Der janusköpfige Wacker
Es ist eine Woche der richtungsweisenden Entscheidungen. Schottland entscheidet, ob es zukünftig unabhängig sein will. Vorarlberg entscheidet, wie denn in den nächsten Jahren die Regierung aussehen soll. Und in Innsbruck steht die Entscheidung an, welcher Wacker in dieser Saison zu sehen sein wird – jener der ersten oder jener der zweiten viereinhalb Spiele. Denn viel verbindet diese beiden Mannschaften nicht…
Eine Wurst hat zwei, Wackers Krise kein Ende
Ein Viertel der Meisterschaft ist gespielt, und noch immer weiß man nicht, wie man denn diesen FC Wacker Innsbruck einschätzen soll. Der Absteiger Innsbruck knüpfte nahtlos an die vergangene Saison an. Bereits im ersten Meisterschaftsspiel in Mattersburg durfte man gegen Vastics grün-weiße Mannen ordentlich Federn lassen. Die vermeintlich Arrivierten, die das Rückgrat der neuen Truppe bilden sollten, standen zumeist neben sich. Etwa ein Andreas Hölzl mit seinen 19903 Bundesligaminuten, in welchen er 37 Tore erzielte und 34 vorbereitete – seine Offensivkraft versandete in einem neben das Tor gesetzten Schuss und keiner einzigen Torschussvorlage. Damit brachte er in diesem Spiel einen Ball weniger aufs Tor als Zeljko Djokic, der jedoch seinen Versuch, sicherer Rückhalt in der Defensive zu sein, schon nach 16 Minuten und einer Torvorlage für den Burgenländer Ibser begraben durfte. Die Schwarz-Grünen gingen ohne einen einzigen Eckball, mit nur einer an den Mann gebrachten Flanke und lediglich einem Aluminiumtreffer durch Gründler mit einem 0:2 vom Platz. Dass dieses Spiel durch zwei Stangenschüsse der Mattersburger auch noch deutlicher hätte enden können, war kein Trost für den Absteiger, dessen Krise sich fortsetzte, während die Burgenländer fulminant starteten.
Eine Medaille, zwei Seiten
Die Mannen vor Thomas Borenitsch mussten in den ersten 449 Minuten kein einziges Gegentor hinnehmen, erzielten gleichzeitig 10 – so viel wie kein anderes Team. In Runde drei und vier war man Tabellenführer, überflügelte gar das internationale U20-Team der RB-Akademien. Zeitgleich spielte man in Innsbruck weiterhin wie paralysiert dasselbe Lied, das schon in der vorangegangenen Saison den Verein ins Tal der Tränen gestürzt hatte. In den ersten viereinhalb Spielen der Saison wurde ein einziger Punkt erspielt, ein einziges Tor erzielt, sechs Treffer musste man hinnehmen, die rote Laterne pendelte zwischen Wacker und Hartberg. Drei Platzverweise, drei Treffer in der Schlussviertelstunde, die 5 Punkte kosteten – selbst Punxsatawney Phil, das Murmeltier aus Pennsylvania, musste sich schon langweilen ob der Serie an Unvermögen und Eigenfehlern. Und während über die Medien schon bedrohlich klingende Jobgarantien für den Trainer ausgesprochen wurden, passierte in der zweiten Halbzweit des ersten Meisterschaftsviertels am grünen Rasen etwas Eigenartiges. Wacker begann, das Glück auf seine Seite zu ziehen.
Die zwei Hälften eines Spieles
Hölzl, der wohl selbst nicht wusste, wie ihm geschah, wurde zum zweiten Torschützen der Saison. Hauser, der vor unbändiger Freude über seinen Treffer in der Nachspielzeit gegen den FAC über das gesamte Feld sprintete, zum dritten. Innsbruck hatte nach drei Partien in Folge erstmals wieder ein Spiel mit 11 Mann beendet, nach 2070 Minuten erstmals wieder ein Spiel gedreht, den ersten Saisonsieg eingefahren. Und, mehr aus Mangel an Alternativen denn taktischer Finesse, erstmals auf ein Dreimann-System in der Defensive umgestellt. Die Halbzeit des Spiels gegen die Floridsdorfer brachte nicht nur einen Wechsel der Platzhälften, sondern auch des Selbstbewusstseins. Seit diesem Pausentee wurde kein Tiroler mehr des Feldes verbannt, blieb das Gehäuse von Pascal Grünwald sauber (seit nunmehr 411 Minuten), wurden 10 Tore erzielt (kein Team traf öfter), wurde in fünf Spielen fünf Siege eingefahren (die erfolgreichste Serie aller Vereine in dieser Saison). Man war nicht überlegen, dominierte die Spiele nicht nach Belieben, aber ging stets als Sieger vom Platz. Und Mattersburg? Dessen Defensive erlebte einen Einbruch, 9 Gegentreffer musste man hinnehmen, sechs alleine von Liefering, gegen die ein Spiel nach komfortabler 3:0-Führung noch aus der Hand gegeben wurde. Von den ehemals 9 Zählern Vorsprung auf Wacker ist lediglich ein einziges Pünktchen geblieben.
Das Gesicht des Janus
Doch – das Phrasenschweinderl wird sich freuen – jedes Spiel beginnt bei Null. Beinahe so, als hätte es diesen Erfolgslauf, diese Aufholjagd, die den FC Wacker Innsbruck zur gleichen Punkteanzahl wie in der Aufstiegssaison 2009/2010 verhalf, nie gegeben. Damals folgte nebenbei in Runde 10 ein 7:0 Heimerfolg, erst in Runde 20 musste man sich wieder geschlagen geben. Am Dienstag wäre man sicherlich mit einem glücklichen 1:0 schon zufrieden, denn der doppelköpfige FC Wacker könnte auch wieder sein anderes Gesicht zeigen. Und davon hat man am Tivoli erstmal genug…