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Expedition ins Ungewisse

Es ist eine Mission, auf die Captain Kirk hätte neidisch werden können. Im Gegensatz zu seiner Enterprise waren wir zwar keine fünf Jahre unterwegs und auf neue Zivilisationen sind wir auch nicht gestoßen. Die Reise nach Hartberg fühlte sich aber ähnlich lang an wie ein Flug zum Saturn und brachte dem eingefleischten Wackerfan interessante Erkenntnisse von „seiner“ neuen Liga. Es gab also genug Gründe, die schwarz-grüne Sternenflottenuniform anzuziehen und sich mit auf den Weg zu machen.

Ein Flieger wäre praktisch

Es sind jene Auswärtsfahrten, bei denen man sich fragt, warum man sich all das für 90 Minuten Fußball antut. Spätestens dann, wenn man kurz vor Schladming noch die gesamte Steiermark zu durchqueren hat. Noch einmal 3 Stunden brav sitzen bleiben – mindestens. Die schöne Landschaft vom Ennstal bis hinunter nach Graz entschädigt zwar für vieles. Die Unsicherheit, was uns die Streiter-Truppe heute Abend servieren würde, konnte sie uns aber nicht nehmen. So blieben tausend Gedanken im Kopf, die nicht verschwinden wollten. Dabei hätte alles so einfach sein können. Am Weg vorbei am Grazer Flughafen keimte die Idee, für den nächsten Besuch in Hartberg einen Flieger zu chartern. Das hätte doch einmal Stil. Wenn sich immerhin 3 Busse und knappe 350 Anhänger auf den Weg begeben, könnte sich die Mannschaft doch einmal erkenntlich zeigen und uns das nächste Mal einen Vogel spendieren. Es war aber nicht nur die Ungewissheit des Spielausgangs, die zumindest mich beschäftigte. Der Abstieg ist gerade einmal verdaut und zum ersten Mal begibt man sich nun in ein Stadion der zweithöchsten Spielklasse. Wird man sich wirklich noch einmal mit einem Weniger an Infrastruktur zufrieden geben müssen? Die Angst, der Boden „Erste Liga“ sei noch härter als ohnehin schon angenommen, sie war allgegenwärtig. Aber selbst wenn wir eines Tages auf dem Hintertuxer Sportplatz antreten müssten, es ist der FC Wacker Innsbruck, für den wir uns das antun. Daraus lässt sich Kraft schöpfen und auch etwas Stolz – denn welcher Zweitligist kann sich auf solche Fans verlassen?

Der unkalkulierte Wohlfühlfaktor

Schon beim Verlassen der Autobahn bemerkte man das Bemühen der Hartberger, ihren Tiroler Gästen einen schönen Fußballabend zu bereiten. Polizei-Begleitschutz durch die schmucke Ortschaft, die sich gemütlich in die oststeirische Hügellandschaft einbettet und wohl den österreichweiten Rekord an Kreisverkehren innehat. Dazu eine Exektuive, die uns beim Aussteigen anlächelt und freundlich den Weg zum Auswärtssektor weist. Im Hanappi hätte es so etwas nicht gegeben. Das Stadion selbst hat alle Annehmlichkeiten zu bieten, die man auch eine Klasse höher erwarten könnte. Wer einen Unterschied zu Wiener Neustadt, Grödig oder Altach suchte, der wurde enttäuscht. Ganz im Gegenteil. Denn nicht jeder Bundesligist kann einen überdachten Auswärtssektor sein Eigen nennen. Spätestens dort lösten sich meine Bedenken in Luft auf. Hartberg machte Spaß, auch auf dem Platz. Spielerisch war es zwar keine Offenbarung, was unsere Mannschaft auf das Parkett zauberte, aber in unserer Situation ist man auch schon mit der Marke „Arbeitssieg“ zufrieden. Das honorierte auch die schwarz-grüne Anhängerschaft, die sich mit einer fantastischen Stimmung und feuriger Pyro nachhaltig beim Hartberger Publikum ins Gedächtnis brachte. Wenn man sich diese Kombination aus Mannschaft und Fans anschaut, dann sind wir auf einem guten Weg. Langsam kommen wir an in einer Liga, die niemand von uns gewollt hat. Einer Liga, die aber spätestens seit diesem verregneten 3:0 ihren Schrecken verloren hat. Sieht man von dem Gastspiel bei den Rapidlern oder bei Sturm ab, unterscheidet sie sich nicht von Österreichs Eliteklasse. Und dazu steht der Wacker Innsbruck auch nicht mehr auf einem Abstiegsplatz. Kann’s was schöneres geben?

Schönheitsfehler gibt es überall

Das Bild trübten da nur Details. So zum Beispiel der Segen einer Zapfanlage. Das gute Bier einer Kärntner Brauerei wurde jedem Kunden aus der Flasche ausgeschenkt. Das ist angemessen, wenn sich 15 Horner Fans einen Gerstensaft bestellen. Wenn aber über 100 Innsbrucker gleichzeitig ihren Durst stillen wollen, dann kann einem das Servicepersonal hinter dem Tresen leid tun. Die Übersicht verlor das Hartberger Gastro-Team dennoch nie. Davon könnte sich das Olympiaworld-Catering manchmal eine Scheibe abschneiden. Genauso sind es die Preise, die einem die Schamesröte ins Gesicht steigen lassen. Im gemütlichen Schnitzelrestaurant um die Ecke gibts das klassische Wiener mit Erdäpfelsalat um die Hälfte des Geldes, was man bei uns auf den Tisch legen muss. Tiroler Land, teures Land. Das einzige, was mir auch Tage danach wirklich Gedanken bereitet, das ist das Verhältnis zwischen Mannschaft und Fans. Die Erleichterung war überall spürbar. Sowohl bei uns als auch auf dem Platz. Ein großes Abklatschen hat es dennoch nicht gegeben. Sehr zurückhaltend sind uns die schwarz-grünen Lieblinge auch in Hartberg begegnet. Mir fiel es schon beim letzten Heimspiel gegen den FAC auf. Woran liegt’s? Ist man immer noch sauer, dass man zu Saisonbeginn teils sehr heftige Kritik an der Mannschaft formulierte? Hoffentlich gelingt es, im Laufe der Saison ein ähnlich starkes Band zu knüpfen wie jenes, was uns trotz Abstieg im letzten Jahr verband.

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Autor: admin

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