Die neuen Leiden des jungen W.
Es fing alles so schön an: Die Euphorie aus dem Last-Minute-Rettung-vor-dem-Abstieg-Spiel schien den jungen Wacker beflügelt zu haben, die Angst vor einer neuerlichen Negativserie wie zu Beginn der vergangenen Saison glaubte man endgültig abgeschüttelt. Unentschieden gegen den Euro-League-Teilnehmer Sturm und das Überteam aus Salzburg, ein Sieg gegen die Admira, und sogar ein kleines Pünktchen aus dem Unspiel gegen den WAC durften genossen werden. Die neuen Leiden hatten sich schon leise bemerkbar gemacht. Und dann kehrte der Trainer zurück auf die Bank, um seine Emotionen nicht nur von der Ferne der Tribüne aus an die Mannschaft weiterzugeben. Erster Gegner nach Florian Klausner: die SV Ried.
Gutenachtgeschichte
Viel hatte man sich aus dem Spiel gegen die Oberösterreicher erhofft, es sollte richtungsweisend werden für die kommende Saison. Die Innsbrucker zwischenzeitlich auf Rang vier und mit dem Drang nach oben, die Rieder punktegleich dahinter, gegen den Zwerg Grödig ohne Tor, den am Boden liegenden WAC nur mit einem knappen 1:0 gebogen, Wiener Neustadt einen Punkt entführen lassen, nur gegen die Wiener Austria dreimal einen Rückstand aufgeholt – ungeschlagen also, aber weit weg von einem Topteam. Zu den Abstiegsgefilden, mit denen man am Tivoli gar nichts mehr zu tun haben meinte, bereits ein kleines Polster von fünf Punkten, und in den Augen der Spieler glaubte man im so schnell entflammbaren Tirol ein europäisches Flackern zu erkennen. Das Spiel wurde richtungsweisend, doch nicht so, wie erhofft. Selbst das erste Bundesliga-Tor des Defensiv-Hünen Marco Kofler, das 100. Tor von Roman Wallner und ein zu Unrecht aberkanntes Tor der Innviertler konnten die erste Saisonniederlage nicht verhindern. Der Inzinger Clemens Walch spazierte nach drei Minuten durch die noch dösenden Innsbrucker Abwehrreihen, die Flanke von Gartler erwischte Wacker im Tiefschlaf und lediglich der junge Möschl, Chancen – wie etwa ein neuerlicher Elfmeter für Schwarz-Grün – wurden leichtfertig vergeben, die Abwehrleistung vor Perstallers Flanke auf Zulj sollte symptomatisch für das wackere Spiel werden. Und die internationalen Träume wurden schnell wieder zu Bett gebracht.
Auszug (aus der Statistik)
Während die SV Ried als Tabellenzweiter in Runde vierzehn geht, sackte Innsbruck sportlich auf den letzten, dank Südstädter Finanzproblemen auf den vorletzten Rang ab. Am Weg dorthin wurden sie deutlich, die wackeren Leiden: Die Vielzahl an vergebenen Chancen, die Eigenfehler in der Abwehr, die jedes gute Spiel zerstörten, die Fehler in den ersten Spielminuten, die auch durch einen überwältigenden Tiroler Kampfgeist in Halbzeit zwei selten wiedergutzumachen waren. In zehn von dreizehn Spielen waren die Tiroler in Rückstand geraten, drehen konnten sie kein einziges davon. Immerhin nahm man noch fünf Punkte aus diesen Partien mit – die Oberösterreicher aus sieben Spielen mit Rückstand ebenso viele Punkte, nur zweimal mussten sie als Verlierer vom Platz. Nur ein Team in Österreich kann derzeit eine bessere Bilanz aufweisen: die Salzachstädter. Auch das „Verwalten“ eines Vorsprungs lag den Innsbruckern nicht, aus drei Spielen mit Führung wurde nur ein voller Erfolg. Und Ried? Sechsmal in Front, fünfmal ein Dreipunkter, und damit am zweiteffektivsten – hinter den Mozartstädtern.
Eins und Eins ist Uneins
Wer Gleichstand will, muss lange suchen. Doch er findet ihn zumindest bei den verwandelten Elfmetern, hat doch auch die SV Ried in der laufenden Saison noch keinen verwandelten Penalty vorzuweisen (allerdings bisher auch noch keinen zugesprochen bekommen), und zwei gehaltenen Strafstößen von Gebauer stehen je ein verhinderter Treffer vom Punkt durch Safar und Schober gegenüber. Und in noch einer Statistik finden sich Wacker und die Sportvereinigung auf Augenhöhe, auch wenn sie es lieber verschweigen würden: Lukas Hinterseer und Christian Schilling, Thomas Reifeltshammer und Jan-Marc Riegler, alle waren sie schon uneins mit ihren Mannschaftskollegen. Vier von fünf Eigentoren der Bundesliga-Saison 2013/2014 wurden von Spielern in Schwarz-Grün erzielt. Uneins sind auch die beiden Kontrahenten, was die Fortsetzung laufender Serien angeht: seit 26.07.2006 konnten die Innsbrucker nicht mehr im Innviertel gewinnen, seit elf Runden warten sie auf einen Sieg, seit unglaublichen 19 Spielen konnte die wackere Defensive nicht mehr die Null halten – zuletzt am 20. April 2013 gegen die SV Ried im Innkreis, Bergmann-Siller-Svejnoha-Hauser mit Marco Kofler als Sechser lautete die Betonwand damals bei Spielbeginn.
Legende vom Glück ohne Ende
Wie das Innsbrucker Abwehrreihen-Hütchenspiel am Samstag ausschauen wird, wagt wohl niemand weiszusagen, ebensowenig wie den Ausgang des Spieles. Denn auch wenn der FC Wacker Innsbruck als Underdog in diese Begegnung geht, hat man (noch) nicht das Gefühl, einer unmöglichen Aufgabe gegenüberzustehen, im Gegenteil: man darf weiterhin Träumen vom schwarz-grünen Glück ohne Ende – zumindest hinsichtlich eines lockeren Klassenerhalts. Denn Innsbrucker Träume sind klein geworden.