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(Un)erwünsche Erinnerungen

Hopfengasse 8, 1210 Wien. So lautet die Adresse, die in das Navigationsgerät des Wacker-Busses getippt wird. U6, dann Linie 26, das sind die Öffis, die die schwarz-grünen Zugfahrer zum Zielort befördern werden. Lange war ja nicht klar, wohin die freitägliche Reise des FC Wacker Innsbruck führt, war doch dem FAC-Platz vorrübergehend die Lizenz entzogen und das ehrwürdige Prater-Rund als mögliche Alternative ins Spiel gebracht worden. Doch nun kann die Partie gegen den Floridsdorfer AC dort stattfinden, wo sie hingehört…

 
Amnesie erwünscht

…denn es hätte sich wohl auch für die wackeren Spieler seltsam angefühlt, ein Zweitliga-Partie im Ernst-Happel-Stadion auszutragen. Nicht für jeden ein unbekannter Ort, dennoch so weit zurückliegend, dass man kaum noch Erinnerungen daran haben wird. Oder haben will. So mancher im schwarz-grünen Trikot würde wohl nicht ungern mit Lukas Hinterseer tauschen, der sich nach einer Gehirnerschütterung nur noch schemenhaft an die Begegnung mit Montenegro erinnern kann und so auch nicht mit der vergebenen Großchance leben muss. Andreas Hölzl etwa, der bei seinem letzten Länderspiel-Auftritt 2009 im Prater von der Bank aus das 1:0 gegen Spanien erleben durfte, zur Pause eingewechselt wurde und am Ende eine 1:5-Niederlage verdauen musste. Oder Jürgen Säumel, der im November 2008 einen bitteren 4:2-Sieg der Türken miterleben musste. Bitter deshalb, weil sein nunmehriger Teamkollege Andreas Hölzl beide Tore für Österreich erzielte. Dass auch das Spiel zuvor gegen Serbien mit 1:3 verloren wurde, macht die Erinnerung an den Prater nur schmerzhafter.
 
Vergangenheit und Gegenwart

Einzig Pascal Grünwald kann mit Freude an das größte Stadion Österreichs zurückdenken, hielt er doch im EM-Quali-Spiel gegen die Türkei 2011 den Kasten sauber und durfte einen Punkt mitnehmen. Zu drei Punkten reichte es hingegen beim letzten offiziellen Auftritt der Schwarz-Grünen im Praterstadion. Der 32. Spieltag der Saison 2001/2002 brachte einen 0:1-Erfolg gegen die Grün-Weißen aus Hütteldorf, die auch damals schon das Stadion als Ausweichquartier für ihre angestammte Heimat Hanappi benützten. Magere 7.149 Zuschauer verirrten sich damals in das weitläufige Rund – eine Zuschauerzahl, die in der zweiten Liga utopisch hoch erscheint und für den letzten Auftritt eines Tiroler Teams im Prater eine Sensation gewesen wäre. Im Mai dieses Jahres spielte die AKA Tirol gegen ihre Alterskollegen von Rapid Wien. Die vom langjährigen Wackerianer Andreas Spielmann betreute Mannschaft musste, nach zwischenzeitlichem Anschlusstreffer zum 1:2 durch Okan Yilmaz, vor nur 100 Zuschauern eine bittere 1:8-Niederlage einstecken.
 
Erinnern erwünscht

Die Bedeutung dieser Spiele für die kommende Begegnung des FC Wacker Innsbruck? Völlig belanglos. In Erinnerung sollte man sich hingegen die Begegnung in Runde 5 rufen. Damals waren die Innsbrucker die ersten vier Spiele ohne Sieg geblieben – auch derzeit ist man seit vier Runden ohne vollen Erfolg. Damals traf man auf einen höchst motivierten Aufsteiger, der vier Runden lang ungeschlagen war – der FAC des Oktober 2014 ist seit nunmehr vier Spielen in Folge ohne Niederlage. Die Floridsdorfer erzielten in den ersten vier Runden 5, in den letzten vier 7 Tore, Wacker in den ersten Runden 1, in den letzten 3. Die Ausgangssituation ist nicht unähnlich, mit einem großen Unterschied: die Ballesterer von der Sill haben zwischenzeitlich aufgezeigt und bewiesen, dass sie auch gewinnen können. Sie stehen nicht mehr am Tabellenende, sondern führen das gesicherte Mittelfeld an. Und begonnen hat dieser Wandel mit dem ersten aus dem Spiel heraus erzielten Treffer der Saison, dem Ausgleich von Andreas Hölzl in der 61. Minute. Floridsdorf war der Wendepunkt des ersten Viertels. 18:6 Schüsse, 16:5 Flanken, 58,4%:41,6% Ballbesitz, zwei der vier Schüsse, die direkt aufs Tor gebracht wurden, verwertet. Dreiviertel der Pässe wurden an den Mann gebracht, 56% der Zweikämpfe gewonnen, das Spiel des Gegners gut gestört (der aktivste Passgeber der Wiener war Torhüter Rene Swete, wobei 35 von 36 seiner Zuspiele lange Abschläge über die Mittelline waren). Und dennoch brauchte es eine gehörige Portion Glück und das wackere Urgestein Alex Hauser, um 2772 Zuschauern  in der Nachspielzeit erstmals in dieser Saison jubeln zu lassen.
 
Erinnerungen schaffen

Dass sie spielen können, das haben die Burschen in den gestreiften Leibchen bewiesen. Vier weitere Siege folgten der Partie gegen den FAC, insgesamt blieb man sieben Spiele in Folge ohne Niederlage. Doch man blieb auch Wackelkandidat, ein Team, das sich auf veränderte Spielsituationen nur schwer einstellen kann, eine Mannschaft, die auch einmal zu oft die Nerven wegwirft. Das zweitbeste Auswärtsteam kann am Freitag zeigen, ob sie wieder in die Spur gefunden haben.

 

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Autor: Stefan Weis

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