Das Allerletzte
Die deutsche Sprache ist präzise. Ihre Worte, ihre Formulierungen sind in der Lage, einen Zustand exakt zu beschreiben, den Interpretationsspielraum einzugrenzen, Unklarheiten zu beseitigen. Dafür wird sie geschätzt. Die Sprecher der deutschen Sprache hingegen sind dazu eher selten in der Lage, oder einfach nicht willens. Und so suchen sie nach Auswegen, versuchen Formulierungen zu erweitern, Bedeutungen hinzuzufügen. Wacker Innsbruck etwa hatte laut Printmedien heuer schon das Spiel der letzten Chance. Also der Chance, nach der keine mehr kommt. Aber mehrfach. Es wäre ja nicht das erste wackere Paradoxon…
Allerletztes in grün-weiß
Auch die letzte Möglichkeit ist nach zwei-, dreimaligem Auftreten vorbei. Was aber tun, wenn von der Saison noch etwas übrig ist, man Spannung für die Konsumenten kreieren will, der Zuschauerschnitt unter 5000 (exakt 4970) gerutscht ist? Man beschwört das Spiel der allerletzten Chance. Also der nach der letzten. Dazu begrüsst man die Violetten aus Favoriten, die auch gleich selbige Rolle übernehmen. Seit dem letzten Aufeinandertreffen mit Wacker feierten die Wiener 6 Siege, mussten in 11 Spielen nur eine Niederlage hinnehmen – dies jedoch gerade gegen die Mannschaft, die man am Verteilerkreis für das Allerletzte hält, also für das, das nach dem Letzt-Denkmöglichen noch kommt und daher für jedes Veilchen denkunmöglich ist, für Innsbruck jedoch im allerbesten Fall das Spiel der allerallerletzten Chance bedeutet, weil Gegner in der übernächsten Runde: SK Rapid. In Runde 33 besiegte der FAK die Wolfsberger nach 0:1-Rückstand noch klar mit 3:1, sorgte dabei jedoch mit anderen Werten für Aufsehen: die jüngste Austria-Elf der Saison (23,82 Jahre im Schnitt) zeigte mit 121,2 km Laufwegen trotz Überlegenheit und 61% Ballbesitz ein Spiel auf, das Innsbrucks Oldies (Runde 33: 26,55 Jahre) erst bewältigen müssen.
Allerletztes in violett
Dass in der letzten Runde ein Mann in Violett wieder auf Touren gekommen ist, der den Schwarz-Grünen die roten Bäckchen der Freude zu nehmen gewohnt ist und sie erbleichen lässt, lässt die Hoffnung erblassen. Philipp Hosiner schoss sich warm und fügte seinem Torkonto drei weitere Treffer hinzu. Diesmal jedoch als reiner Hattrick, bei seinem letzten Auftritt am Tivoli musste er sich ja noch zwei Halbzeiten Zeit nehmen, um trotz seiner Auswechslung in Minute 73 drei Tore zu erzielen. Gegen keine andere Mannschaft traf Hosiner öfter als gegen Wacker, in 11 Aufeinandertreffen durfte er 10 Tore bejubeln. In seinen insgesamt 99 Bundesliga-Spielen durfte (musste) er zwar nur 36mal durchspielen, assistierte dabei allerdings 20mal zu einem Treffer und scorte selbst 53mal, alle 132 Minuten netzt er ein. Ob er sein 100. Ligaspiel ohne weiteren Erfolg verbringt, wird von der Defensivleistung der Innsbrucker abhängen. Die war aber lange Zeit das Allerletzte…
Allerletztes in schwarz-grün
Auch im Spiel gegen Wiener Neustadt sah es kurz wieder danach aus, dass man dem vorherrschenden Trend nicht entkommen könnte, weigerte sich doch zum 11. Mal in dieser Saison ein Spieler, als allerletzter das Spielfeld zu verlassen, zum zweiten Mal traf es Djokic in seinem erst 10. Spiel für Wacker. Was verblüfft, sind jedoch die Werte, die über die gesamte Spieldauer vorgewiesen werden konnten – auch wenn es „nur“ Wiener Neustadt war, ein angeschlagenes und nervöselndes Team. Unter den 5 Spielern mit den besten Zweikampfwerten der Runde befinden sich drei Wackerianer: Löffler (80%), Vucur (78,6%) und Hauser (78,3%). Der Kicker mit den meisten erfolgreichen Pässen der gesamten abgelaufenen Runde ist Djokic, der trotz seines verkürzten Auftrittes von 29 Pässen 28 an den Mann brachte (96,5%). Ebenfalls unter den Top 5 in dieser Wertung: Kofler mit 92,3%, doch auch Stipe Vucur 91,7% sind aller Ehren wert.
Allerletztes zum Schluss
Ein Problem bleibt jedoch: die Sprache mag die höchste Steigerungsform nochmals erweitern können und einen absoluten Superlativ aufbieten, in der mathematisch geführten Tabelle sind absolute Zahlen aber (zumeist) unverrückbar. Und die Zahlen sagen: Wacker Innsbruck ist Letzter. Und den Letzten beißen nunmal die Hunde – nicht den Allerletzten…