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Fußball und Wissenschaft – „Sprachbarrieren am Fußballfeld“ – Teil 1

Mag. Jasmin Steiner ist beim FC Wacker Innsbruck wahrlich keine Unbekannte. Sie arbeitete im Clubmanagement und war für die Betreuung der nicht-deutschsprachigen Legionäre und vor allem als Dolmetscherin und Deutschlehrerin für unsere spanischen Spieler verantwortlich. Bereits in ihrer Magisterarbeit am Institut für Romanistik, die Mag. Jasmin Steiner im Rahmen der „Innsbruck Football Research Group“ an der philologisch-kulturwissenschaftlichen Fakultät verfasste, untersuchte sie anhand von Interviews mit Spielern und Trainern verschiedenster Clubs die Multilingualität im Fußball und deren Bedeutung und Auswirkung. In ihrer Doktorarbeit, die kurz vor der Vollendung steht, wird dieses Thema noch vertieft. Das tivoli12 magazin traf sich mit der engagierten Wissenschaftlerin.

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Jasmin, wie bist Du auf das Thema Mehrsprachigkeit im Fußball gekommen?

Auf das Thema bin ich gar nicht selbst gekommen, sondern im Zuge eines Projektseminars an der Uni Innsbruck meiner jetzigen Betreuerin (Anm.: Doktorarbeit betreut von Prof. Eva Lavric und Prof. Wolfgang Stadler). Das war der Auslöser um mich mit dem Thema Mehrsprachigkeit im Fußball anzufreunden. Im Zuge dieses Seminars habe ich mir angesehen, ob sich dieses Thema für eine Diplom- oder Doktorarbeit verwenden lässt. Nach dem Seminar gab es mehrere Sitzungstermine mit der Professorin und es hat sich als hochspannendes Thema herauskristallisiert. Es ist nicht nur theorielastig sondern vor allem praxisorientiert. 

Worum ging es in diesem Forschungsseminar?

Ursprünglich war der Plan als WissenschaftlerInnen in den Fußball zu kommen. Es war nicht immer leicht Kontakte zu den verschiedenen Vereinen zu bekommen. Unser Ziel war es Partner zu finden um zu erforschen wie die Kommunikation und das Kommunikationsverhalten im Fußball abläuft und ob Kommunikation überhaupt ein Thema ist. Oder ob man der Meinung ist, das Verbale und/oder Nonverbale kann ignoriert oder ausklammert werden, weil man glaubt dies würde im Fußball nicht benötigt. Dies waren grobe Fragestellungen auf die wir hofften Antworten zu bekommen. Damals war es uns relativ egal wen wir als Interviewpartner erhalten konntn, denn wir waren froh, dass sich überhaupt Personen bereit erklärt haben mit uns zusammen zu arbeiten.

In weiterer Folge hast Du eine eigene Fallstudie zu diesem Thema verfasst. Der Anlass war die Verpflichtung von Inaki Bea beim FC Wacker Innsbruck. Welche Probleme traten dabei auf?

Als das Projektseminar beendet war, habe ich den Entschluss gefasst meine Diplomarbeit über das Seminar zu schreiben. Danach hat sich das Engagement beim FC Wacker Innsbruck ergeben weil damals Inaki Bea geholt wurde und man auf der Suche nach einer spanischsprechenden Person war, die ihm in weiterer Folge auch Deutsch beibringen sollte. Durch das Projektseminar und die Diplomarbeit hatte ich bereits einige Vorkenntnisse und habe gesehen, dass es sehrwohl wichtig ist Legionäre auch sprachlich zu integrieren. Ohne Dolmetscherin hätte Inaki besonders in der Anfangszeit keine so großen Schritte machen können, weil es bereits in der Kabine und im Management, wenn es um organisatorische Dinge ging, bereits Sprachbarrieren gab. Es wäre angefangen bei der Anmeldung, Mietvertägen und den einzelnen Punkten dieser schwierig gewesen diese ohne Übersetzung guten Gewissens unterschreiben zu können. Dies waren die ersten großen Hürden, die wir bewältigt haben und ohne Dolmetscherin wären diese auch nicht zu nehmen, denn Inaki verfügte auch über keine nennenswerten Englischkenntnisse. Mit ihm musste man auf Spanisch kommunizieren um die Inhalte verständlich zu machen und beizubringen.

Von den anfänglich organisatorischen Sprachbarrieren ging es dann ins Fußballerische. Es gab Trainingeinheiten, in denen die Instruktionen für ihn unverständlich waren, oder eben die ganze Fußball-Fachsprache. Das klassische Fußballvokabular wie Tormann, Verteidiger, links, rechts etc. haben wir in den ersten drei Wochen sehr intensiv studiert. Ich habe ihm die Vokabeln gegeben und wir haben viel mit learning bei doing gearbeitet. Ich war mit ihm am Fußballfeld und habe ihn beispielsweise aufgefordert die Position, auf der ich gerade stand zu benennen. Wir haben die Theorie mit der Praxis verbunden, damit er das ganze Vokabular schnellstmöglichst beherrschten konnte. Denn nur wenn er die Anweisungen der Trainer und die Mitspieler verstanden hat, konnte er natürlich die Übungen erst mitmachen.

Gab es Probleme aufgrund unseres Dialektes? Wurde etwa auf Inaki zugegangen mit dem Wissen, dass er Deutsch versteht und man davon ausging, er verstünde jetzt auch unseren Dialekt?

Richtig! Das ist eine Erkenntnis, die jetzt im Zuge der Forschung für die Doktorarbeit gewonnen wurde. Sowohl der Trainerstab als auch die Angestellten im Clubmanagement und die Spieler sind Bea in ersterlinie immer im Tiroler Dialekt gegenüber getreten. Wie die Forschungsarbeiten ergeben haben, war den meisten Akteuren dies gar nicht bewusst. Tatsächlich haben alle nicht Hochdeutsch gespochen, obwohl alle wussten, dass ich mit ihm Hochdeutsch lerne. Denn mein Auftrag war ja ihm Hochdeutsch beizubringen und nicht den Dialekt. Jeder war irgendwie der Meinung man spricht ganz passabel Deutsch. Es hat sich allerdings herausgestellt, dass man wirklich sehr oft mit ihm im Dialekt gesprochen hat. Das war fast noch das größere Problem und hat die Eingewöhnungszeit verzögert, weil mir das als seine Deutschlehrerin damals nicht bewusst war.

Im Zuge der Forschungsarbeit wurde auch mir das erst bewusst. Hätte ich das damals schon gewusst, hätte ich ihn natürlich auf den Tiroler Dialekt vorbereitet. Denn man hätte auch die Floskeln, die wir in Tirol und die Trainer verwenden, beibringen können. Ich war damals der Meinung das würde auf Hochdeutsch erfolgen. Ich selbst habe mit ihm zu Beginn immer auf spanisch gesprochen, weshalb sich für mich nie die Frage nach Dialekt oder Hochdeutsch gestellt hat. Im Allgemeinen ist es ein großes Problem für alle Legionäre, dass man mit ihnen im Dialekt kommuniziert, weil man es eben so gewöhnt ist, sie aber Hochdeutsch lernen.

Wie hat sich daraufhin die Kommunikation verändert? Hat sich das Verhalten angepasst?

Anhand meines Datenmaterials, das ich bei Trainingseinheiten, Physiotherapiesitzungen und Deutscheinheiten sowohl als Audio- als auch als Videodateien aufgenommen habe, kann ich zeigen, dass sich das Verhalten nicht verbessert hat. Im Zuge der Forschungsarbeit wurde Bea gegenüber überwigend im Tiroler Dialekt kommuniziert. Auch später noch, obwohl damals Carlos Merino (ein anderer spanischer Legionär) bereits 1,5 Jahre beim Verein war, hat es aufgrund des Dialekts immer noch Sprachbarrieren gegeben.

Du hast viele Interviews beim FC Wacker Innsbruck geführt. Welche Bedeutung haben die Personen der Kommunikation beigemessen?

Es war sehr unterschiedlich. Innerhalb des Vereins habe ich den Großteil interviewt, da der Verein Kooperationspartner meiner Doktorarbeit ist. Ich habe damals auch den Cheftrainer Roli Kirchler, Florian Klausner, Oliver Prudlo und natürlich alle Legionäre interviewen dürfen. Auch durch meine Beobachtungen als Mitarbeiterin im Klubmanagement sind eingeflossen.

Die Meinungen splitten etwas. Manche waren der Meinung, dass das Kommunikationsverhalten nicht unbedingt eine große Rolle spielt, da man sich in der Fußballwelt befindet. Der Fußball wird als ein Tun, das auf der ganzen Welt das selbe ist verstanden. Ob man jetzt in Brasilien, Deutschland oder Österreich Fußball spielt ist immer das selbe. Es gelten die selben Regeln und es ist immer die selbe Vorgehensweise und man fokussiere sich weniger auf die Kommunikation ansich.

Es gab aber auch andere, die betont haben, dass vor allem wenn der Verein multilingual ist – also wirklich mehrer Sprachen vorhanden sind –  Kommunikation sehr wohl eine große Rolle spielt. Man muss sich dieser dann auch widmen um ausländische Spieler erreichen zu können um diese auch sprachlich integrieren zu können. Nur wenn man sie von allen Seiten perfekt integriert, fühlen sie sich wohl und können dann auch ihre Leistung abrufen.

In deiner Studie zeigst Du auch kulturelle Unterschiede in der Kommunikation auf. Was ist damit gemeint?

Damit ist gemeint, dass verschiedene Kulturen aufeinandertreffen. Es sind ja nicht nur verschiedene Sprachen, die in einem Verein mit mehreren Legionären aufeinandertreffen, sondern auch die Kulturen treffen aufeinander. Innerhalb der verschiedensten Kulturen gibt es natürlich Unterschiede, auf die man als Verein achten muss, damit man den Legionär gut integrieren kann. Beispielsweise bei den beiden Brasilianern, die wir vor längerer Zeit hatten, gab es Probleme im privaten Bereich. Zum Beispiel war es nicht verständlich, dass es im Restaurant Mineralwasser mit und ohne Kohlensäure gibt. Da gab es eine Situation als die Frau eines Spielers ein Mineralwasser bestellte und dann ein stilles Wasser bekam. Das ist jetzt ein Beispiel, das nichts mit dem Fußball zu tun hat. Aber es zeigt doch Kulturunterschiede und Mißverständinsse und auch, dass die Integration der Familienmitglieder wichtig ist, wenn Legionäre die ganze Familie mitbringen

Im zweiten Teil des Interviews werden Vergleiche mit Red Bull Salzburg gezogen und kommen auch Erfahrungen ehemaliger Spieler, wie etwa von Stanislaw Cercesov zur Sprache.

 

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Autor: admin

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