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Schmidteinander

Die großen Erfolge sind lange her. Manche sogar sehr lange. Einst mischte Harald Schmidt und sein Salzburger Side-Kick Feuerstein das Abendprogramm des westdeutschen Fernsehens auf und brachen mit unkonventionellen Konzepten die verkrustete Medienlandschaft auf. 25 Jahre später versucht auch der FC Wacker Innsbruck mit einem Salzburger Side-Kick, wieder leben in eine eingefahrene Situation zu bringen. Wobei, eigentlich ist Wackers Schmidt kein Salzburger, sondern ein Steirer. Und es geht auch nicht ums Aufmischen, sondern ums Überleben. Folge 1: Überlebe gegen SC Austria Lustenau.


 
Angeschlagen

Es ist noch nicht lange her, da analysierte Schmidt pointiert die deutsche Bundesliga. Harald Schmidt. Und was er sagte, klang in schwarz-grünen Ohren allzu vertraut, sah er doch die gesamte Liga ab Rang vier im Abstiegskampf, und mitten drin den Traditionsverein aus Hamburg, dessen Vereinsverantwortlichen er lediglich aktive Sterbehilfe unterstellte. Harald Schmidt darf das, nein, muss das. Er ist Zyniker, und als Zyniker weiß er, er kann über das Weltgeschehen reden, aber nicht in dieses eingreifen. Eingreifen muss jetzt allerdings Schmidt. Klaus Schmidt. Ihm obliegt die nicht gerade dankbare Aufgabe, einen Verein wieder vorwärts zu bringen, der in diesem Jahr von 34 Ligaspielen nur 8 gewinnen konnte, aber 16mal als Verlierer vom Platz ging. Einen Club, der 48 Gegentore hinnehmen musste, nur 4 von 16 Heimspielen gewinnen konnte und 20 Runden auf einem Abstiegsrang verbrachte, wie aktuell auch. Mit nur 21 Punkten nach 19 Runden liegt man so schlecht wie noch nie in Liga 2. Gut, dass die Vorarlberger zu Besuch kommen. Lediglich das Torverhältnis hält sie vor Innsbruck, und auch für sie ist es die schlechteste Erste-Liga-Saison ihrer Geschichte. Die zwei einstigen Westmächte taumeln angeschlagen ins Derby und wünschen sich wohl nichts sehnlicher als den Gong, der die Winterpause bedeutet.
 
Niedergeschlagen

„Von einem 93jährigen Optimismus zu erwarten, ist ein bisschen viel verlangt.“, meinte Schmidt einst. Helmut Schmidt. Was soll man da bloß von zwei 100jährigen verlangen, deren bisherige Saisonleistung kaum Hoffnung auf Besserung erwarten lässt? Man sollte zumindest Tore verlangen. Von Innsbruck ist dies schon nicht wenig gefordert, erzielten die Schwarz-Grünen doch nicht einmal ein Tor pro Ligaspiel im Schnitt und schlossen damit nahtlos an die abgelaufene Spielzeit an. Doch immerhin verrät die Statistik, dass es in den letzten 11 Begegnungen der beiden „Jahrhundert“-Mannschaften stets Tore zu bewundern gab. In 27 Bewerbsspielen fielen 84 Tore, nur dreimal blieb Wacker seinen Fans im Ligabetrieb ein Tor schuldig  (und holte dabei stets ein Remis), nur dreimal ging Wacker als Verlierer vom Platz. Doch während die Wacker-Offensive derzeit schwächelt, lässt sich das Lustenauer Pendant nicht lumpen. Mit 27 Toren stellt man die vierterfolgreichste Angriffsabteilung, vor allem bei Standards zeigt man Gefährlichkeit. 18% aller erzielten Tore nach Standardsituationen gehen auf das Konto der Austria, keine andere Mannschaft ist bei ruhenden Bällen gefährlicher. Zumindest was Freistöße betrifft, musste man sich da beim FCW noch keine Sorgen machen. Innsbruck wurde, wie sonst nur der LASK, in dieser Saison noch nicht aus einem Freistoß bezwungen. Aber es gibt ja auch andere Möglichkeiten.
 
Danebengeschlagen

Etwa Flanken. Oder Ecken. Die Lustenauer erzielten in dieser Spielzeit bereits sechs Treffer nach Flanken, acht aus Eckbällen, mit diesen Werten sind sie Ligaspitze. Und in Innsbruck ist dieses Talent nicht völlig unbekannt, wurden doch die bisherigen drei Tore der Austria aus zwei Ecken und einer Flanke heraus erzielt. Flanken sind bei Wacker zumeist ungefährlich, zumindest die der Offensive. Gegen Mattersburg wurden etwa, neben 12 Ecken, auch 17 Flanken geschlagen, an der Quantität scheitert es wohl nicht. Bisher waren die Schwarz-Grünen erst dreimal erfolgreich, zwei von ihnen verwertete Alex Gründler per Kopf, mit anderen Körperteilen wollten ihm bisher noch keine Tore gelingen. Aber es bleibt einfach schwierig, Tore zu erzielen, wenn der Gegner ständig das Spielgerät haben will – und es zumeist auch bekommt. Die Zweikampfwerte der Burschen von der Sill bleiben konstant niedrig, im Spiel gegen Mattersburg musste man sich mit 38% erfolgreicher Duelle zufrieden geben. Wieder einmal erfolgreichster Kämpfer: Marco Kofler.
 
Aufgeschlagen

Dass jedoch 59% schon zum Topwert reichen, ist nicht gerade ein Ruhmesblatt für den Traditionsverein, dessen sportliches Geschick jetzt Schmidt leiten soll. Klaus Schmidt. Denn Harald erkundigte sich 2008 verschmitzt verunsichert nach der Existenz des Vereines, bei dem einst sein schwäbischer Landsmann Müller kickte. Und nicht zu Unrecht. Wacker Innsbruck ist in der bitteren Realität aufgeschlagen.

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Autor: Stefan Weis

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