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Auch Underdogs können beißen

Der ÖFB-Pokal steht wieder an, der schnellste und wohl auch einfachste Weg in das internationale Geschäft, und dennoch das ungeliebte Stiefkind des österreichischen Fußballs. Und der FC Wacker Innsbruck hat ein nominell schweres Los erwischt, bereits in Runde zwei muss man auswärts gegen den Titelverteidiger und EuropaLeague-Qualifikanten antreten. Wobei, es hätte auch schlimmer kommen können, denn ein Drittligist aus der Regionalliga Mitte darf für einen Bundesligisten einfach kein Stolperstein sein – glaubte man in der abgelaufenen Spielzeit auch in Salzburg und Wien…

Pasching gegen Österreich

Als am 30. Mail 2013 Schiedsrichter Rene Eisner das Spiel des Meisters Austria Wien gegen den Linzer Vorstadtclub abpfiff, war die Sensation des Paschinger Cupsieges eigentlich keine mehr. Am Weg ins Finale hatten bereits mehrere große „österreichische“ Namen die Segel streichen müssen: Austria Salzburg, Austria Lustenau, Austria Klagenfurt, der österreichische Rekordmeister Rapid Wien sowie der Nachfolger der violetten Salzburger, die roten Bullen aus Wals-Siezenheim, die im Viertelfinale den FC Wacker Innsbruck aus den Bewerb geworfen hatten. Auf beeindruckende Weise zeigten die Kicker des Regionalligisten, wie wenig für einen internationalen Startplatz notwendig ist: 13 Tore in 570 Minuten sind zwar mehr als für Minimalisten vorgeschrieben, aber man wollte sich nicht lumpen lassen.

Eine Grad-Wanderung

Schließlich hat man in Pasching einen Ruf zu verlieren. Bereits 2000 stand man als Drittligist im Halbfinale des Pokalbewerbes und musste sich dort nur dem späteren Pokalgewinner Grazer AK geschlagen geben, nachdem man in den Runden zuvor bereits dessen Lokalrivalen und kommenden Vizemeister SK Sturm Graz, die WSG aus Wattens sowie den Fußballmeister dieses Jahres, FC Tirol, besiegt hatte – eine Warnung für den Trainer des FC Wacker, Roland Kirchler, der damals mit seinen Teamkollegen sang- und klanglos mit 2:0 verlor. „Pasching“ sollte bis zum legendären Aufstiegsspiel ein in Innsbruck nicht sonderlich beliebter Ort werden. Dem Auftaktspiel im Pokal folgten zwölf Liga-Begegnungen, vier magere Siege bei sechs Unentschieden und zwei Niederlagen sind die gesamte Ausbeute gegen das Spielzeug des oberösterreichischen Unternehmers Franz Grad, der 2007 den Verein mit Mann und Maus nach Klagenfurt übersiedelte, um der orange-blauen Regierung eine Mannschaft für ihr Europameisterschaftsstadion zu überlassen. Auch gegen dieses „Pasching II“ namens Austria Kärnten gab es für die schwarz-grünen Unentschieden-Könige nur einen Sieg bei zwei Remis und einer Niederlage.

Paschinger Erfahrung

Es wird ein schweres Spiel, denn Pasching ist nicht irgendwer. Man düpierte etwa im UI-Cup den SV Werder aus Bremen in der oberösterreichischen Provinz mit 4:0 und besiegte Zenit St. Petersburg mit 3:1. Man kann auf eine für einen kleinen österreichischen Club nicht unbekannte Trainerriege zurückblicken, wurde man doch etwa von Zellhofer, Hochhauser, Kraft, Heraf, Constantini, Duricic, Djulic, Pinter und aktuell von Martin Hiden gecoacht. Man kann auf Bundesliga-Erfahrung zurückgreifen, und damit sind nicht nur die fünf Saisonen in Österreichs Oberhaus gemeint. Die Veteranen im aktuellen Kader des FC Pasching kommen auf insgesamt 582 Partien in der höchsten Spielklasse und schnürten ihre Schuhe für Austria Wien, Sturm Graz, LASK Linz, Ried, Admira-Wacker, Mattersburg, Kapfenberg, Austria Kärnten, den GAK und RB Salzburg. Von dieser Erfahrung profitiert nicht nur der Verein an sich, sondern auch die zwölf Spieler im Kader der Oberösterreicher, die 21 Jahre und jünger sind und den Altersschnitt trotz der vielen routinierten Kicker auf 24,1 Jahre senken – im Schnitt 1,1 Jahre jünger als die Innsbrucker.

Vorsicht, bissig!

Die höhere Spielklasse, der reifere Mannschaftskern, die besseren Spieler: es spräche alles für einen Sieg des FC Wacker Innsbruck gegen den Paschinger Underdog – wenn man die Aufgabe ernst nimmt und nicht in guter österreichischer Manier am direkten Weg nach Europa allzu vielen Schlüsselspielern eine Pause gönnt, um „den Kaderspielern Einsatzzeit“ zu geben. Denn auch Underdogs können beißen.

 

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Autor: Stefan Weis

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