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Das einsame Netzwerk

Jetzt wäre sie dringend notwendig, die Maus aus meiner Kindheit mit ihrer so beliebten Sendung. Sie schafft es nämlich, komplizierte Sachverhalte ganz einfach zu erklären, so, dass es jedes Kind versteht. Aber die Maus ist nicht da, sie ist weit weg, aktuell in der Erdumlaufbahn, auf der ISS. Und niemand ist da, der uns sagen kann, gegen wen unser FC Wacker Innsbruck Dienstag Abend spielen soll. Gegen das Dorf in der Stadt, wie sich Liefering selbst nennt? Gegen den USK Anif? Gegen die Amateure von Salzburg? Oder gegen alle drei? Es ist ein bisserl kompliziert.


 
Anif? Juniors? Liefering!

Es ist ja manchmal wirklich nicht ganz leicht, die Geschichte der Vereine aus dem Hause Mateschitz zu konkretisieren. Die rot-weißen Bullen aus Salzburg wurden ja 2005 gegründet, „ohne Geschichte, ohne Tradition, ohne Archiv“, wie man selbst betonte. Die violetten Titel nahm man dann aber doch gerne mit. In Leipzig spielt man – zum Zwecke der Umgehung von Vorgaben der DFL  und nach gescheiterter Übernahme des FC Sachsen –  den schönsten Sport der Welt mit Rasenbällen, die vormals in Markranstädt rollten. Und da das Leben ein Geben und Nehmen ist, nahm man nicht nur mit Freuden den Ligaplatz des SSV, sondern leiht auch „eigene“ Spieler an den mutmaßlich entfernt verwandten Club in der Mozartstadt. Schwarz-Rote Metrostars, die einst dem Big Apple Soccer näher bringen sollten, wurden zu einer Marketing-Franchise des Fuschler Getränkeherstellers. Es ist also nicht verwunderlich, dass dessen juristischer Abteilung auch der österreichischen Bundesliga ihre Grenzen, Fehler und Inkosequenz aufzeigte und einen 1947 gegründeten Verein zum Farmteam mutieren ließen: aus Anif wurde Liefering, aus den Juniors, die eigentlichen Amateure, der Nachwuchs des Nachwuchses. Und damit darf Red Bull als einziger Bundesligist seine Zweier-Mannschaft in der Ersten Liga antreten lassen (von Amateuren will man hier nicht sprechen). De facto, wohlgemerkt, denn de jure ist das Vorgehen Red Bulls unantastbar und Liefering nur ein weiterer Verein, der den Fußballboom im Nachbarbundesland mitträgt.
 
Aller Herren Länder

Und wie sie tragen: Drei Spiele, sieben Punkte, sechs erzielte Tore, nur ein Gegentreffer. Das Team mit ausschließlich in den 90ern geborenen Spielern und einem Durchschnittsalter von 19,4 Jahren (und damit 3,5 Jahre jünger als der zweitjüngste, 4,5 Jahre jünger als der Innsbrucker Kader) kann dabei auf vier verschiedene Torschützen zurückgreifen. Die Kaderzusammenstellung bietet einen guten Blick in die Zukunftsarbeit des Bullen-Netzwerks. Da man auf Fernsehgelder nicht wirklich angewiesen ist, tritt man mit 42,9 % Legionären an. Die Spieler selbst werden also nicht nur aus den eigenen Mannschaften der Akademie hochgezogen, nicht nur dort ausgebildet, sie stammen von RB Leipzig, Pasching, RB New York, der AKA Salzburg, RB Ghana und vielen anderen. Sie werden von extern eingekauft, zwischen den Vereinen des Netzwerks aus Red-Bull-Clubs, Akademien und unterstützten Vereinen verschoben, um ihnen die idealen Entwicklungsmöglichkeiten zu bieten, um den Kampfmannschaften in den höchsten Ligen die bestmögliche Auswahl zu bieten. Dies ist allerdings ein Unterfangen, das nur mit jeder Menge Geld möglich ist. Und Geld ist nötig, um Talente, die zweifelsfrei in jedem Bundesland vorhanden sind, nicht nur optimal zu fördern, sondern auch zu halten. Gelten Vereine in Österreich allgemein als Ausbildungsvereine, so ist Liefering der Ausbildungsverein schlechthin, die Akademie unter den Erstligisten.
 
Einsamkeit

Kein Wunder also, dass die einstmalige Fanbasis des USK, die selbst in einem beinahe wackeren Wellental von 14 Niederlagen in den ersten 14 Spielen der 2. Division 1978/79 bedingungslos hinter ihrer Mannschaft stand und den ORF zu einer ausführlichen Berichterstattung über das Tabellenschlusslicht veranlasste, nicht mehr ist als eine blasse Erinnerung an alte Zeiten, in denen Anif noch Anif war. In der vergangenen Saison verirrten sich 4963 Zuschauer in das Stadion Lieferings – wohlgemerkt in einer ganzen Saison von 18 Spielen, was einen Schnitt von 276 ergibt. Und die Saison 2014 schaut nicht viel anders aus. in der 31800 Zuschauer fassenden Arena der Bullen, in welcher der „eigenständige“ FC Liefering antritt, um der Massen Herr zu werden, scheint das Publikum von durchschnittlich 396 (statistisch eine phänomenale Steigerung von 43,5%) unbeugsamen Anhängern nicht mehr zu sein als ein Sammelsurium von Verwandten, Freunden und der Spieler. Auf einen Fanansturm muss man sich in Innsbruck wohl nicht vorbereiten…
 
11 Mann wären schön

Dafür jedoch auf stürmende Lieferinger und ungeduldige Heimfans. Denn während man im eigenen Portal jubelnd den ersten gewonnene Punkt anpreist und Sarkasmus darin nur schwer zu erkennen ist, fragt sich das Publikum schon lautstark, ob dies denn überhaupt Wacker Innsbruck sei. Um nicht nochmals nach ihrem Vereinsnamen gefragt zu werden, müssen die Männer in Schwarz-Grün eine enorme Leistungssteigerung gegen die überaus starken Buben aus Salzburg zeigen. Und sollten ein Spiel auch einmal wieder mit der Maximalzahl von 11 Mann beenden. Es würde einem Punktegewinn nicht wirklich abträglich sein, könnte man meinen.

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Autor: Stefan Weis

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