Anreise mit Hindernissen zum doppelten Abschied
Depressionen, Tränen und eine Stimmung, wo man am liebsten versinken möchte, nichts anderes mehr wahr nimmt, diese Stimmung gehört zu einem Abstieg. Fußball hat nicht nur „Hurra“-Emotionen zu bieten, sondern auch jene, auf die wir nur zu gerne verzichten würden. Man sieht es allerorts. In Hamburg etwa, oder Nürnberg: Tränen, Verzweiflung und Trauer. Ein sehr gutes Beispiel hierfür war das Euro-League Semifinale, wo die Einen erst ein 0:2 aufholten, dann bis zur 95. Minute mit 3:0 führten, um dann in letzter Sekunde das entscheidende Gegentor zu erhalten. Tränen der Freude wandelten sich in pures Entsetzen und einen Tränenmeer der Verzweiflung. Umgekehrt gab es Ekstase pur und nasse Augen vor Freude. Diese Bilder gingen um die Welt. So kann Fußball sein. Oft sehr schön und noch öfters unsagbar grausig. Das ist das Einzige, was man an diesem schon überkommerzialisierten Sport nicht kaufen kann. Daher kann ich sogar einem Abstieg etwas Positives abgewinnen. Er sorgt für Emotionen – das einzige, was am Fußball in all den Jahren unverändert geblieben ist und durch kein Geld der Welt erworben werden kann.
Vor dem Spiel ist nach dem Spiel
Einen Funken Hoffnung gab es vor dem Spiel in Hütteldorf ja noch. Einen winzigen zugegeben und doch schien es so, als wär es das letzte Bundesliga-Auswärtsspiel für längere Zeit. Angetreten sind in Innsbruck so an die 120 Fans, um die Ihren im Kampf der letzten Hoffnung zu unterstützen. Weit ist man noch nicht gekommen, als die Nachricht der Zugbegleitung gekommen ist, dass die Strecke Kufstein-Salzburg wegen eines tragischen Zwischenfalls gesperrt wurde: Verzögerung mindestens 90 Minuten, da der Zug Richtung Schwarzach – St. Veith umgeleitet werden musste. Daher wäre man erst kurz vor Spielende in Hütteldorf angekommen. Da machte sich bezahlt, dass ich dem „Abschiedsspiel“ im Hanappi eine Geburtstagsfeier eines guten Freundes vorgezogen habe. Als die Kunde zu mir drang, ist erst mal guter Rat teuer gewesen. Es würde nicht gelingen, in so kurzer Zeit Ersatzbusse aufzutreiben. Zum Glück hat mal jemand das Handy erfunden und so konnte ich unseren Fanbetreuer über die Verspätung des Zuges informieren.
Hochgeschwindigkeitsbahn und hilfsbereite Rapider
Einmal durfte man sich als Fußballfan auch als Mensch fühlen und stieß auf viel Verständnis. Und das Rad fing zum Greifen an. Max Laimer, unser Fanbetreuer schloss sich mit den Beamten im Zug kurz und diese mit den Zugbegleitern und dem Lokführer. Dieser gab ordentlich Gas und schaffte es tatsächlich auf der Strecke zwischen Kitzbühel und Wien Hütteldorf über eine halbe Stunde der ursprünglich angegeben Zeit wettzumachen. Als ich kurz vor Spielbeginn im Zug anrief, hieß es bereits, man sei nicht mehr weit von Wien entfernt und alles weitere wurde bereits in die Wege geleitet. Kurz vor 17 Uhr, als der (schwarz-grüne) Zug vor Hütteldorf in die Zielgerade bog, ist im Stadion von unseren Mitarbeitern (Max und Lukas Schweinberger) alles für eine reibungslose Abfertigung an den Kassen organisiert worden. Rapid Wien kam uns da sehr entgegen und bereitete für sämtliche „Zugraser“ Freikarten vor. So hingen die Transparente pünktlich zum Anpfiff zur zweiten Halbzeit an ihren Platz. Ein herzliches Danke nach Hütteldorf!
Aus und vorbei, aber nicht die Liebe zum FC Wacker Innsbruck
Im Auswärtssektor in Wien Hütteldorf bangten etwa 400 Schwarz-Grüne aus ganz Österreich mit den Ihren mit. Diese versuchten alles und erzeugten Bombenstimmung. Das Stadion ist zu seinem Abschied ausverkauft gewesen und genießt man darin die Stimmung, tut dessen Ende sicher weh. Eines der stimmungsvollsten Stadion Europas nimmt Abschied und muss wahrscheinlich einem modernen Tempel (oder wieder irgendeiner Arena) weichen. Unsere 0:2 Niederlage schmerzte sehr. Es ist endgültig zur Gewissheit geworden, Innsbruck muss seit dem Aufstieg in die Nationalliga 1964 zum vierten Mal runter (Einmal nach Lizenzentzug). Zum Abschied der Mannschaft vor unserem Sektor gab es von den 400 Fans aufmunternden Applaus. Enttäuscht waren alle sehr, Fans, Spieler und die „Hunderten“, welche in Innsbruck vor den Leinwänden mit zitterten (Wackerzelt, Weekender, Wiesengasse usw.) Es hätte ja nicht einmal ein Sieg gereicht.
Erstklassig
Wir sind abgestiegen, aber der Einsatz von Seiten des Vereins und der szenekundigen Beamten war bei diesem Spiel erstklassig. Auch die ÖBB zeigte sich bundesligareif und dem SK Rapid gilt es Danke zu sagen. Hervorzuheben sei das tadellose Verhalten unserer Fans vor, während, nach dem Spiel so wie bei der Rückfahrt mit der bereit gestellten Straßenbahn und der Fahrt zurück nach Tirol. Und das stammt jetzt nicht aus meiner Feder, sondern sind die Worte eines Beamten. Vielleicht ein Ansatz, wenn man das Gehirn jenseits und diesseits einschaltet und Fußballfans wie Menschen und nicht wie Verbrecher behandelt, vielleicht wär das ein Schritt in die richtige Richtung!
Noch ein Wort zum Geburtstagskind, das am Sonntag junge 60 geworden ist und für das ein (befürchteter) Albtraum wahr geworden ist. Seit 1968 nur wenige Spiele des FCW versäumt, ist der Abstieg just an diesem Tag zur Gewissheit geworden. Triumpfe – Tore – Tränen – frei nach der legendären Wacker-Story sind wir in unserer Geschichte um ein Kapitel reicher. Aber der FC Wacker Innsbruck wird wieder kommen – das ist ein Versprechen!