarz-Grüner um den Einzug in die CL-Gruppenphase kämpfte. Und kurios, denn ihnen wurde ein zweiter Versuch gewährt. Als jedoch am 8. September 2001 Roland Kirchler den Ball an die Querlatte jagte und der Verein später endgültig implodierte, da dachten sich wohl die meisten, dass es das nun für Jahre, ja Jahrzehnte war mit der Chance, Tiroler in der Champions-League zu sehen. Und wohl weder der junge Florian Mader noch der junge Pascal Grünwald, beide damals bei Wattens engagiert, dachten wohl ernsthaft an die Möglichkeit, mit Wacker in der Bundesliga zu kicken, in violett den Titel zu holen und in der Champions-League auf die Großen des europäischen Klubfußballes zu treffen. Dem zwölfjährigen Fabian Koch hätte man derart naive Träume wohl noch verziehen. Aber der Schein trügt oft, und so sind die ehemaligen Innsbruck-Spieler nun in einer Liga mit Messi und Ribery, mit Ronaldo und Rooney. Und plagen sich zu Hause mit dem Tabellenschlusslicht aus dem Lavanttal, gewinnen nur vier Zweikämpfe (von insgesamt 188) mehr als die Kärntner, haben einen Kienast und einen Jun, die bei ihren Kurzeinsätzen gar kein Duell für sich entscheiden können – und gewinnen trotzdem klar mit 4:1.

Wenn Zahlen nichts bedeuten

Es scheint also, dass auch einzelne Zahlen für sich nicht viel bedeuten. Außer sie bereiten einem Freude, dann haben sie ihren Sinn erhalten. Wie etwa die schöne Zahl 100. So viele Prozent erfolgreiche Passquote konnte Stipe Vucur für sich verbuchen, eigentlich ein Tag der Freude – hätte er nicht schon bereits nach 17 Minuten den Platz verlassen müssen. Auch für Tomas Abraham gab es einen 100er, in seinem Jubiläums-Spiel (100. BL-Spiel) für den Jubiläumsverein brachte er es auch auf fast 100% komplettierte Pässe (exakt 92,8%) – um dann ebenfalls frühzeitig die Kabine aufsuchen zu müssen. Dass Wacker Innsbruck in dieser Partie gegen Wiener Neustadt 59,9% der Ballberührungen hatte, scheint eigentlich auf eine Überlegenheit und Kontrolle des Spielen hinzuweisen. Wenn allerdings gleichzeitig 56,2% der Zweikämpfe verloren gehen, dann scheint der Ball nur ohne Drang nach vorne in den eigenen Reihen rotiert zu sein. Und das dürfte gegen eine hoch motivierte Wiener Austria, die in den letzten beiden Bundesliga-Spielen neun Tore erzielte, nicht zielführend sein.

Die Hoffnung auf trügerischen Schein

Es scheint also von der Papierform alles klar: Der regierende Meister gegen das Team, das dem Abstieg im letzten Moment von der Schippe gesprungen ist. Der Champions-League-Teilnehmer gegen den Überlebenskünstler. Die auf Sieg getrimmten Verteilerkreisler gegen die Remiskönige von der Sill. Aber wie gesagt, oft trügt der Schein…

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Autor: Stefan Weis

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