Erbärmliche fünf Siege
Wenn Brasilien und die Niederlande um den dritten Platz rittern, die Argentinier um Messi und vor Deutschland zittern, wenn die Pedalritter durch Frankreich rollen und sich die Schüler in den Bädern trollen, wenn niemand in Österreich an die heimischen Ballesterer denkt – dann geht sie los, die Fußballsaison 2014/15. Für den FC Wacker Innsbruck bringt sie viel Neues. Etwa einen neuen Gegner in der 1. Runde des ÖFB-Pokals: die SR Donaufeld.
Vor langer, langer Zeit
Wobei, das stimmt so nicht. Ganz und gar nicht. Denn die Sportvereinigung Rasenspieler Donaufeld Wien aus der Katastralgemeinde Donaufeld im 21. Wiener Gemeindebezirk hat mehr Berührungspunkte mit den Schwarz-Grünen aus Tirols Landeshauptstadt, als man glauben möchte. Zunächst einmal machten die Kicker vom Tivoli schon einmal persönlich Bekanntschaft mit den Floridsdorfern. 1992 wars, Innsbruck spielte eine letzte Saison in blau-weiß, die Startruppe hatte ihren Zenit bereits überschritten. Und ähnliches galt für Donaufeld, die erfolgreichste Phase ihrer Vereinsgeschichte neigte sich dem Ende zu, das zweijährige Abenteuer 2. Division sollte das Abstiegsplayoff der Saison nicht überstehen. Aber leichtfertig wollten sich die Wiener nicht den „Millionären“ aus Tirol geschlagen geben, als diese am 29. März auf dem Donaufeldplatz auftauchten. 3000 Besucher sahen Pacult, Bauer, Westerthaler, ein Tor von Rudi Gussnig, eine Rote von Mario Posch, einen mühevollen Cup-Achtelfinalsieg des Favoriten – aber keinen Michael Streiter, für den das Spiel am Samstag somit auch zur Premiere werden wird.
Vor vielen, vielen Jahren
Aber diese Cupbegegnung vor 22 Jahren ist nicht die einzige Gemeinsamkeit der beiden Vereine. Es sind jetzt nicht die Farben der Donaufelder gemeint, die in der wechselhaften Wappen-, Namens- und Farbgeschichte des der Innsbrucker auch schon über dem Tivoli wehten. Rot-Schwarz-Grün war nicht nur die Coleur des zum FC Tirol mutierten Wacker, es sind auch die Farben des Wiener Stadtteils und damit auch seines Fußballvereines, der schon manchen „Tiroler“ beherbergte. Also beide. Der Stadtteil mit seinem Studentenheim, das wohl so mancher alpine Veterinär und Betriebswirtschafter bewohnte, und die Sportvereinigung, die auch schon so einigen Spielern eine Heimat bot, bevor und nachdem sie das Innsbrucker Wappen auf der Brust trugen. Roman Stary kickte in seinen frühen 20ern für die SR, Gerhard Steinkogler am Ende seiner Laufbahn. Christian Kellner wurde im Nachwuchs der Austria und am Donaufeldplatz zum gestandenen Fußballer, für Walter Schachner war es eine Station in seinem Drei-Vereine-Jahr 1991, Tino Jessenitschnig konnte in Floridsdorf auf seine Karriere zurückblicken. Und Christian Mayrleb kickte zwar nicht für die Wiener, aber er kickte sie in ihrem Zuhause in der allerletzten Runde der Saison 91/92 aus der 2. Division – sein 1:0 für die SV Ried bedeutete für die Innviertler den Klassenerhalt, für Donaufeld der Abstieg, der sie bis in die Wiener Liga führen sollte.
Viele, viele Tore
Aus eben dieser Wiener Liga stieg Wackers kommender Gegner in der vergangenen Saison mit Leichtigkeit wieder in die spielstarke Regionalliga Ost auf. 12 Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten, nur zwei Niederlagen in 30 Spielen, ein Torplus von 48 Treffern, mehr als 2,6 erzielte Tore pro Spiel, nur 31 Gegentore – auf die leichte Schulter sollte man die SR Donaufeld wohl nicht nehmen, auch nicht Bundes- und Erste-Liga-erprobte Spieler wie Mario Fürthaler. Denn der ÖFB-Pokal ist nicht nur da, um ein bisserl Sachkunde zu lernen, ein bisserl Land und Leute, ein bisserl Geographie. Auch wenn man sich wünschen würde, dass man den Cup zum Lernen verwenden würde: Lernen von Geschichte und Lernen von Mathematik. Denn die Geschichte zeigt, dass man keinen Gegner unterschätzen darf, dass ein Antreten mit der zweiten Garnitur allzu oft ein Ausscheiden bedeutet, dass ein Klassenunterschied nicht an der Tabelle und Ligazugehörigkeit, sondern lediglich am Platz abzulesen ist. Und die Mathematik zeigt selbst denen, die nicht weiter zählen können als ihre Hand Finger hat, dass es keinen einfacheren Weg in das internationale Geschäft gibt als den Pokalbewerb.
Wenig, wenig Spiele
Selbst mit den erbärmlichen fünf Siegen des FC Wacker Innsbruck der Saison 2013/14 wäre man im Cup im Finale gestanden. Und könnte, wie St. Pölten, Europa bereisen und internationales Flair zurück aufs Tivoli bringen. Doch zum Erreichen dieses Zieles ist es ganz und gar nicht förderlich, wenn das Cupspiel schon im Vorfeld lediglich als „Generalprobe für Mattersburg“ bezeichnet wird und der Trainer „für den Meisterschaftsstart testen“ will, wenn auch mit der kolportierten Bestbesetzung. Dass man vor dem ersten Pflichtspiel der Saison medial ankündigen muss, keine Experimente eingehen zu wollen, zeigt den Stellenwert eines Bewerbes, der in Deutschland zu vollen Provinzstadien führt, in Spanien vom König geadelt ist, in England Mannschaften von Weltrang Jahr für Jahr erzittern lässt…