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Die Spätberufenen

Man kennt Horn, keine Frage. Die Stadt, vielmehr das Städchen dort im Norden von Niederösterreich. Geographen wissen, dass es im Waldviertel liegt, Gläubige, dass dort die Spätberufenen zum Priester ausgebildet werden, die Kreuzworträtsler, dass es von der Taffa durchflossen wird. Und die Ballesterer, dass von dort der SV Horn kommt, der nächste Gegner des FC Wacker Innsbruck. Aber das war’s dann auch schon fast…

 
Die Viertel

Fakten über Horn sind recht dünn gesät, die Bäume scheinen dort an der Grenze zu Tschechien recht dicht zu stehen. Darum wohl auch Waldviertel, eines der vier Viertel von Niederösterreich, eingeschnürt von den zwei alkoholhaltigen Getränken Most und Wein. Man munkelt, es sei kein Wunder, dass Wien lange die Hauptstadt des Landes war, auch heute noch fuße die dortige Politik auf vielen Vierteln. Doch im Waldviertel selbst geht es viel nüchterner zu, hatte man ja lange nichts zu feiern in fußballerischer Hinsicht. 1922 gegründet, legte man 1923 die Farben auf Blau und Weiß fest, um sich 1927 in Rapid Horn umzubenennen. Rapid lebte vom Namen, die Erfolge waren anderswo. Und so verschmolz man 1947 den Verein mit dem 1924 gegründeten ASK Horn. Die Erfolge blieben weiter anderswo. Aber Rapid kehrte zurück, jetzt die echte aus Hütteldorf, die einmal mehr einen Platz einweihten, diesmal zwecks neuem Flutlicht in Horn. Am 2. August 1972 wurde gespielt, sagen die Horner. Viel dringt jedoch nicht aus dem dichten Wald, das umfangreiche Archiv des selbsternannten Rekordmeisters kann sich nicht an dieses Spiel erinnern. Oder will sich nicht.
 
Die Spätberufenen

In Horn fühlte man sich nun jedoch zu Höherem berufen. Vielleicht färbte das Spätberufenen-Seminar etwas ab, vielleicht jedoch nicht genug. Denn die Kabinenpredigten blieben lange ohne größeren Erfolg. Ab Ende der 80er wurde man aber immerhin zur Fahrstuhlmannschaft zwischen Landes- und Regionalliga. Aber um richtig erfolgreich zu sein, brauchten die Blau-Weißen blau-weiße Hilfe aus Tirol. Gut, Rupert Marko (einst Stürmer des FC Swarovski Tirol/59Spiele/21Tore) ist Steirer. Aber wenn Rapidler blau-weiß sein können, dann können grüne Märkler auch blau-weiße Tiroler sein. 1943 Tage wurde Horn zum Rupertiwinkel, holte dabei den Landesligatitel und wurde zum Dauerbrenner um den Aufstieg in die Erste Liga – schaffte ihn aber nie. Im zweiten Jahr scheiterte man an der Vienna um drei Punkte, im dritten Jahr wurden die Relegationsspiele, punktegleich mit Parndorf, durch das Torverhältnis verpasst (Meister Waidhofen hatte keinen Lizenz-Antrag gestellt, die Amateure der Admira durften nicht aufsteigen). In der folgenden Saison zeigte Parndorf, dass es auch deutlicher führen kann, um einen Punkt musste sich Horn, das in der 28. Runde noch geführt hatte, nach 30 Runden geschlagen geben.
 
Tough an der Taffa

Da hatte Marko das blau-weiße Zepter schon an seinen ehemaligen Teamkollegen Michael Streiter übergeben. Dieser wollte die Schmach des Nichtaufstiegs nicht nochmals erleben, gut aufgerüstet dominierte man die Regionalliga Ost in der Saison 2011/12 beinahe nach Belieben, musste nur zwei Niederlagen hinnehmen. Und tough war man nicht nur zu Hause an der Taffa, auch am Inn spielten die Horner die Gegner an die Wand. Relegationsgegner WSG Wattens, betreut vom ehemaligen blau-weißen Teamkollegen Streiters, Roland Kirchler, wurde in zwei Spielen mit 9:1 abgefertigt, die Krönung der 978 Trainertage des Wackeren Rekordspielers. Zwar konnte sich Horn im ersten Jahr im Mittelfeld der zweithöchsten Spielklasse stabilisieren und geriet nie in Abstiegsgefahr, doch der Vertrag mit Michael Streiter wurde am Ende der Saison nicht verlängert. Nun kehrt er als Coach der Innsbrucker nach Niederösterreich zurück und trifft dort nicht nur auf seinen ehemaligen blau-weißen Teamkollegen und Horner Co-Trainer Christoph Westerthaler. Er trifft auch auf ein Team, das in der abgelaufenen Spielzeit in jedem Viertel zumindest einmal auf einem Abstiegsrang lag und auch momentan dort zu finden ist. Ein toughes Spiel wird dennoch zu erwarten sein.
 
Spätberufene Tiroler

Denn selbst im vergangenen Spiel gegen den FC Liefering, das mit 1:4 verloren wurde, boten die Niederösterreicher eine starke Leistung. Mit 18 Torschüssen lag man gleichauf mit den Salzburgern, in der Liga gab man bisher mit 117 die zweitmeisten ab. Horn war auf den Flanken aktiv, konnte im Zweikampf die Jungbullen um vier Prozentpunkte überflügeln – aber nichts Zählbares mitnehmen. Die Tiroler haben sich gleichzeitig selbst zu Spätberufenen entwickelt und konnten Spiele, die in den vergangenen Monaten und Jahren stets verloren wurden, in den letzten Minuten für sich entscheiden. Wo, wenn nicht in Horn, sollte dieses Talent besser genutzt werden können…

 

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Autor: Stefan Weis

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