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Fußball fürs Herz

So, das war er also, der Fußball für die Augen. Das Turnier der besten Länder der Welt mit den besten Spielern der Welt ist Geschichte, Deutschland Weltmeister, Brasilien in Trauer, andere große Nationen wie Italien, Portugal, England innerlich gebrochen. Österreich blieb das erspart, die rot-weiß-roten Kicker gehen gut erholt aus der WM und sind bereit für Fußball fürs Herz – denn Augenschmaus wird man sich in der zweithöchsten Spielklasse nicht wirklich erhoffen dürfen. Erwarten darf man aber einen alten Bekannten: Den SV Mattersburg, erster Gegner des FC Wacker Innsbruck in dessen neuer Liga.

Rise like a Phoenix

Mit Namen ist das ja so eine Sache. Man könnte ihn ja beinahe als Conchita Wurst des österreichischen Fußball bezeichnen, den SV Mattersburg. Also die. Denn die 1922 gegründete Sportvereinigung Mattersburg ist der selbstbezeichnete Sportverein. Und wie ein Phoenix stieg auch diese, also dieser, aus der Asche empor. Zuvor jedoch, in der Saison 1964/65, mussten die Burgenländer im Casting um den Aufstieg in Österreichs höchste Spielklasse, die Nationalliga, den undankbaren zweiten Rang erdulden. Beinahe wäre man dem FC Wacker Innsbruck gefolgt, der ein Jahr zuvor erstmals die Höhenluft schnuppern durfte, den Aufstieg verspielte man aber in der allerletzten Runde, musste punktegleich Simmering von dannen ziehen lassen. Vom Schmerz des zweiten Rangs und dem Vortritt für Tiroler kann auch Tom Neuwirth alias Conchita Wurst ein Lied singen. Auch davon, dass es einen völligen Neuanfang braucht, um einen Mythos zu erschaffen.

Grün-Weiß Einweihungen

Und ein Mythos entstand in der 7118-Seelen-Stadt mit der Sportanlage für 15.700 Besucher – die nebenbei wie gefühlt jedes Stadion in ganz Österreich von Rapid Wien eingeweiht wurde. Am 10. August 1952 gaben sich die Hütteldorfer die Ehre, im grün-weißen Bruderduell mit einem lockeren 9:3 die neue Spielwiese in Nagymarton einzuweihen. Ein Jahr später gab es einen Ausflug der Vorstädter nach Innsbruck, wo sie am 2. August 1953 am nagelneuen Tivoli Olympique Nimes mit 5:1 begrüßten. Und im nigelnagelneuen Tivoli, das nun auch schon wieder 14 Jahre alt ist, waren die Rapidler – völlig einzigartig für Stadieneröffnungen – erster Gast der schwarz-grünen Innsbrucker, die damals kurzzeitig FC Tirol hießen. Diesmal durfte jedoch der Heimverein jubeln über einen 1:0-Erfolg durch ein Tor von Maxl Scharrer, der eigentlich Markus heißt und beim Niederösterreichischen Wacker, der Admira, seine erste Profistation hatte. Obwohl diese ja eigentlich wienerisch ist, also sind, der Wacker und die Admira… Aber Namen sind ja Schall und Rauch.

Namedropping

Der phönixhafte Aufstieg der Mattersburger ist Legende. Und wie jede Legende schon lange vorbei. Vor 10 Jahren strömten im Schnitt 11.066 Zuschauer zum SVM, in der abgelaufenen Saison gerade noch 1.817. Vor 7 bzw. 8 Jahren stand man zweimal in Folge im Cupfinale und durfte Österreich gegen Wisla Krakau oder den FC Basel international vertreten. In der ersten Cuprunde der aktuellen Saison verhinderte die Stange in Minute 88 und ein Tor von Thorsten Mahrer in der 94. ein vorzeitiges Ausscheiden gegen den Vorarlberger Regionalligisten FC Höchst. Vor zehn Jahren erklomm der zunächst nur als Interimslösung angedachte Franz Lederer den Trainersessel und blieb dort 9 lange Jahre. In der abgelaufenen Spielzeit wurde er von Alfred Tatar abgelöst, den er selbst wiederum beerbte, um das Zepter dann an Ivica Vastic weiterzugeben. Vor fünfzehn Jahren begegneten sich Innsbruck und Mattersburg erstmals im Cup – Cherchessov, Baur, Prudlo, Hörtnagl, Anfang, Jezek, Marasek, Barisic, Knavs, Scharrer, ein Jahr später allesamt Meister, mussten sich dem Regionalligisten mit 2:1 geschlagen geben. Die Helden des Abends: Kantauer und Köszegi. Vor zehn Jahren gab es das erste Aufeinandertreffen im Ligaalltag, es wurde zum Spiegelbild: erneut ging der FCW 1:0 in Führung (Koejoe), erneut kassierte man eine rote Karte (Robert Wazinger), erneut siegten die Mattersburger 2:1 (Kaintz, Wagner). Seither gab es jedoch 13 Siege und 7 Unentschieden bei 7 Niederlagen.

Dreißig

In den vergangenen 10 Jahren ist viel passiert, unter anderem der Abstieg beider Kontrahenten. Die Burgenländer mussten in der abgelaufenen Saison erleben, dass ein vermeintlich unglücklicher Abstieg mit einem vermeintlich bundesligatauglichen Kader und dem höchsten Budget keine Garantie ist, nichts mit dem völligen Durchrutschen in die Regionalliga zu tun zu haben, geschweige denn mit dem Meistertitel. Sie mussten erkennen, dass Reformresistenz zu Erfolgsresistenz führt. Sie mussten erkennen, dass große Namen auf der Bank oder am Platz Schall und Rauch sind. Ob Innsbruck einen besseren, erfolgreicheren Weg eingeschlagen hat, wird das 30. Bewerbsspiel SV Mattersburg gegen FC Wacker Innsbruck zeigen…

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Autor: Stefan Weis

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