Welcome to the Jungle
Früher, so heißt es, war alles besser. Und früher, so hört man von denselben, war alles viel schlimmer. Damals, in der grauen Vorzeit – als der durchschnittliche TV-Apparat zwar schon in der eigenen Wohnung stand, aber noch ohne Farben lief – damals hat es so etwas nicht gegeben. Weil anno dazumal, da hat man noch gearbeitet, geackert und sich aufgeopfert, da ging man heim zum schlafen. Und jetzt? Jetzt sitzt man vorm TV und starrt gebannt auf Menschen, deren Namen man nicht so genau kennt, sieht ihnen beim Nichtstun zu, beim Spazierengehen und Rumliegen, bewundert sie, wenn sie sich freiwillig für ein paar Minuten quälen und dafür fürstlich entlohnt werden und bemerkt dabei nicht, wie Außenstehende an diesem geistigen Niedergang verzweifeln. Und das Erschreckende ist: ich könnte auch von der Bundesliga gesprochen haben…
Ein Grimme-Preis fürs Drehbuch
Wobei, einen Unterschied gibt es schon: während „der Dschungel“ für medienwirksame Dampfplauderei, unvorhersehbare Entscheidungen und inkonsequente Handlungen bedingt durch kulinarische Schmalkost mit der renommiertesten Auszeichnung des deutschsprachigen Fernsehens, dem Grimme-Preis, ausgezeichnet wird, stehen in Österreich weder Akteure der fußballerischen Schmalkost noch Handlungen ihres Dachvereines Bundesliga unter dem Verdacht, prämiert zu werden – obwohl es doch eine gewisse Spannung beinhaltet, wie inkonsequent Konsequenzen für Regelverstöße dargeboten werden. Auch die Dramaturgie, in der spielfreien Zeit des Winters an Punkten und Positionen in der Tabelle zu schrauben, verdient Anerkennung und erfreut die nach Neuigkeiten gierenden Medienpartner. Und ob man sich dabei selbst zum Horst macht, ich bitte Sie, wer fragt schon danach…
Ich bin ein Star…
Auch wenn es kaum zu glauben ist, Bewegung gab es auch in anderen Bereichen, etwa dem Spielermarkt. Einige konnten sich der Gunst des Publikums nicht mehr erfreuen und wurden nach der obligatorischen (wenn auch auf Grund der Zahlen überraschenden) Versicherung der Unantastbarkeit ihres Arbeitsplatzes abgewählt. Den Wert von 0,63 Punkten pro Spiel tunnelten in dieser Saison nur die nun ebenfalls dienstfrei gestellten Toni Polster (0,0) und Slobodan Grubor (0,29). Die Konkurrenz im Abstiegskampf reagierte früh auf die eigenen Unserien und vollzog mit Walter Knaller (1,38) und Didi Kühbauer (1,64) eine beeindruckende Trendwende. Doch der in dieser Rangliste auf der dritten Position platzierte Trainer der Wolfsberger steht nun ob des Erfolgslaufes vor einem anderen Problem, ließen sich doch drei seiner Schlüsselspieler zum Ruf „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ verleiten. Und sie kamen raus aus dem Lavanttal: mit Michael Liendl (11 Tore / 5 Vorlagen), Mirhet Topcagic (5 /3) und David de Paula (0 /1) verloren die Kärntner wichtige Garanten für offensiven Mittelfeldschwung und Torgefahr. 50% ihrer Tore wurden von Liendl und Topcagic erzielt, zwei der drei Treffer gegen Innsbruck erzielte das Duo. Einzig der ständige Unruheherd und Wacker-Schreck Kerhe verblieb als gegen Schwarz-Grün erfolgreicher Torschütze beim WAC.
Dschungelprüfungen
Und eben dieser WAC ist die Nummer eins der fünfzehn noch verbleibenden Dschungelprüfungen. Für Wacker Innsbruck heißt es zwar nicht Kakerlaken fressen, Blut trinken und durch Schlamm waten, erfreulicher wird es aber wohl dennoch nicht werden. Primäres Ziel wird es sein, sich am Gegner festzubeißen, denn mit 49 Gegentreffern in 21 Runden befindet man sich auf Augenhöhe mit den Absteigern der letzten Jahre, erst die Spielzeit 2008/09 brachte mit SCR Altach (63 Gegentreffer) ein Mannschaft mit deutlich schlechterer Bilanz. Bei der Sicherung der Defensive und damit der Mission Klassenerhalt helfen soll auch frisches Blut: Bright Edomwonyi kam bei Liefering in dieser Saison nur zu sieben Einsätzen mit durchschnittlich 42 Minuten, bereitete dabei in Runde eins und zwei (Mattersburg/Horn) jeweils ein Tor vor. Ändert sich dabei nichts, wird wohl Lukas Hinterseer der gesuchte Vollstrecker in der Offensive bleiben. Der Brasilianer Junior Felicio Marques und Zeljko Djokic aus Serbien ergänzen die Neuzugänge im Camp – und bieten dabei eine überraschende Ähnlichkeit zur Wolfsberger Transfertätigkeit, bedienten sich die Kärntner doch ebenso im Schaufenster der Salzburger Bullen in Liefering und nominierten gleichfalls einen Brasilianer zur nächsten Dschungelprüfung.
Sterne fürs Camp
Für Wacker heißt es nun die nächsten Wochen Punkte holen, und zwar massig. Denn mit einem Stern kann man vielleicht über dem Wappen zufrieden sein oder im australischen Busch, in Innsbruck braucht es hingegen derer drei in jedem Match, um nicht den Wendler zu machen und den vorzeitigen Abgang aus dem Camp Bundesliga zu vollziehen. Vielleicht ist es dabei tröstlich, dass auch im Dschungel Kärnten nur zweiter Sieger wurde…