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Tobende Stiere, zahme Lämmchen

Fünf Wochen ist es her, da war es noch das große Los. Bewerbsübergreifend 8 Spiele ohne Niederlage, sechs Siege eingefahren, 15:3 Tore, Euphorie in den Medien, Euphorie im Land. Da können sie ruhig kommen, die Titelverteidiger. Vor allem nach der damaligen Unserie in der Meisterschaft (3 Niederlagen en suite, 7 Tore kassiert) und dem für sie bitteren 3:0 gegen Malmö samt Ausscheiden aus der Champions-League. Doch das war damals, vor langen fünf Wochen. Jetzt wartet der FC Salzburg, Meister, Cupsieger, Tabellenführer in Meisterschaft und Europa-League-Gruppe, gnadenloser Gegner. Und Wacker zittert.

 
Ein tobender Stier

Es ist kein Ferdinand, der da in der Salzburger Vorstadt beheimatet ist. Kein zahmer Stier, der lieber unter Bäumen sitzt und an Blümchen schnuppert, während seine Artgenossen wild die Wiese durchpflügen. Eher schon eine wilde Bullenherde, die ungezügelt wie glühende Lava aus einem Vulkan stürmt und sich den Weg in die Freiheit bahnt. Ganz so, wie von Jos Pirkner in der RB-Zentrale in Fuschl aus 80 Tonnen Bronze geformt. Im Cup waren sie bisher unaufhaltbar. In zwei Spielen haben sie in der regulären Spielzeit mehr Tore erzielt als Wacker in allen Pokal-Partien seit dem 10.11.2010. In Runde eins wurde Sollenau mit 10:1 überrannt. Dasselbe Sollenau, das zwei Jahre zuvor dem FC Wacker in Runde zwei schon kaum überwindbare Probleme bereitet hatte. Die Innsbrucker waren nach einer Viertelstunde zwar erwartungsgemäß durch Saurer in Führung gegangen, kassierten aber nur drei Minuten später den Ausgleich und waren daraufhin völlig von der Rolle. Es benötigte eine Verlängerung und einen Kraftakt von Roman Wallner, der mit drei Toren binnen 13 Minuten das Spiel entschied, ehe Fröschl den Endstand herstellte.
 
Furiose Bullen

Doch ein 10:1 war nicht genug für die Bullen. Sie schossen sich nach ihrer Mini-Unserie in der Liga gegen den Wiener Sportklub aus der Krise. Ohne Verständnis und Respekt vor der Tradition wurden die Dornbacher mit 12:1 abgefertigt. Selbst, als es nach 60 Minuten bereits 7:1 stand, steckten die Salzburger nicht zurück und suchten Tor um Tor nach ihrer Form und der Aufmerksamkeit des Trainers. In nur zwei Spielen haben sich deshalb bereits Alan mit sieben, Soriano und Sabitzer mit vier, Kampl, Leitgeb, Bruno, Quaschner, Mane und Ulmer in die Torschützenliste eingetragen. Und bei Wacker? Dort gibt es bei 17% mehr Spielzeit – man musste bereits in Runde 1 gegen Regionalligisten Donaufeld in die Verlängerung gehen – bisher drei Torschützen. Andi Hölzl erzielte den so wichtigen Ausgleich, der die Extra-Zeit ermöglichte, Thomas Bergmann brachte die Schwarz-Grünen in Führung, den Rest erledigte Simon Zangerl. Gegen die Floridsdorfer stellte er den Endstand von 3:1 her, den ATSV Wolfsberg erledigte er durch drei Tore quasi im Alleingang. Zwar liegt er damit auf Platz drei der Scorer-Liste, auf Augenhöhe mit Soriano und Sabitzer, doch für mehr als ein Tor in der Meisterschaft (1:1 gegen Lustenau) reichte diese Motivation nicht. Im Gegenteil. Nach einer dummen Roten aufs Abstellgleis verfrachtet, konnte er in seinen erst sieben Einsätzen nur einen Sieg, musste jedoch vier Niederlagen miterleben.
 
Von der Farm in den Stadel

Doch es liegt nicht an Simon Zangerl, dass Wacker völlig aus der Spur geraten ist. Es ist vielmehr ein kollektives Versagen, das sich mit zuletzt sieben Meisterschaftsspielen ohne Sieg, fünf Niederlagen in Folge, 12 erhaltenen Toren und einem mageren erzielten in 5 Spielen, drei Zu-Null-Niederlagen en suite bemerkbar macht. Und dieses Versagen macht sich auch im Publikumszuspruch bemerkbar. In den letzten beiden Heimspielen kamen jeweils unter 2000 Zuschauer, die sich die verunsicherte Elf aus Innsbruck anschauen wollte. Dass sich das Interesse durch einen Besuch der Bullen an einem Mittwoch völlig umkehrt, darf wohl nicht erwartet werden. Es sei denn, man hofft auf eine Torgala. Wacker kassierte bereits gegen das Farmteam der Salzburger in zwei Spielen 5 Tore, hält in der Liga bei einem Torschnitt von 0,875 : 1,25. Das Konzernteam aus dem Bullenstadel erzielte hingegen in jedem Europa-League-Spiel im Schnitt 2,66 Tore, in der Meisterschaft 3,46 Tore. Und im Cup 11 Tore. Pro Spiel, wohlgemerkt.
 
Geschorene Lämmchen

Für die Innsbrucker Lämmchen könnte der Auftritt im Pokalbewerb zu einem sehr unangenehmen Ereignis werden, das ihnen im besseren Fall nur eine harte Schur bringt. Die Defensive, die mit Hartberg, Kapfenberg und Floridsdorf schon überfordert ist, darf sich nun mit tobenden Stieren messen. Mit einer Überraschung rechnen nicht einmal die größten Optimisten, und schon gar nicht die Wettanbieter. Die Quoten für einen Wacker-Sieg schwanken zwischen 8 und 11. Es könnte aber auch die Anzahl der Gegentore sein…

 

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Autor: Stefan Weis

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