Der schmale Grad
Bergfexe kennen ihn genau, den Grad der zum Gipfel führt. Sehr oft geht es links und rechts steil bergab. Man muss höllisch aufpassen, sonst führt der Weg schnurstracks in den Abgrund. Mühsam und beschwerlich ist der Pfad zum Gipfel und erreicht man diesen dennoch, überkommt einen ein Gefühl von Euphorie. Ein Glücksgefühl das unbeschreiblich zu sein scheint.
Aber halt – dieses Gefühl kenne ich doch von irgendwoher. Nämlich von unserem Lieblingssport, denn da ist der Grad oft noch schmäler, als in steiler Höh. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt liegen oft näher zusammen als man denken kann. Und Abstürze können da sehr tief gehen.
Beim FC Wacker Innsbruck kann man ein Lied davon singen. Schon mehrmals sehr tief gestürzt, wurden die Schwarz-Grünen immer wieder aufgefangen. Grad so, als wären sie angeseilt. Als Fan aber kommt man sich vor als hinge man an einem Bungee Seil. Bis in die Regionalliga abgestürzt schnellte man zuerst wieder hoch um dann nur noch zu taumeln. Die Talsohle scheint erreicht. Ermöglich nun der Sieg in Hartberg wieder den Aufzug nach weiter oben?
Aber da sind wir beim schmalen Grad: So hoffnungsvoll ist man im Lager der Innsbrucker und damit auch dem der Fans in die laufende Saison gegangen. Gestärkt vom Trainer, der von „echten Typen“ und einer hervorragenden Mannschaft sprach. Die Medien verkündeten die „Mission Wiederaufstieg“ und schürten zusätzlich Hoffnungen. Hoffnungen die nur sehr schwer zu erfüllen sein werden. Erstens muss sich die Mannschaft erst mal finden und zweitens hat die halbe Liga dieselbe Mission gestartet und die sind diese Liga gewohnt und zusätzlich auch eingespielter.
Verwunderlich war es trotzdem, wie unsere Schwarz-Grünen in den ersten 45 Minuten dieser Meisterschaft über den Mattersburger Rasen „schlafwandelten“. Kaum aufgewacht brachte eine Standarsituation das Schiff Namens Wacker Innsbruck endgültig zum sinken. Was den Fans in Erinnerung geblieben ist, ist nicht die gute Halbzeit zwei, sondern die katastrophale Erste.
In ihrem zweiten Spiel zerstörte sich unser Team in den letzten drei Minuten den Erfolg einer ansprechenden Leistung. Aber was nützt die, wenn man nicht aufpasst – und das stößt sauer auf.
„Hurra der erste Punkt ist da“ – diese Schlagzeile kann nur ironisch gemeint gewesen sein. Denn die Nullnummer von Kapfeenberg war mehr als bescheiden. Die Verunsicherung war nicht nur zu sehen, sondern förmlich zu spüren. Die Nerven lagen blank. Ein Erfolgserlebnis sollte dringend her.
Gegen Lieferings Jungspunde chancenlos, befand sich Wacker im freien Fall in den Tabellenkeller der zweiten Leistungsstufe. Die Mechanismen des Fußballgeschäfts begannen zu greifen. Wenn es nicht läuft wird die sprtliche Leitung in Frage gestellt.
Begründungen für die schlechten Ergebnisse, die sich nach Ausreden anhören – damit ist kein Anhänger zufrieden, zumal es dem Vorstand gelungen ist, mehrere Großsponsoren davon zu überzeugen ihr Engagement gegenüber unserer Bundesligasaison nicht zu kürzen und so für die Liga ein respektables Budget auf die Beine zu stellen.
Der Last-Minute Sieg gegen den FAC am Tivoli brachte drei Erkenntnisse: Die Mannschaft kann doch Fußballspielen. Die allgemeine Verunsicherung ist nicht kleiner geworden und die Mannschaft scheint sauer auf die Fans zu sein. Warum nicht auf sich selber?
Und dann kam Hartberg. Nach Mattersburg und Kapfenberg jetzt die dritte Auswärtsfahrt, welche nicht gerade um die Ecke liegt. Über 3100 Kilometer haben die Fans da auf eigene Kosten und Risiko für Verein und Mannschaft zurück gelegt. Wenn man zurecht kritisiert was rund um den FC Wacher Innsbruck passsiert, scheint das einigen zu hart, zu negativ gewesen zu sein. Dann müssen sich die Herren am Feld an die eigene Nase fassen. Offenbar wurden statt Profi-Fußballern einige Mimosen verpflichtet…
Über 300 schwarz-grüne Fans in Hartberg, Bombenstimmung und eine Choreographie bot diese Auswärtspartie. Sowie auch einen hochverdienten Sieg unseres FCW. Nach dem Spiel lagen sich erleichterte Spieler und glückselige Fans in den Armen und die Siegreichen wurden gefeiert. So ist es im Fußball. Offenbar sind die Mimosen immer noch sauer, zumindest scheint es so. Diesen Spielern sei gesagt: Ihr spielt nicht nur für euch! In erster Linie arbeitet ihr für den FC Wacker Innsbruck, unsere große Leidenschaft und Liebe und wir erwarten, das unser Team das Beste für den Verein abliefert!
Fußball ist kein Wunschkonzert und Profis sind auch nur Menschen und keine Maschinen. Das Ganze hätte bis nun auch anders aussehen können – eben, ein schmaler Grad, zwischen Absturz und Gipfel. Aber den Gipfel werden wir nur gemeinsam erreichen.
Diese Liga macht Spaß, diese Liga hat Flair und ist obendrein auch noch extrem spannend. Das zeigt schon, dass die nächsten beiden Spiele schon wieder richtungsweisend sein werden. Abgerechnet wird noch lange nicht!