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Routine und Routiniers

Das war er also, der große Vorsatz. Keine zwei Wochen ist es her, da wollte man in der Meisterschaft nicht zweimal hintereinander verlieren. Eine klare Vorgabe für die Saison. Und klar verfehlt. Nach nur zwei Runden steht genau eine Mannschaft ohne Punkte da, der letztjährige Bundesligist FC Wacker Innsbruck. Damit es nicht drei Nuller in Serie werden, muss man in der Obersteiermark anschreiben, auch wenn es wohl angenehmere Gegner geben würde als den Bundesliga-Absteiger der Saison 2012, die Kapfenberger Sportvereinigung 1919.

 
Ein Nuller

Von einem vielversprechenden Start kann man wohl nicht gerade sprechen, eher von einem vielsagenden. Die mit großen Hoffnungen in die Erste-Liga-Saison gestarteten Innsbrucker liegen nach zwei Spieltagen ohne Zähler auf dem Tabellenrang, der ihnen aus der letzten Saison noch allzu gut bekannt ist, der Fan geht mit dieser Situation beinahe schon mit Routine um. Selbst die designierten Absteiger der 2. Division, Hartberg und Horn, konnten mit einem gut ermauerten 0:0 gegen den LASK bzw. Wackers Erstrundengegner aus dem Burgenland punkten. Die Innsbrucker sind noch nicht in der Liga angekommen und schließen damit nahtlos an die Leistung der vergangenen Absteiger sowie die eigene Darbietung der abgelaufenen Saison an. In der vergangenen Saison stand Mattersburg nach 2 Runden ohne Zähler und ohne Tor da, bis zur letzten Runde musste man im Pappelstadion um den Klassenerhalt zittern. Im Jahr zuvor startete die KSV mit einer bitteren 0:5-Niederlage gegen die Austria aus Lustenau und benötigte 7 weitere lange Runden, um den ersten Sieg (gegen den nunmehrigen Europacup-Starter Grödig) feiern zu können. Die Ballesterer von der Sill machen sich daran, es ihren Vorgängern gleichzutun.
 
Ein eh gutes Spiel

Der Abstieg aus der vermeintlich stärkeren Liga, der Umbau der Mannschaft, um den Vorgaben der Liga zu entsprechen, das Jahr – oder im Falle Wackers die Jahre – voller Niederlagen und wenig erfreulicher Vorfälle, der ständige Kampf ums sportliche Überleben, all das hat seine Spuren in den Köpfen und Gesichtern der Spieler hinterlassen. Selbst die runderneuerte Mannschaft mit vielen jungen und neuen Kickern scheint sich diesen Schwingungen und Vorgängen im Stamm des Teams und im Umfeld nicht entziehen zu können. Wie ist es sonst erklärbar, dass man ohne weiteres die alten Texte, die alten Presseartikel herausholen könnte, Erklärungen beinahe schon routiniert wirken. Ein eh nicht so schlechtes Spiel blieb unbelohnt. Blieb man in Runde 1 nach 15 Schüssen noch unbelohnt, reichte eine schnelle Reaktion eines Ballbuben, um mit dem ersten Schuss in Führung zu  gehen, neun weitere waren einer mehr, als Lustenau über 96 Minuten fabrizieren konnte. Das eh so gute Spiel brachte aber für die Vorarlberger mehr Ballbesitz (56% zu 44%), mehr gewonnene Zweikämpfe (57% zu 43%), eine höhere Passgenauigkeit (80% zu 72%), mehr Eckbälle (6 zu 4), mehr Flanken aus dem Spiel (14 zu 6) und mehr erlittene Fouls (24 zu 11).
 
Eine Rote

Zwei dieser Regelüberschreitungen führten zu einer dummen, ja völlig unnötigen roten Karte von Vuleta durch Doppelgelb (auch Rot wäre nicht überhart gewesen) innert einer Minute, durch ein überflüssiges Foul an der Mittellinie – sein zweiter Platzverweis im 15. Spiel für Wacker wird ihm diesmal wohl keine drei Spiele Sperre einbringen wie bei seinem ersten Aussetzer, für den er lediglich 6 Minuten Spielzeit benötigte. Die 12 Ausschlüsse der abgelaufenen Saison scheinen die Spieler zu mehr zu animieren. Etwa einen Innenverteidiger, der in der Schlussviertelstunde mit seinen defensiven Mitstreitern ein fröhliches Schwimmen veranstaltete und sich nach der 75. Minute mit einer völlig überflüssigen gelben Karte nach mehreren erfolglosen Anläufen in die Statistik eintrug. Um dann, um einem weiteren Ausschluss zu entgehen (hatte er ja in der letzten Saison in nur 12 Auftritten auf 5 Gelbe, eine Gelb-Rote und eine Rote gebracht), nicht mehr mit letzter Konsequenz in Zweikämpfe gehen zu können – Routine sieht wohl anders aus.
 
Wahre Routine

Routine in der 2. Division kann die Sportvereinigung aus Kapfenberg aufweisen, und auch ihre Spieler sind trotz ihrer jungen Jahre schon beinahe alte Hasen in der Ersten Liga. Nur ein Spieler jenseits der Dreißig (Markus Felfernig, 31), aber 7 Legionäre bilden das Rückgrat der Falken. Gut, vielleicht 5 der 7, denn zwei Japaner im Kader der Obersteierer sollen ja offiziell nur Touristen sein, so sage es zumindest ihr Visum. Dafür strahlt der Brasilianer Ronivaldo besondere Gefahr aus. Beinahe jede Offensivaktion in den ersten beiden Spielen ging über den nur 171 cm großen Stürmer, zwei Tore konnte er dabei schon erzielen, eines vorbereiten – er war also an allen drei Kapfenberger Treffern beteiligt, auch im Cup trug er sich zweimal in die Scorerliste ein. Bereits im letzten Jahr ließ er seine Klasse aufblitzen, in nur 15 Einsätzen (Fersenprobleme verhinderten mehr) schoss er 9 Tore, legte eines auf. Und noch ein Legionär zeigte auf: der nigerianische Neuzugang Kelvin Ebuka Nwamora kann zwar erst 29 Pflichtspielminuten in Österreich vorweisen, aber bereits sein erstes – und zugegeben wunderschönes – Tor, erzielt aus einem Halbvolley aus der Distanz. Mit diesen Offensivkräften darf sich Kapfenberg auf seinen kommenden Gegner freuen.
 
Ein Gefühl

Denn dieser musste in den vergangenen 4 Spielen 14 Treffer bei lediglich 3 erzielten hinnehmen. Zugegeben, es ist völlig unzulässig, die Ligaauftritte mit den Testspielen gegen Bremen und Köln zu vermischen, standen doch völlig andere Teams am Platz. Doch ein Gefühl kann sich leicht festsetzen. Etwa jenes, gegen große Teams keineswegs mithalten zu können, gegen Gegner auf Augenhöhe lediglich Niederlagen einzufahren, gegen Regionalligisten wie im Cup in die Verlängerung zu müssen. Dieses gruselige Gefühl darf gegen Kapfenberg nicht wieder zur Routine werden.

 

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Autor: Stefan Weis

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