Die Fehler im System – Teil 2
Im zweiten Teil widmen wir uns der Spielausrichtung und schauen uns an, was man eventuell besser machen hätte können.
Spielausrichtung
Als eine der Grundproblematiken in der derzeitigen Situation ist die Defensive zu nennen. Schaut man sich den Kader an, so sieht man, dass man zwar Spieler hat, die die Komponente Kampfkraft durchaus verinnerlicht haben, doch dies reicht heute nicht mehr aus. Dass Spieler immer wieder größte Probleme mit den Gegenspielern haben, einige Schritte zu spät kommen oder der Fitnesszustand nicht mehr ausreicht für neunzig Minuten ist ein weiteres Problem. Erschwerend kommt hinzu, dass die Spieler des FC Wacker Innsbruck es nicht schaffen ausreichend Drucksituationen zu kreieren um die Gegner in der Defensive in Zweikämpfe zu verwickeln.
Die erwähnten Defizite sind jedoch nicht nur rein auf die Defensive beschränkt.
Die Probleme des FC Wacker Innsbruck beginnen schon, wie im ersten Teil erwähnt, im Spielaufbau. Bis auf Drobo-Ampem, der selbst noch einige Schwierigkeiten hat, kann kein Verteidiger das Spiel aufbauen. Dies wäre zumindest dann kein Problem, wenn sich der „nominelle“ Spielgestalter, in den meisten Fällen Jürgen Säumel oder Danijel Micic in die Verteidigung zurückfallen ließe und das Problem beheben würde. Darko Jevtic hat diesen Zug schon im letzten Herbst gezeigt, ein anderes Beispiel ist etwa die derzeitige Nationalmannschaft. Diese Variante wurde besonders im Heimspiel gegen Montenegro öfters praktiziert, wobei hier aufgrund der momentanen Spielstärke dies nicht nur Alaba war, sondern ab und zu auch Baumgartlinger. Die sicherlich bekannteste Variante ist jene des FC Barcelona mit Mascherano.
Ein weiteres Problem ist das „Körperspiel“. Man sieht im Spiel des FC Wacker Innsbruck wenige Versuche Situationen über ein Eins-gegen-Eins zu lösen oder, dass man das „Körperspiel“ aufnimmt. Meistens verliert man die Zweikämpfe oder kommt in diese gar nicht hinein. In manchen Spielen anderer Ligen sieht man, dass sich dies die Mittelfeldspieler oder Stürmer zu Eigen machen. Indem sie gegen schwächere Mannschaften die Verteidiger direkt attackieren und sie in Zweikämpfe zwingen und in weiterer Folge Fehler der Verteidiger entstehen. Bisher haben uns das die Gegner öfters vorgeführt (siehe Liefering oder Mattersburg).
Das nächste Problem, das in dieser Hinsicht zu nennen ist, ist jenes, dass das Spiel des FC Wacker Innsbruck viel zu langsam ist und zu sehr in die Breite geht. Marco Sahanek sollte diese Probleme beheben, dass aber ausgerechnet er drei Spiele wegen einer Sperre ausfiel, passt nahezu perfekt in das Bild.
Wobei man hier den Brückenschlag zum oben genannten Punkt „Spieleröffnung“ machen kann. Diese könnte von hinten heraus viel besser und strukturierter gemacht werden. Mit deutlich mehr Gestaltungsfreiraum für den „Spielmacher“, da die meisten Gegner des FC Wacker Innsbruck sehr tief stehen und damit wenig bis gar kein Pressing der Verteidiger vorhanden ist. Es könnte jedoch auch als eine Art „Pressingfalle“ verwendet werden. Man zwingt den Gegner hoch zu stehen und dann mit schnellem Spiel in die Tiefe und vor das Tor zu kommen.
Kein Plan B
Ergänzend kommt hinzu, dass der FC Wacker Innsbruck offenbar keinen „Plan B“ auf dem Spielfeld besitzt. Entgegen der Ankündigung zu Saisonbeginn auf schnelles Umschaltspiel und hohes Pressing zu setzen (der Kader soll laut Sportdirektor und Trainer auf diesen Spielstil hin zusammengestellt worden sein!), zeigt sich der FCW statisch, langsam und behäbig. Viel zu durchsichtig ist das Spiel der Schwarz-Grünen. Kaum Überraschungseffekte und die unsäglich hohe Fehlpassquote lassen den Zuschauern das Blut in den Adern gefrieren. Klappt das Kombinationsspiel in der Mitte und/oder das Flügelspiel nicht, haben die Spieler offenbar keinen Alternativplan um Torchancen zu kreieren.
Eine Möglichkeit für „Plan B“ wäre unter Umständen, dass man den Gegner versucht aus seiner tiefstehenden Position heraus zu locken, um dann mit schnellen Pässen zu Chancen zu kommen. Indem, wie oben erwähnt sich der „Spielmacher“ in die Verteidigung fallen lässt oder Hirschhofer/Gründler sich ins Mittelfeld fallen lassen. Sich Bergmann/Schilling auf der Höhe der Angreifer positionieren und somit den Gegner zu breiterer Ausrichtung zwingen. Der Vorteil in diesem „Plan B“ wäre, dass der Gegner damit unfreiwillig in der defensiven Ordnung „Löcher“ bekommt, die man dann bespielen könnte.
Im Heimspiel gegen den Kapfenberger SV haben sich jedoch auch individuelle Schwächen gezeigt. Drobo-Ampem konnte sich am rechten Flügel zwar immer wieder durchsetzten, doch seine Flanken fielen, wie der berühmte Apfel von Newton, im Elfmeterraum nieder. Da hätte es seitens seiner Teamkollegen, insbesondere Thomas Bergmann Unterstützung gebraucht. Entweder, dass Thomas Bergmann die Flanken übernimmt oder sich in den Elfmeterraum als Anspielposition anbietet und somit nicht nur einen Verteidiger bindet, sondern auch mehr Gefahr erzeugt.
Im letzten Spiel gegen den FC Salzburg sah man eine verbesserte Mannschaft. Insbesondere die defensive Kompaktheit konnte man mit Nitzlnader und Popp sehr gut halten. Ein weiterer Pluspunkt war die Einsatzbereitschaft, die im Vergleich zu den letzten Spielen stark verbessert war. Jedoch lässt sich dieses Spiel wohl nicht auf den Ligaalltag übertragen. Vor allem, waren im Spiel gegen Salzburg die Karten klar verteilt und somit auch die Spielanlage. So wird man in der Liga wohl gegen keinen Gegner mit drei defensiven Mittelfeldspielern auflaufen müssen und nach vorne muss auch wesentlich mehr kommen. So bleibt zwar aufgrund der Einsatzbereitschaft, der taktischen Disziplin und Leidenschaft ein positiverer Eindruck zurück, doch der schale Beigeschmack, warum diese Attribute nicht auch in den Spielen davor an den Tag gelegt wurden bleibt.
Was hätte man anders machen können/müssen?
Im Nachhinein ist man immer klüger, doch so manche Entscheidungen der sportlichen Führung waren und sind nicht schlüssig. So hätte man sicherlich den einen oder anderen Spieler nicht unbedingt verpflichten müssen und dafür bekannte Schwachstellen stärken können. Insbesondere auf der Torhüterposition hätte es enormes Sparpotenzial gegeben. Auch anstatt Zeljko Djokic einen Vertrag zu geben, hätte man dieses Geld als „Grundkapital“ für einen stärkeren Innenverteidiger verwenden können. Der auch den „modernen Anforderungen“ entspricht. Im Mittelfeld hätte die Devise „Qualität vor Quantität“ durchaus mehr Sinn gemacht.
Auch bei den Spielerverträgen hätte man anders handeln sollen. Längere Verträge für jüngere Spieler, kürzere Verträge für ältere Spieler. Und, für manch einen Spieler gar keinen Vertrag.
Doch nicht nur die Positionen der Spieler hätten anders besetzt werden müssen, auch die Budgetplanung hätte man unter Umständen weitsichtiger gestalten sollen. War man Ende August schon mit dem Budget am Anschlag und haben nur externe Investoren Drobo-Ampem und Sahanek ermöglicht (dem Vernehmen nach durch Transferabteile an Rohdiamant Pirkl), wäre es wohl besser gewesen, durch gute Planung ein kleines Polster für die Winterpause zu haben, um beispielsweise im Sturm nach zu justieren.
In der Gestaltung des Spieles würde es mehr Varianten benötigen und man kann auch fehlenden Mut in Sachen Aufstellung kritisieren. Insbesondere, da der FC Wacker Innsbruck über durchaus junge Spieler verfügt, denen man Zweitliga-Fußball zutrauen kann und muss. Der eine oder andere „frische Input“ hätte sicherlich gut getan. Hier hat man in den letzten zwei Spielen, unter der Leitung von Florian Klausner, eine positive Tendenz feststellen können. Interessant wird bleiben, ob diese Tendenz beibehalten wird.
Zeitgemäße Betreuung vonnöten
Dass man heutzutage moderne Anfordernisse, wie einen Mentalcoach mit Verweis auf das ausgeschöpfte Budget einspart, ist ebenfalls unverständlich. Vor allem wenn man das labile Nervenkostüm unserer Spieler betrachtet, das in Drucksituationen leider allzu oft versagt. Offenbar sind sich viele Spieler nicht bewusst, dass sie weitgehende mentale Defizite haben, da sie sich laut ihren eigenen Aussagen nicht erklären können, warum sie ihr Potential nicht abrufen können. Und genau da könnte ein Spezialist ansetzen. Ob sportpsychologische Betreuung an mangelnder Bereitschaft des Trainerteams und/oder der Spieler scheitert, kann ich nicht beurteilen. Dass diese aber mehr als nötig ist, sieht jeder Zuschauer.
Weiters würde es sicherlich nicht schaden, einen zusätzlichen Individualcoach zu verpflichten, der insbesondere in der ersten und zweiten Herrenmannschaft zusätzliche Trainingseinheiten anbietet. Nach dem Ausscheiden von Stefan Rapp aus dem Trainerteam ist hier eine Lücke entstanden, die nicht durch Co-Trainer Stoff und/oder Schrott (fehlende Ausbildung!) zu schließen ist.Die beiden Budgetposten „Mentalcoach“ und „Individualcoach“ hätten natürlich nicht von heute auf morgen Wirkung gezeigt, doch sie würden den gesamten Kader kontinuierlich verbessern.
Von einer eigenen Scouting-Abteilung will ich gar nicht erst anfangen, weil dies für einen Profiverein ebenso wie eine zeitgemäße Betreuung Standard sein müsste. Wobei hier sicherlich ein funktionierender Übergang zwischen der Akademie des Tiroler Fußballverbands und dem FC Wacker Innsbruck vieles erleichtern würde.
Natürlich ist es als FC Wacker Innsbruck Fan leicht der sportlichen Leitung Tipps zu geben. Klar ist, aber auch, dass durch kluge Budgetplanung viel mehr Output geschaffen werden könnte, als es derzeit der Fall ist.